Die Natur Europas steht am Scheideweg. Die EU plant, den angeblichen „Verwaltungsaufwand” von Natur- und Umweltschutzregularien zu verringern. Gemeinsamen mit vielen europäischen Verbänden sehen wir darin eine große Gefahr: Jahrzehntelang hart erkämpfte Naturschutzgesetze könnten durch das Vorhaben der EU massiv abgeschwächt werden.

Was hinter den Plänen der EU steckt

Unter dem Deckmantel der „Entbürokratisierung“ plant die EU derzeit, Natur- und Umweltschutzgesetze in Europa abzuschwächen. In einer rasanten Geschwindigkeit sollen mehrere zum Teil seit langem etablierte Naturschutzgesetze in einem sogenannten Omnibus-Verfahren wieder geöffnet werden.

Hinter dem Wort „Omnibus“ versteckt sich in der EU-Gesetzgebung eine Initiative, in der Änderungen an bestehenden Gesetzen gleichzeitig diskutiert und eingeführt werden. Das birgt enorme Risiken: Sobald ein Gesetz geöffnet wird, müssen Rat und Parlament den gesamten Gesetzgebungsprozess erneut durchlaufen. Damit sind Tür und Tor geöffnet für Änderungsinitiativen, die Regeln zum Schutz von Tieren, Ökosystemen und Menschen abschwächen können. Das Resultat: Hart erkämpfte Gesetze, die unsere Natur in Europa und der Welt schützen, könnten gefährdet sein.

Warum „Entbürokratisierung” gefährlich ist

Die EU betont zwar, sie wolle keine Naturschutzziele abschwächen, sondern nur Verwaltungsaufwand reduzieren. Doch die politische Stimmung in Europa hat sich verändert: War in der vergangenen Wahlperiode der „Green Deal“ mit ambitionierten Klima- und Naturschutzzielen ein Schwerpunktthema der Europäischen Kommission, werden vereinbarte Standards, die unsere Natur seit Jahren schützen, immer öfter und stärker attackiert.

Diese Attacken gefährden nicht nur die Tiere und Landschaften Europas, sondern die Lebensgrundlage aktueller und zukünftiger Generationen.

Der WWF befürchtet, dass besonders die folgenden Gesetze in den Fokus genommen werden könnten:

  • die EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte (EUDR)
  • die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und die Wasserrahmenrichtlinie
  • die EU-Wiederherstellungsverordnung
  • das EU-Lieferkettengesetz und die Nachhaltigkeitsberichterstattung

Die Durchlöcherung unserer Naturschutzgesetze hätte direkte Folgen: Arten sterben aus, Ökosysteme gehen verloren, mehr Risiko für unsere Wasserversorgung und Böden und eine noch größere Belastung für das Klima und die biologische Vielfalt.

Lehren aus der Vergangenheit

Ein Blick zurück zeigt, warum wir starke Gesetze für den Schutz von Natur und Mensch brauchen: Das EU-Holzhandelsgesetz (EUTR) sollte ursprünglich einmal verhindern, dass illegal gerodetes Holz und Holzprodukte in der EU verkauft werden.

Der WWF und viele Umweltorganisationen haben früh gewarnt, dass das Gesetz praktisch wirkungslos ist. Am Ende hat das auch die EU selbst in einer Evaluation bestätigt und den Fehler korrigiert: Die darauffolgende EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte (EUDR) schließt zentrale Schlupflöcher. Sie verpflichtet Unternehmen, sicherzustellen, dass Produkte wie Soja, Palmöl, Rindfleisch, Kaffee, Kakao, Holz oder Kautschuk nicht von Flächen stammen, die nach 2020 entwaldet wurden.

Gerade erst beschlossen und noch nicht einmal vollständig implementiert, gibt es schon laute Kritiker:innen. Sie wollen „Erleichterungen“ und möchten das Gesetz wieder diskutieren. Die Vergangenheit zeigt: Wenn diese kommen, wird das Gesetz ebenso wirkungslos wie sein Vorgänger.

Was fordert der WWF?

Wir müssen verhindern, dass zentrale europäische Natur- und Umweltschutzgesetze abgeschwächt werden. Diese müssen jetzt konsequent umgesetzt werden, weil wir sonst die für unsere Zukunft überlebenswichtigen Klima- und Artenschutzziele nicht erreicht werden.

Konkret heißt das:

  • keine Abschwächung bestehender Naturschutz- und Umweltgesetze
  • ambitionierte Umsetzung der EU-Wiederherstellungsverordnung
  • volle und unveränderte Anwendung der Verordnung für entwaldungsfreie Produkte – insbesondere die von Deutschland vorgeschlagenen Erleichterungen für Unternehmen würden die Verordnung massiv aufweichen

Die gemeinsame Kampagne #HandsOffNature wird von einem breiten europaweiten Bündnis getragen. Koordiniert wird sie vom WWF, BirdLife, Client Earth und dem European Environmental Bureau (EEB).

Weitere Informationen

  • Nature Restoration Law

    Die EU-Kommission hat mit dem EU-Renaturierungsgesetz (EU Nature Restoration Law) einen extrem wichtigen und grundsätzlich guten Vorschlag gemacht, wie wir Europas Natur wieder mehr Leben einhauchen können. Weiterlesen...