Das Segelschulschiff der deutschen Marine Gorch Fock wird generalüberholt. Dabei legen die Verantwortlichen offenbar wenig Wert auf legale Quellen oder Nachhaltigkeit für das verwendete Teakholz. Die Bundeswehr vollendet den Einbau des Holzes trotz dringenden Verdachts der Illegalität und nimmt damit das Rückbaurisiko in Kauf.

Protest der Umweltverbände (u.a. WWF) vor der Gorch Fock © Moritz Heck
Protest der Umweltverbände (u.a. WWF) vor der Gorch Fock © Moritz Heck

Protest anlässlich der Rückkehr der Gorch Fock nach Kiel

Die Umweltorganisationen WWF, ROBIN WOOD, Deutsche Umwelthilfe (DUH), Rettet den Regenwald sowie die Waldzertifizierungsorganisation FSC demonstrieren am 04. Oktober 2021 anlässlich der Rückkehr der Gorch Fock in ihren Heimathafen nach Kiel. Der Vorwurf: Bei dem für die Erneuerung des Decks verwendeten Teak handelt es sich höchstwahrscheinlich um illegales Holz aus den letzten verbliebenen Urwäldern Myanmars. Die Gorch Fock als weiße Botschafterin der Bundesrepublik Deutschland verkomme so zur schwimmenden Peinlichkeit und Symbol für die Ignoranz Deutscher Behörden gegenüber Umwelt- und Klimaschutz. Das Verteidigungsministerium bzw. die ihm unterstellten Behörden hätten nachweislich die Beschaffungsrichtlinien des Bundes ignoriert. Gleichzeitig weigere sich die der Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner unterstellte Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) beharrlich, eine genaue Legalitätsprüfung des Holzes durchzuführen.

Update August 2021: WWF zieht vors Bundesverfassungsgericht

Der Deutsche Naturschutzring (DNR) und der WWF ziehen die Gorch Fock wegen mutmaßlich illegal verbautem Tropenholz vor das Bundesverfassungsgericht.

Es soll erreicht werden, dass Deutschlands höchste Richter:innen eine Überprüfung des Teakholzes veranlassen, welches für die Restauration des Decks des Bundeswehr-Schiffs verwendet wurde.

Der WWF kritisiert, das aus Myanmar stammende Holz sei höchstwahrscheinlich illegal und verstoße gegen die Europäische Holzhandelsverordnung (EUTR). Doch die für die Einhaltung des Gesetzes zuständige und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner unterstellte Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) weigere sich beharrlich, das Teak einer genauen Legalitätsprüfung zu unterziehen.

Nun ist Eile geboten, denn bald enden die Aufbewahrungsfristen für die Importdokumente. Wichtige Beweise könnten so verschwinden, was die Aufklärung des Falls nahezu unmöglich machen würde.

Update Juni 2021: Umweltverbände bringen EuGH ins Spiel

Kürzlich lehnte das Kölner Landgericht den Eilantrag ab, der die BLE dazu bringen sollte, die Dokumente rund um die Holzbeschaffung für die Gorch Fock zu prüfen, und verwies auf ein normales Klageverfahren. Dies könnte sich allerdings über Jahre hinziehen – wichtige Dokumente können bis dahin vom Importeur vernichtet werden, denn die Frist zur Aufbewahrung der Dokumente endet bald. Die einzigen Dokumente, die beantworten könnten, ob es sich bei dem in der Gorch Fock verbauten Holz um Raubholz handelt.

Daher hat der DNR mit fachlicher Unterstützung des WWF Anfang Juni Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Münster eingelegt. Die Münsteraner Richter:innen sollen nun den Europäischen Gerichtshof (EUGH) dazu befragen, ob die BLE auch in einem zügigen Eilverfahren zu Kontrollen verpflichtet werden kann – oder ob das nur mit einer viel langsameren Klage geht. Bisher ist nämlich ungeklärt, inwieweit Umweltverbände Behörden auch im Eilverfahren verklagen dürfen, damit diese ihre staatlichen Aufträge wahrnehmen.

