Was ist der Unterschied zwischen Erst- und Zweitstimme? Was ist ein Überhangmandat? Und was bedeutet eigentlich „5-Prozent-Hürde“? In unserem Wahl-Lexikon finden Sie die Antworten!

Wer ist bei der Bundestagswahl 2021 wahlberechtigt?

Wahlberechtigt in Deutschland sind alle Menschen deutscher Staatsbürgerschaft, die am Wahltag mindestens 18 Jahre alt und seit mindestens drei Monaten in Deutschland wohnhaft sind.

Vom Wahlrecht ausgeschlossen sind Menschen, denen bei einer strafrechtlichen Verurteilung als Nebenfolge das aktive Wahlrecht aberkannt wurde. Dies ist nur bei bestimmten Straftaten möglich. Bei der Bundestagswahl am 26. September 2021 werden nach einer Schätzung des Statistischen Bundesamtes etwa 60,4 Millionen Menschen wahlberechtigt sein. Davon sind etwa 2,8 Millionen Menschen Erstwähler:innen.

Was sind Wahlkreise?

Ein Wahlkreis ist ein Gebiet, das in der Regel geografisch zusammenhängt und dessen wahlberechtigte Einwohner:innen über die Vergabe der Mandate für den Deutschen Bundestag entscheiden.

Jeder Wahlkreis wird noch einmal in Wahlbezirke, so genannte Stimmbezirke, unterteilt, damit die Wahl einfacher organisiert werden kann. Dabei sollte ein Stimmbezirk nicht mehr als 2.500 Wahlberechtigte umfassen und dennoch groß genug sein, dass niemals erkennbar wird, wie einzelne Menschen gewählt haben, um die freie und geheime Stimmabgabe zu garantieren.

Alle Stimmen aus diesem Gebiet werden zusammengerechnet und entscheiden darüber, an welche Kandidat:innen Direktmandate vergeben werden (Erststimme) und wie viele Listenplätze eine Partei erhält (Zweitstimme). In Deutschland gibt es insgesamt 299 Wahlkreise.

Was ist der Unterschied zwischen Erststimme und Zweitstimme?

Mit der Erststimme wählt man die Kandidat:innen aus seinem Wahlkreis. Der oder die Kandidat:in mit den meisten Erststimmen erhält ein Direktmandat.

Die Zweitstimme entscheidet dagegen über die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag – also darüber, wie viele der Sitze im Parlament jeweils einer Partei zustehen. Mit der Zweitstimme entscheiden sich die Wähler:innen also nicht für eine Person, sondern für die Landesliste einer Partei.

Aber Achtung: Die Zweitstimmen zählen nur, wenn Parteien mindestens fünf Prozent aller Zweitstimmen oder drei Wahlkreise direkt gewonnen haben. Wenn nicht, verfallen die Zweitstimmen. (Siehe auch: „Was ist die 5-Prozent-Hürde?“)

Wie geht Briefwahl?

Einige Wochen vor der Bundestagswahl bekommt jede:r Wähler:in eine Wahlbenachrichtigung. Auf der Rückseite dieser Wahlbenachrichtigung kann man die Briefwahl beantragen. Dazu muss die Rückseite ausgefüllt und an die Wahlbehörde geschickt werden. (Die Adresse der Wahlbehörde steht auf der Wahlbenachrichtigung.)

Ihre Briefwahlunterlagen werden dann per Post zugeschickt. Nachdem der Stimmzettel ausgefüllt ist, wird alles in die beigelegten Briefumschläge gepackt und per Post zurück geschickt – und das ohne Briefmarke.

Achtung: Damit die Stimme zählt, muss der Wahlbrief spätestens drei Tage vor der Wahl abgeschickt werden, denn er muss bis 18 Uhr am Wahltag angekommen sein. Eine Abgabe des Umschlags am Wahltag ist ebenfalls möglich.

Was ist die 5-Prozent-Hürde?

Die Fünfprozentklausel – oder umgangssprachlich 5-Prozent-Hürde – besagt, dass eine Partei bei einer Wahl mindestens fünf Prozent der abgegebenen Zweitstimmen bekommen muss, um ins Parlament einziehen zu dürfen. Dadurch soll verhindert werden, dass sehr viele kleine Parteien im Parlament vertreten sind, was die Bildung einer Regierungskoalition erschwert.

Für die 5-Prozent-Hürde gibt es eine Ausnahme: Eine Partei hat in drei Wahlkreisen die meisten Erststimmen bekommen und damit das Direktmandat errungen. Dann zählen auch ihre Zweitstimmen.

Was sind Überhang- und Ausgleichsmandate?

Die erzielten Direktmandate einer Partei werden von den erzielten Listenmandaten abgezogen. Erhält aber eine Partei mehr Direktmandate als Mandate aus der Landesliste zur Verfügung stehen, zum Beispiel 30 Direktmandate, obwohl sie nur 20 Listenmandate hat, wird diese Differenz durch sogenannte Überhangmandate ausgeglichen. Die Partei bekommt dann also mehr Plätze im Bundestag.

