- Maßnahmen zur Verpackungsreduktion und Kreislaufschließung sollten priorisiert werden, beispielsweise durch eine Ausweitung der Mehrwegangebotspflicht.
- Es darf keine Förderung von Biokunststoffen in kurzlebigen Verpackungen geben. Der Einsatz von Biomasse für Biokunststoffe in Einweg- und Schnellverbrauchsverpackungen ist nicht zu empfehlen. Politische Bestrebungen, biogene Kunststoffanteile künftig auf Mindestrezyklatquoten anzurechnen oder ihren Einsatz in Biokunststoffen zu forcieren, sollten kritisch hinterfragt und nicht weiterverfolgt werden.
- Der Primärholzeinsatz für Papier-, Pappe- und Kartonverpackungen sollte deutlich reduziert werden, um eine Übernutzung, Biodiversitätsverluste und Belastungen für Waldökosysteme zu vermeiden.
- Die stoffliche Nutzung von Altholz, Reststoffen und Nebenprodukten sollte forciert werden.
- Der Einsatz von Rezyklaten sollte gestärkt und klare Rahmenbedingungen geschaffen werden.
Ohne Verpackungen geht es oft nicht: Sie schützen Waren des alltäglichen Bedarfs, landen aber am Ende meist im Müll. Verpackungen aus biobasierten Materialien gelten als klimafreundliche Alternative und werden von Verbraucher:innen als nachhaltigere Lösung wahrgenommen. Eine neue WWF-Studie untersucht, inwieweit biogene Rohstoffe in Verpackungen tatsächlich einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft sowie zum Natur- und Klimaschutz leisten können.
Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2045 treibhausgasneutral zu werden. Dafür ist eine weitreichende Dekarbonisierung aller Wirtschaftssektoren notwendig, einschließlich der Wertschöpfungsketten im Bereich der Verpackungen.
Die Verwendung von Biomasse wird hierfür zunehmend als Lösungsansatz gesehen. Oft fehlt jedoch eine klare, fundierte ökologische Bewertung der eingesetzten Rohstoffe und deren Auswirkungen auf die Ökosysteme.
Bereits heute bestehen mehr als 60 Prozent aller Verpackungen in Deutschland aus biobasierten Materialien, vor allem aus Holz, Papier, Pappe, Karton oder biobasierten Kunststoffen. Doch inwieweit können biobasierte Rohstoffe ökologisch sinnvoll in Verpackungen eingesetzt werden? Sind sie tatsächlich eine grüne Alternative und die Lösung für das Verpackungsproblem?
WWF-Studie bewertet biogene Rohstoffe in Verpackungen
Die Studie „Einsatz biobasierter Rohstoffe in Verpackungen“ zeigt erstmals konkrete Möglichkeiten für die ökologisch sinnvolle und ressourcenschonende Verwendung biogener Rohstoffe in Verpackungen in Deutschland auf – stets im Einklang mit den übergeordneten Zielen der Treibhausgasneutralität, Ressourceneffizienz und Biodiversitätssicherung.
Dazu liefert sie eine wissenschaftlich fundierte Bewertung von 13 biogenen Rohstoffen für den Verpackungssektor in Deutschland.
Die Bewertung konzentriert sich auf drei zentrale Indikatoren: den Flächenverbrauch, den kumulierten Energieaufwand (KEA) und den Wasserverbrauch. Zusätzlich wurden die Rohstoffe hinsichtlich Rohstoffverfügbarkeit, Nutzungskonkurrenz und Flächeneffizienz bewertet. Parallel dazu wurde eine Prognose des Verpackungsverbrauchs in Deutschland bis zum Jahr 2045 erstellt, um den zukünftigen Bedarf an biobasierten Verpackungen sowie den damit verbundenen Rohstoffbedarf abzuleiten.
Die Studie zeigt:
- Anteil biobasierter Materialien steigt trotz rückläufigem Verpackungsaufkommen bis 2045
Obwohl das Verpackungsaufkommen in Deutschland bis 2045 sinken dürfte und mehr Recyclingmaterial zum Einsatz kommt, steigt der Anteil biobasierter Primärkunststoffe deutlich an. Gleichzeitig verdoppelt sich der Anteil faserbasierter Verpackungen am Primärmaterialinput.
- Primärmaterialbedarf sinkt durch verstärkte Kreislaufwirtschaft
Der Anteil der im Kreislauf geführten Materialien nimmt deutlich zu. Dadurch verringert sich der Bedarf an Primärrohstoffen überproportional zum Rückgang des Verpackungsaufkommens bis zum Jahr 2045.