Die Umweltverbände hoffen jetzt darauf, dass das Oberverwaltungsgericht Münster die juristischen Fragen durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) beantworten lässt. Entscheidet der EuGH, dass Umweltverbände Behörden auch im Eilverfahren dazu bringen können, ihre staatlichen Aufträge auszuführen, gilt das EU-weit für alle Umweltschützer:innen.

Johannes Zahnen ist der „Holzdetektiv” des WWF. Seit Jahren kommt er Unternehmen und Organisationen auf die Spur, die illegales Holz nutzen und falsch deklarieren. Auch der deutschen Marine, die das Segelschulschiff „Gorch Fock“ seit 2015 unter anderem mit extrem teurem, vermutlich illegal geschlagenem Teakholz saniert, ist er derzeit auf den Fersen.

Bereits seit 2018 berichtet der WWF über illegal verbautes Holz auf der Gorch Fock

Gorch Fock II © Soenke Rahn CC BY-SA 2.0 de / creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/de/legalcode
Gorch Fock II © Soenke Rahn CC BY-SA 2.0 de / creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/de/legalcode

2018 deckten der WWF und Report Mainz auf, dass das Segelschulschiff mit verbotenem Teakholz restauriert werden soll. Das Teak wurde aus dem Hochrisikoland Myanmar importiert und entspricht weder der Bundesbeschaffungsrichtlinie für Holz noch wurden beim Import die Anforderungen der EU-Holzhandelsverordnung (EUTR) eingehalten.

  • REPORT MAINZ: Tropenholz auf der Gorch Fock

    Der Beitrag vom 25.09.2018 in der ARD Mediathek. Video angucken ...

Teakwald an der Grenze zu Myanmar © Tanes Ngamsom / iStock / GettyImages
Teakwald an der Grenze zu Myanmar © Tanes Ngamsom / iStock / GettyImages

Der deutsche Staat scheint sich hartnäckig nicht um die Befolgung der von ihm selbst mitgetragenen (EUTR) oder sogar erlassenen (HolzSiG) Umweltgesetze zu kümmern. Denn nachdem es der Regierung schon zuvor nicht möglich war, eindeutig die Legalität des Holzes zu belegen, erhärtete sich 2020 der Verdacht, dass das Gorch-Fock-Holz aus illegalem Einschlag stammt und somit in Deutschland verbotenerweise auf den Markt gebracht wurde, zu einem dringenden Verdacht.

Trotz dieser neuen Informationen schritt die zuständige Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) nicht ein, und das Verteidigungsministerium beeilte sich im Gegenteil sogar, das Holz schnell zu verbauen. 

Bereits 2017 hatte die BLE im Zusammenhang mit dem Import von Tropenholz aus Myanmar eine Anordnung an deutsche Importeure erlassen, in der sie darauf aufmerksam machte, dass sie bisher bei Kontrollen noch keinen Fall von Teakholzimport aus Myanmar gefunden habe, der die Anforderungen der EUTR erfüllt hätte und zusätzlich auf das hohe Risiko in Myanmar für Holz aus illegalem Einschlag hingewiesen. Alle waren also informiert – passiert ist trotzdem nichts.

Hintergrund - EU-Holzhandelsverordnung

Die EU-Holzhandelsverordnung (European Timber Regulation, EUTR) soll illegales Holz von der Europäischen Union fernhalten und Holz aus nachhaltigen Quellen stärken. Wer Holz oder Holzprodukte in die EU einführt, hat dafür Sorge zu tragen, dass es sich um legale Waren handelt. Wer das nicht sicherstellen kann, darf nicht importieren. Das deutsche Umsetzungsgesetz zur EUTR heißt Holzhandels-Sicherungs-Gesetz (HolzSiG).

Tatsächlich gibt es theoretisch auch legales Teakholz aus Myanmar – wenn es von Plantagen stammt, nachhaltig geschlagen wurde und idealerweise FSC-zertifiziert ist. In einer Anfrage nach der Herkunft des importierten Teakholzes (2018) schrieb das Verteidigungsministerium, dass es sich laut Lieferant um Teak aus einer FSC-zertifizierten Plantage in Myanmar handelt. Kurz darauf korrigierte die Bundesregierung ihre Antwort.