Die anderen Parteien bekommen dafür sogenannte Ausgleichsmandate, damit die Sitzverteilung am Ende das Zweitstimmenergebnis der Wahl korrekt wiedergibt. Dieses Verfahren hat zur Folge, dass im Bundestag mehr Abgeordnete sitzen als eigentlich vorgesehen. Daher stehen die Überhangmandate in der Kritik.

Was ist der Unterschied zwischen Mehrheitswahl und Verhältniswahl?

In den USA oder in Großbritannien wird beispielsweise per Mehrheitswahl gewählt. In diesem Wahlsystem gewinnt in einem Wahlkreis derjenige Kandidat bzw. diejenige Kandidatin das Mandat, der/die entweder die meisten Stimmen (relative Mehrheitswahl, bzw. über 50 Prozent der abgegebenen Stimmen (absolute Mehrheitswahl) erhält. Der Gewinner bzw. die Gewinnerin zieht dann direkt ins Parlament ein.

In Deutschland wird nach dem System der Verhältniswahl gewählt. Dabei soll der Stimmenanteil einer Partei möglichst genau in einen Mandatsanteil dieser Partei im Parlament umgerechnet werden. Dies geschieht über die Listenwahl, über die die Wähler:innen mit ihrer Zweitstimme entscheiden. Hat eine Partei zum Beispiel 20 Prozent der Wähler:innenstimmen bekommen, erhält sie 20 Prozent der Parlamentssitze. Sie werden an die Kandidat:innen in der Reihenfolge verteilt, in der sie auf der Liste ihrer Partei stehen.

Wie hoch ist die Abgeordnetenzahl?

Die gesetzliche Anzahl der Mitglieder des deutschen Bundestages beträgt 598. Doch durch Überhang- und Ausgleichsmandate wird diese vorgesehene Zahl gesteigert.

Zum Beispiel hat der 19. Deutsche Bundestag, also der aktuelle, 709 Sitze statt der vorgesehenen 598. Bundesländer mit vielen Einwohner:innen bekommen mehr Sitze als Bundesländer mit weniger Einwohner:innen.

Was sind Fraktionen?

Die Fraktionen bilden gemeinsam das Parlament. Sie sind Vereinigungen, die aus denjenigen Abgeordneten besteht, die der gleichen politischen Partei angehören. Aber auch Mitglieder verschiedener Parteien, die die gleichen politischen Ziele verfolgen und in keinem Land miteinander in Wettbewerb stehen, können sich zu einer Fraktion zusammenschließen.

So bilden zum Beispiel im Bundestag die Abgeordneten der CDU und die der CSU die gemeinsame Fraktion CDU/CSU. Zudem muss eine Fraktion im Deutschen Bundestag aus mindestens 5 Prozent der Bundestagsabgeordneten bestehen. Wollen sich Abgeordnete zu einer Fraktion zusammenschließen, ohne diese Voraussetzungen zu erfüllen, muss der Bundestag zustimmen.

Im 19. Deutschen Bundestag gibt es sechs Fraktionen.

Was ist die Koalition und was die Opposition?

Nach der Wahl bilden sich Fraktionen im Bundestag. Gehört über die Hälfte aller Abgeordneten zu einer Fraktion, hat diese die absolute Mehrheit und bildet die Regierung.

Meistens aber hat keine Fraktion die absolute Mehrheit im Bundestag. Deshalb finden sich meist zwei Fraktionen zu Partnern zusammen, die gemeinsam die Regierungskoalition bilden. Meistens hat die Koalition die absolute Mehrheit und kann somit Abstimmungen im Bundestag gewinnen. Da auch die Wahl des Bundeskanzlers oder der Bundeskanzlerin im Bundestag entschieden wird, bestimmen die Koalitionsfraktionen, wer Bundeskanzler oder Bundeskanzlerin wird.

Die Abgeordneten, die nicht in der Koalition sind, bilden gemeinsam die Opposition. Das Wort Opposition bedeutet „entgegenstellen“. Die Opposition ist oft anderer Meinung als die Bundesregierung und hat die Aufgabe, die Arbeit der Regierung zu kontrollieren. Aus der Opposition können zum Beispiel auch Gegenvorschläge für ein Gesetz kommen.

Wie ist die Mandatsdauer definiert?

Die Dauer beginnt mit dem Erhalt eines Direkt- oder Listenmandats bei Bundestagswahlen und endet mit Ablauf der Wahlperiode. Somit dauert sie in der Regel vier Jahre.

Was ist die Wahlbenachrichtigung?

Jede:r wahlberechtige Bürger:in erhält in der Regel vier bis sechs Wochen vor der Wahl eine Wahlbenachrichtigung per Post. Damit informieren die Gemeinden alle Wahlberechtigten darüber, dass sie ins Wähler:innenverzeichnis eines Stimmbezirks eingetragen sind und wählen dürfen.

Am Tag der Wahl im Wahllokal wird die Wahlbenachrichtigung vorgezeigt. Zusätzlich ist die Mitnahme des Personalausweises oder des Reisepasses zu empfehlen. Die Wahlbenachrichtigung enthält ebenfalls den Antrag auf Briefwahl.