- Ökologische Risiken durch die Nutzung von Primärholz
Der Anteil von Papier am Primärmaterialinput steigt deutlich – von 19 Prozent im Jahr 2023 auf 42 Prozent im Jahr 2045 –, während die Einsatzmenge nahezu konstant bleibt. Die Nutzung von Primärholz als Rohstoff für Verpackungsmaterialien verstärkt den Flächenkonflikt, bedroht die Biodiversität und schwächt den Wald in seiner Funktion als Kohlenstoffsenke.
- Biogene Rohstoffe in Biokunststoffen nicht zu empfehlen
Der Einsatz von Biomasse in Biokunststoffen verursacht höhere Umweltbelastungen als papierbasierte Materialien. Ihre Herstellung ist energieintensiver und flächenaufwendiger. Daher ist ihr Einsatz in schnelllebigen Verpackungskunststoffen nicht empfohlen.
- Zielkonflikt zwischen Flächenbedarf und Energieverbrauch
Maßnahmen zur Reduktion des Flächenverbrauchs führen in der Regel zu einem höheren Energieaufwand.
- Gezielte und effizientere Ressourcennutzung als Schlüssel
Biogene Rohstoffe sind nicht automatisch nachhaltiger. Entscheidend sind:
- hohe Ressourceneffizienz
- Kreislauffähigkeit
- eine standort- und kontextbezogene Bewertung von Rohstoff und Einsatzgebiet.
- Vermeidung von Nutzungskonkurrenzen.
Der Fokus sollte auf der Nutzung von Reststoffen, Nebenprodukten, Altpapier und Altholz liegen.
- Vermeidung, Mehrweg und Recycling als zentrale Strategie
Die wirksamsten Hebel zur Reduktion des Rohstoffbedarfs und Minimierung ökologischer Belastungen sind und bleiben:
- Verpackungen vermeiden
- Mehrweg ausbauen
- Rezyklate einsetzen.
Anstatt auf begrenzt verfügbare Biomasse zuzugreifen, müssen wir Verpackungen drastisch reduzieren, Mehrwegsysteme ausbauen und Altholz sowie Rest- und Nebenstoffe effizient nutzen.
Bei biogenen Rohstoffen kritisch bleiben
In seiner Studie kommt der WWF zu dem Schluss, dass wir biobasierte Rohstoffe gezielt einsetzen müssen. Primäres Ziel muss es sein, die Menge an Verpackungen drastisch zu reduzieren.
Biomasse ist begrenzt, weshalb ihr Einsatz fossile Abhängigkeiten nicht durch neue ökologische Risiken ersetzen darf. Deshalb gilt:
- Materialverbräuche und Verpackungen insgesamt reduzieren.
- Mehrwegsysteme ausbauen.
- Nebenprodukte, Altholz und Reststoffe effizient nutzen.
- Einsatz von Biokunststoffen kritisch hinterfragen.
Nur so lassen sich die Klima- und Biodiversitätsziele erreichen, ohne neue Zielkonflikte zu schaffen.
„Biogene Rohstoffe in Verpackungen sind nur eingeschränkt zu empfehlen: Ohne klare Priorität für Vermeidung, Mehrweg und Kreislaufführung birgt ihr Einsatz in Verpackungen das Risiko neuer ökologischer Zielkonflikte – statt echte Lösungen bereitzustellen.“
Tina Kussin, Projektmanagerin Materialien und Kreislaufwirtschaft beim WWF Deutschland
Politik und Wirtschaft sind gefordert
Politik
Wirtschaft
- Es müssen Verpackungsstrategien zur Vermeidung und Reduktion etabliert werden, beispielsweise durch Materialeinsparungen oder die Nutzung bzw. Einführung von standardisierten Mehrweglösungen.
- Es müssen geschlossene Kreisläufe von Verpackungen durch den systematischen Einsatz von Rezyklaten oder Recyclingfasern sowie die Optimierung der Recyclingfähigkeit geschaffen werden.
- Es darf keine pauschale Substitution von (leichtgewichtigeren) Kunststoffverpackungen durch (schwerere) Papier- oder Papierverbundverpackungen geben.
- Der Einsatz von Biokunststoffen in schnelllebigen Verpackungen sollte vermieden werden.
- PPK-Verpackungen sollten weitestgehend auf Recyclingfasern umgestellt werden.
- Nebenprodukte, Altholz und andere Reststoffe sollten sinnvoll genutzt werden.
Nur wenn Unternehmen ihre Ressourcenströme mittelfristig konsequent reduzieren, verlangsamen und in geschlossene Kreisläufe überführen, kann die ökologische Belastung durch den Verpackungssektor wirksam verringert werden. Dafür ist ein gemeinsames Vorgehen aller Akteure entlang der gesamten Verpackungswertschöpfungskette entscheidend – von der Gestaltung bis zur Wiederverwendung der Materialien.
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