Grund waren WWF-Recherchen, dass es solche Plantagen in Myanmar nicht gibt. Deshalb gab das Verteidigungsministerium jetzt zu, dass das georderte Teakholz für die Gorch Fock zwar aus Myanmar, aber nicht aus Plantagen stamme, und zertifiziert sei es auch nicht

Dieser Raubbau zerstört nicht nur die Wälder, sondern verschärft auch die Klimakrise und den Niedergang der Artenvielfalt.

Johannes Zahnen, Holzexperte des WWF

Das Verteidigungsministerium in Berlin © Winfried Rothermel / imago images
Das Verteidigungsministerium in Berlin © Winfried Rothermel / imago images

Die Bundeswehr beharrte dennoch darauf, dass nur Urwald-Teak aus Myanmar strapazierfähig genug für ein Schiffsdeck der Marine sei. Den Vorschlägen des WWF alternativ altes, vergleichbar hochwertiges Plantagenteak zu verwenden, ging man nicht mit großem Eifer nach. 

Obwohl das BMVg auf Anfrage bestätigte, dass diese Alternative funktionieren könnte, gelang es der Bundeswehr über zehn Monate nicht, Holzmuster aus Indonesien zu bestellen. Der WWF hingegen konnte die Muster in nur drei Wochen nach Deutschland bekommen. 

„Immer wieder decken Recherchen des WWF und anderer Umweltorganisationen auf, dass illegales Holz auf den Markt kommt, weil Politik und Behörden ihrer Verantwortung nicht ausreichend nachkommen“, kritisiert Johannes Zahnen, Referent für Forstpolitik beim WWF Deutschland. „Anzeigen und Hinweisen werden dann entweder gar nicht oder völlig unzureichend nachgegangen. Die BLE geht auf Tauchstation, anstatt der Holzmafia den Kampf anzusagen.“ 

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    Illegaler Holzeinschlag ist inzwischen weltweit eine der größten Bedrohungen für die Wälder. Weiterlesen ...

Der WWF prüft 2019 die Umsetzung der EU-Holzhandelsverordnung auf EU-Ebene

Teakbaum © Khlongwangchao / iStock / GettyImages
Teakbaum © Khlongwangchao / iStock / GettyImages

Die Europäische Union versagt beim Kampf gegen den milliardenschweren illegalen Holzhandel, weil die Mitgliedsländer kaum kontrollieren und viel zu laxe Sanktionen verhängen. Das zeigt ein aktueller WWF-Bericht zur Umsetzung der EUTR in 16 EU-Ländern.

„Laut Interpol stammen 10 bis 30 Prozent des weltweit gehandelten Holzes aus illegalen Quellen. In vielen tropischen Ländern sind es bis zu 90 Prozent. Dieser Raubbau zerstört nicht nur die Wälder, sondern verschärft auch die Klimakrise und den Niedergang der Artenvielfalt. Dabei haben die Behörden mit der Europäischen Holzhandelsverordnung ein Mittel zur Verfügung, mit der sie den illegalen Holzhandel effektiv zurückdrängen könnte. Doch es geschieht kaum etwas“, erklärt Johannes Zahnen.

2020 Eilverfahren am Verwaltungsgericht Köln

Da der Hinweis auf den dringenden Verdacht der Illegalität des Holzes bei der BLE und der Bundeswehr ungehört verhallte, ging der Deutsche Naturschutzring e.V., beraten durch den WWF, zum Gericht. Es wurde im Eilverfahren zunächst ein vorläufiger Baustopp und daraufhin die Einleitung von Verfahren zur Prüfung eines Verstoßes beantragt.

Zwar lehnten das Verwaltungsgericht Köln und nachfolgend das Oberverwaltungsgericht Münster einen vorläufigen Baustopp ab, begründeten dies aber damit, dass illegal in Verkehr gebrachtes Holz gegebenenfalls später auch wieder ausgebaut werden könne und müsse.

