Im Rahmen der Partnerschaft beschäftigen sich WWF und EDEKA sowie Netto mit der nachhaltigeren Fütterung von konventionell gehaltenen Mastschweinen, Hühnern und Rindern. Warum?
Konventionell gehaltene Schweine, Hühner und Rinder bekommen in Deutschland in der Regel Sojaschrot als Eiweißlieferant. Das wird meist gewonnen aus Soja von Monokulturen in Südamerika – obendrein meist noch gentechnisch verändert. Dies führt dazu, dass der Druck auf wertvolle Ökosysteme wie Wälder und Savannenlandschaften wächst. Um Platz für den Sojaanbau zu schaffen, wird entweder direkt abgeholzt oder andere, deutlich nachhaltigere Formen der Landnutzung werden verdrängt. Verwendete Pestizide belasten Böden und Gewässer und gefährden die Gesundheit der Menschen. Uns besorgt auch der hohe Nährstoffeintrag in heimische Böden, der insbesondere durch die intensiven Tierhaltung und die massiven Verfütterung von Soja verursacht wird. Durch eine Verringerung des Eiweißgehaltes in der Fütterung lassen sich jedoch die Nährstoffanteile in der Gülle verringern, so dass einer Überdüngung auf diesem Wege entgegengewirkt werden kann.
Wenn man also unsere Nutztiere umweltfreundlicher halten will, muss man an die Futtermittel ran?
So ist es. Im Futter für Schweine, Rinder und Geflügel sollte weniger Soja aus Übersee und deutlich mehr heimische Futtermittel wie Rapsschrot und vor allem Körnerleguminosen, also Hülsenfrüchtler wie Erbsen, Ackerbohnen und Lupinen landen. Diese lockern die Fruchtfolge auf und verbessern die Bodengesundheit. Außerdem gibt es selbst in der auf Effizienz getrimmten Mästung verschiedene Möglichkeiten, den Soja-Anteil in der Fütterung zu reduzieren. Allerdings ist das Wissen dazu kaum verbreitet. Wir haben daher zusammen mit erfahrenen Wissenschaftlern neue Fütterungsstrategien getestet, mit denen man Schweine in konventioneller Haltung mit deutlich weniger Sojaschrot in der Futtermischung zügig und ohne Qualitätsverlust auf Gewicht bringen kann.
Möglich ist dies durch eine optimierte, mehrphasige Fütterung, die die Zufuhr von Eiweiß besser an die Nährstoffbedarfe der Schweine anpasst. Das spart Sojaschrot ein. Zusätzlich haben wir alternative Futtermittel wie Rapsschrot und Erbsen, Ackerbohnen und Lupinen zugemischt. Auch bei Hühnern lässt sich das Sojaschrot in der Futtermischung deutlich reduzieren. Bei Rindern kann man es sogar komplett weglassen.
Was folgt nun aus den gewonnenen Erkenntnissen?
Wir arbeiten intensiv daran, dass die strategische Zusammenarbeit mit EDEKA sowie Netto-Marken-Discount dazu beiträgt, die nachhaltigeren Futtermittel möglichst bald flächendeckend in Deutschland zu etablieren. Dafür ist jedoch sehr viel Überzeugungsarbeit nötig, auf sämtlichen Ebenen der Lieferkette. Die aus den Studien gewonnen Erkenntnisse helfen uns dabei, unsere Ziele fachlich zu untermauern.
Damit sich beispielsweise das Konzept der Mehrphasenfütterung mit weniger Sojaschrot oder nachhaltigeres Soja durchsetzt, müssen sich Landwirte, Fleisch- und Wurstproduzenten sowie die Lebensmittelhändler gemeinsam auf dieses Ziel verständigen. Wir brauchen aber nicht nur Absichtserklärungen, sondern auch konkrete Programme, die zeigen, dass eine nachhaltigere Fütterung möglich ist. Daran arbeiten wir mit EDEKA und haben bereits einige kleinere Erfolge vorzuweisen. Außerdem müssen wir dafür sorgen, dass auch die politischen Rahmenbedingungen für die vermehrte Verwendung von heimischen Futtermitteln stimmen. Dazu nehmen wir an dem ursprünglich vom WWF gegründeten Dialogforum für Nachhaltige Eiweißfuttermittel teil, das seit diesem Jahr von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung organisiert wird.
In Regalen der Lebensmittelhändler befinden sich immer mehr Produkte, die das Siegel „ohne Gentechnik“ tragen. Hat das auch etwas mit der Fütterung zu tun?
Ja, das hat es. Gentechnikfreies Soja gewinnt vor allem bei der Herstellung von Eiern, Geflügel und bei Molkereiprodukten an Bedeutung. Wir unterstützen diesen Prozess, da eine gentechnikfreie Fütterung ein wichtiger und erster Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Fütterung sein kann. Allerdings sind eine gentechnikfreie Fütterung und eine nachhaltigere Fütterung zwei verschiedene Sachen. Zwar können beim Anbau der nicht gentechnisch veränderten Sojasamen Glyphosat und auch andere Pestizide nicht mehr direkt auf die Soja-Pflanzen ausgebracht werden, jedoch ist dabei nicht auszuschließen, ob für die Flächengewinnung kleinbäuerliche Gemeinden vertrieben oder illegal Regenwald abgeholzt wurde. Bei den von uns empfohlenen Mindeststandards für nachhaltigeres Soja können wir dies hingegen eher ausschließen.
Umstellung der Futtermittel ist gut für die Umwelt, aber was ist mit neuen Initiativen wie Tierwohl, die auch eine tiergerechtere und nachhaltigere Fleischerzeugung zum Ziel haben?
Insgesamt ist Bewegung in den Markt für konventionelle tierische Produkte gekommen, was wir sehr begrüßen. Vor allem das Siegel des Deutschen Tierschutzbundes in der Premiumstufe und das schon länger existierende Neuland-Siegel bewerten wir positiv. Neben den hohen Ansprüchen an eine tiergerechte Haltung, die zum Teil über den sehr unspezifischen Kriterien für EU-Bio liegen, spielt auch die Fütterung dabei eine Rolle. Beim Siegel des Deutschen Tierschutzbundes gehen die Anforderungen jedoch nicht über Gentechnik-Freiheit hinaus. Da liegen das Neuland-Siegel und auch die vertraglich vereinbarten Ziele von EDEKA und der WWF darüber.