Wer keine Wahlbenachrichtigung trotz Wahlberechtigung erhalten hat, sollte sich mit der Gemeinde des Hauptwohnsitzes in Verbindung setzen. Selbstverständlich kann man auch ohne Wahlbenachrichtigung ein Wahllokal aufsuchen. Ohne Eintrag im Wähler:innenverzeichnis besteht allerdings die Gefahr, dass die Wahlhelfenden im Wahllokal den Wunsch nach Ausübung der Wahl nicht entsprechen können.

Wie geht Wählen im Wahllokal?

Am 26. September 2021 können alle, die wahlberechtigt sind, im Wahllokal wählen. Welches Wahllokal zuständig ist, richtet sich nach der Meldeadresse. Die Adresse des jeweiligen Wahllokals steht auf der Wahlbenachrichtigung.

Im Wahllokal wird zunächst geprüft, ob man im Wählerverzeichnis steht. Dafür ist es unbedingt notwendig, den Personalausweis dabeizuhaben und bestenfalls auch die Wahlbenachrichtigung. Anschließend bekommt man einen Stimmzettel, auf dem links alle Kandidat:innen des jeweiligen Wahlkreises stehen sowie die dazugehörige Partei (Erststimme). Auf dem Stimmzettel rechts stehen alle Parteien, die zur Wahl stehen (Zweitstimme).

Um den Stimmzettel auszufüllen, gehen die Wahlberechtigten einzeln hinter eine Stellwand. Um einen gültigen Stimmzettel abzugeben, muss man zwei Kreuze machen: das erste für eine:n Direktkandidat:in und das zweite für eine Partei. Dann wird der Stimmzettel einmal zusammengefaltet und in die Wahlurne geworfen.

Was ist das Wahlgeheimnis?

Im Artikel 38 des Grundgesetzes steht, dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestages in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt werden. Der Grundsatz der geheimen Wahl besagt, dass bei der Stimmabgabe nicht für andere erkennbar sein darf, wie jemand abgestimmt hat. Damit wird auch sichergestellt, dass andere Wähler:innen nicht bei ihrer eigenen Stimmabgabe beeinflusst werden.

Das Wahlgeheimnis verpflichtet den Staat, Vorkehrungen zu treffen, damit die Stimmabgabe wirklich geheim ist. Die Wähler:innen an sich sind selbst grundsätzlich nicht verpflichtet, das Wahlgeheimnis zu wahren. Man darf also offen sagen, wen man gewählt hat bzw. vorhat zu wählen.

Im Wahllokal jedoch gilt: Die Wähler:innen dürfen nicht nur, sondern müssen geheim wählen. Deshalb müssen dort die Vorschriften aus dem Grundgesetz eingehalten werden. Dazu zählen: das Aufstellen von Wahlkabinen, Film- und Fotografierverbot in den Wahlkabinen, Falten des Stimmzettels in der Weise, dass die Stimmabgabe nicht erkennbar ist und  Verwendung eines Stimmzettelumschlags bei der Briefwahl.

Was passiert nach der Wahl?

Bei der Bundestagswahl 2021 schließen die Wahllokale am 26. September um 18 Uhr. Direkt danach werden die Wahlzettel aus den Wahlurnen geholt und die Stimmen ausgezählt. Am Abend werden dann erste Hochrechnungen gezeigt. Diese sind geschätzte und berechnete Ergebnisse, die im Laufe des Abends immer genauer werden.

Einen Tag nach der Bundestagswahl wird das endgültige Ergebnis der Wahl bekanntgegeben.

Wie läuft die Koalitionsbildung?

Ziemlich schnell nach der Bundestagswahl führen die Parteien Koalitionsgespräche. Wollen zwei oder mehre Parteien miteinander koalieren, beginnen die Koalitionsverhandlungen, in denen der Koalitionsvertrag – die Grundlage des gemeinsamen Regierungshandelns – verabredet wird. Teil der Koalitionsverhandlungen ist es auch, zu diskutieren, wer die Bundesministerien besetzt.

Sobald die Regierung gebildet ist, wählt der Bundestag einen Bundeskanzler bzw. eine Bundeskanzlerin. Zuvor ist meist der Deutsche Bundestag bereits zu seiner konstituierenden Sitzung – laut Grundgesetz spätestens dreißig Tage nach der Wahl – zusammengekommen.

Herzlichen Glückwunsch!

Unsere Stimmen bewegen © WWF Deutschland
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Sie haben es bis hierher geschafft. Super!

Ob Wahl per Brief oder im Wahllokal: Jetzt kann nichts mehr schiefgehen. Und das ist wichtig. Denn die nächsten Jahre sind entscheidend im Kampf gegen Klima- und Artenkrise. Wenn die nächsten vier Jahre Legislatur nicht genutzt werden, um das 1,5 Grad-Limit zu halten, sind die Bedrohungen für Deutschland und die Welt existenziell. Jede Stimme für die Zukunft zählt!

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