Immerhin bat das Verwaltungsgericht um einen Baustopp, solange die Prüfung noch läuft. Trotzdem baute die Marine weiter unter Hochdruck das mutmaßlich illegale Tropenholz in der Gorch Fock ein. Der weitere Einbau des anrüchigen Holzes in das Schiff könnte den Steuerzahler teuer zu stehen kommen, denn sowohl das Verwaltungsgericht als auch das Oberverwaltungsgericht wiesen darauf hin, dass die Bundeswehr das Risiko und die Kosten eines möglicherweise notwendigen Rückbaus trägt.

Nicht nur Raubbauholz, zusätzlich noch Steuerbetrug und damit komplett illegal

Geschnittene Teakbäume © YanoStock / iStock / GettyImages
Geschnittene Teakbäume © YanoStock / iStock / GettyImages

Beim Export des später in die „Gorch Fock“ eingebauten Teakholzes aus Myanmar nach Malaysia wurden allem Anschein nach durch Falschdeklaration gegenüber dem Zoll Ausfuhrabgaben hinterzogen. Das ergaben Recherchen des WWF und des SWR. Damit gilt das Holz nach der EUTR als illegal geschlagen.

Anhaltspunkte für die Steuerhinterziehung sind falsche Zolldeklarationsnummern, die sich auf verschiedenen Dokumenten befinden, die bei der Ausfuhr des Teakholzes dem Zoll Myanmars vorgelegt wurden. Unabhängig von diesen neuen Vorwürfen wurde auch die Beschaffungsrichtlinie des Bundes verletzt.

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Bußgeld gegen den Importeur?

Die Frage, ob die BLE ein Verfahren zur Feststellung eines Verstoßes gegen die EUTR und gegebenenfalls sogar ein Bußgeldverfahren gegen den Importeur einleiten muss, ist also noch nicht entschieden. Die Möglichkeit, dass das Teakholz später wieder aus der Gorch Forck ausgebaut werden muss, besteht somit fort.

Stellt sich heraus, dass der dringende Verdacht zutrifft und das Holz illegal in Verkehr gebracht wurde, dürfte die BLE anordnen müssen, dass das teure Burma-Teakholz wieder ausgebaut und möglicherweise im Anschluss sogar zerstört wird. Da die Marine bewusst und willentlich nicht bereit war, die Vorwürfe vor dem Einbau des Holzes zu prüfen, muss sie jetzt gegebenenfalls die Konsequenzen tragen, wenn sich die Vorwürfe bestätigen. 

Mafiöse Strukturen

Teakbaum-Plantage © Saikiran Rao / iStock / GettyImages
Teakbaum-Plantage © Saikiran Rao / iStock / GettyImages

Das illegal geschlagene Holz aus Südostasien vertreiben oftmals kriminelle Firmen, die vor nichts zurückschrecken. Als Pate der Teakmafia gilt der 2018 verstorbene Cheng Pui Chee, genannt Kingpin. Die Umweltorganisation EIA (Environmental Investigation Agency) berichtete 2019 in ihrem Report „State of Corruption” über das Geflecht organisierter Kriminalität und auch zu den Verbindungen des deutschen Gorch-Fock-Holz-Importeurs Neumann zu den Kriminellen. 

Über die neuen Erkenntnisse, dass das Holz wegen der Steuervermeidung voraussichtlich als illegal einzustufen ist, sind bei den WWF-Recherchen auch noch erschütternde Details ans Licht gelangt, dass sogar das Gorch-Fock-Holz selbst seinen Ursprung bei den Kriminellen in Myanmar hat. 

Verschiedene Firmen, die laut EIA von Cheng Pui Chee kontrolliert wurden, tauchen in den behördlichen Unterlagen zum Gorch-Fock-Holz auf. Die Verwicklung der Holzmafia in die Holzbeschaffung der Bundeswehr lässt sich also nicht bestreiten. 

Dass die Mafia in Myanmar mit Kritikern nicht zimperlich umgeht, zeigte sich im Dezember 2016, als der investigative Journalist Soe Moe Tun in Myanmar ermordet wurde, als er zu illegalem Holzhandel recherchierte. Sein Tod wurde nicht aufgeklärt, der Zusammenhang zwischen seinen Untersuchungen und seiner Ermordung liegt jedoch auf der Hand. Die Exporte für das Gorch-Fock-Holz fanden zu großen Teilen 2016 und 2017 statt.

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