Die Mehrheit der EU-Abgeordneten hat der Änderung der Anhänge IV und V der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) zugestimmt, um den Schutzstatus des Wolfes von „streng geschützt“ auf „geschützt“ herabzusetzen. Hierzu erklärt Dr. Sybille Klenzendorf, Programmleiterin Wildtiere in Europa bei WWF Deutschland:
„Das EU-Parlament stimmt in das populistische Anti-Wolfs-Geheul von Kommission und Rat ein. Die damit nahezu beschlossene Herabstufung des Schutzstatus des Wolfes auf europäischer Ebene ist jedoch kein Freibrief für eine undifferenzierte Bejagung. Maßgeblich bleibt die Bewertung des tatsächlichen Erhaltungszustands der einzelnen Wolfspopulationen in Deutschland, wie sie im Rahmen des FFH-Berichts im Juli 2025 erfolgen soll. Laut dem letzten Bericht der Umweltministerkonferenz (UMK) der Länder im Juni 2024 ist die atlantische Wolfspopulation in einem günstigen Erhaltungszustand. Die alpine und die kontinentale Population sind hingegen jeweils weiter unter Druck. Der WWF fordert die neue Bundesregierung auf, sowohl bei der Berichterstattung an die EU-Kommission als auch bei der zukünftigen Umsetzung einer veränderten FFH-Richtlinie die Prinzipien der Wissenschaftlichkeit sowie das zentrale Ziel – den günstigen Erhaltungszustand der Arten – konsequent zu wahren.
Konflikte zwischen Wölfen und Nutztieren lassen sich nicht ziellos mit dem Jagdgewehr lösen. Das wirksamste Mittel zur Reduzierung von Nutztierrissen sind Schutzmaßnahmen wie Elektrozäune und Herdenschutzhunde. In Deutschland wurden im Jahr 2023 bei einer Wolfspopulation von 1601 Tieren rund 5727 Nutztiere durch Wölfe gerissen. Das ist zu viel, dennoch deutlich weniger als in Frankreich, wo im gleichen Zeitraum etwa 12.000 Risse gemeldet wurden. Dabei war die Wolfspopulation mit 1104 Tieren dort kleiner als in Deutschland und jährlich werden bis zu 19 Prozent getötet, also etwa 200 Wölfe.
Es ist dringend notwendig, unbürokratisch in die Unterstützung von Weidetierhaltern zu investieren, anstatt auf undifferenzierte Jagdmaßnahmen zu setzen, die bestehende Probleme eher verschärfen. Wirksamer Herdenschutz, kombiniert mit einer gezielten und schnellen Entnahme einzelner auffälliger Wölfe kann die Zahl von Nutztierrissen nachhaltig senken. In Deutschland besteht hier noch Handlungsbedarf. Für viele Nutz- und Weidetierhalter ist es zu aufwändig, langwierig und bürokratisch, Fördermittel für den Herdenschutz zu beantragen. Ebenso müssen die rechtlichen Vorgaben für den Abschuss von Wölfen, die wiederholt gut geschützte Tiere reißen, klarer und praxisnäher formuliert werden, um in solchen Fällen schnell und rechtssicher handeln zu können. Die Bundesländer sind in der Pflicht, den Zugang zu Fördermitteln und Fördermaßnahmen zu erleichtern und die Verfahren zur Entnahme von Problemwölfen effizienter zu gestalten.”
Weitere Informationen:
Erfahrungen zum Nebeneinander von Menschen, Wölfen und Weidetieren der letzten 25 Jahre zeigt der neue Infofilm „Wölfe und Menschen – Wege zur Koexistenz“: https://www.wwf.de/themen-projekte/bedrohte-tier-und-pflanzenarten/woelfe/naturfilm-woelfe-und-menschen