Interview mit Dr. Arnulf Köhncke, Fachbereichsleiter Artenschutz beim WWF Deutschland.

Wie steht der WWF generell zu Zoologischen Gärten und Tierparks?

Der WWF befürwortet die Aufgaben, die von zahlreichen Zoologischen Gärten und Tiergärten im Bereich Artenschutz, Bildung und Forschung wahrgenommen werden.

Welche Rollen haben die Zoos beim internationalen Artenschutz? Schließlich leben die Tiere dort nicht in freier Wildbahn.

Arnulf Koehnke © Daniel Seiffert / WWF
Arnulf Koehnke © Daniel Seiffert / WWF

Gut geführte und international anerkannte Zuchtprogramme in Zoos können beispielsweise einen wichtigen Beitrag zum Artenschutz leisten. Außerdem beteiligen sich viele Zoos an Programmen mit dem Ziel zur Auswilderung bedrohter oder ehemals fast in der Wildnis ausgestorbener oder extrem seltener Arten. Zusätzlich kann die Forschung der Zoos dazu beitragen, das Verhalten, Biologie oder Krankheiten der bedrohten Arten besser zu verstehen.

Gibt es denn Tierarten, die ohne ihre Haltung in Zoos oder Tierparks heute ausgestorben wären?

Die gibt es. So lebten beispielsweise Anfang der 1970er Jahre nur noch etwa 200 Goldene Löwenäffchen in Freiheit. Verschiedene Umweltorganisationen wie der WWF setzten sich daraufhin gemeinsam mit Zoos für das Überleben dieser Krallenaffenart ein. Dank guter Zuchterfolge konnten seit 1993 über 200 in Zoos geborene Goldene Löwenäffchen zurück in die Wildnis freigelassen werden. Heute gibt es wieder mehr als 1000 Goldene Löwenäffchen. 2003 wurde die als „vom Aussterben bedroht“ geltende Art sogar auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion auf „stark bedroht" zurückgestuft.

Gibt es auch Beispiele in Europa?

Wisent im Kaukasus © Aurel Heidelberg / WWF Deutschland
Wisent im Kaukasus © Aurel Heidelberg / WWF Deutschland

Beim Wisent waren Zoos noch entscheidender am Überleben der Art beteiligt. Denn 1927 wurde der letzte frei lebende Wisent im Kaukasus getötet und die Art wäre ausgestorben, hätten nicht insgesamt 12 Wisente in Zoos und Gehegen überlebt. Auf Grundlage dieser wenigen Tiere begann man mit der Nachzucht und konnte erste Wisente ab 1952 in Europas Resturwäldern auswildern. Inzwischen leben wieder mehr als 3000 Wisente in freier Wildbahn. Seit 2013 gibt es sogar wieder wilde Wisente in Deutschland – eine kleine Herde wurde im Rothaargebirge bei Bad Berleburg angesiedelt. Ähnliche Erfolge gab es beim Przewalski-Pferd. In Osteuropa verschwanden diese Pferde schon im 18. Jahrhundert, in der Mongolei in der 1960er Jahren. Seit 1969 galten sie als in freier Wildbahn ausgestorben. Wie der Wisent wurden sie durch Nachzucht in Zoos und Gehegen vor dem vollständigen Aussterben gerettet.

Weltweit wird allerdings der kommerzielle Aspekt von in Gefangenschaft gezüchteten Tieren, gerade auch von vom Aussterben bedrohten Arten wie beispielsweise Tigern, immer stärker.

Das stimmt. Dies gilt vor allem für Zoos in Teilen Asiens. Hinzu kommt auch die unkontrollierte und mitunter illegale Entnahme von Tieren aus der Wildnis, beispielsweise für Delfinarien. Aus diesem Grund ist es notwendig, rein kommerzielle Einrichtungen von legitimen und anerkannten Zoos zu unterscheiden. Viele Einrichtungen, die sich selbst den Titel Zoo geben, sind in Wirklichkeit Zirkusse oder Freizeitparks, die keinen Beitrag zum Artenschutz leisten, sondern rein wirtschaftliche Interessen verfolgen. 

Zoo ist also nicht gleich Zoo?

Der Begriff „Zoo“ ist international rechtlich nicht definiert und somit gibt es international keine rechtlich verbindliche Regelung, die die für den Artenschutz relevanten Aspekte in Zoos und Tierparks festschreiben würde.

Mit welchen Zoos arbeitet der WWF zusammen?

Der WWF Deutschland arbeitet zurzeit verstärkt mit einzelnen Zoologischen Gärten in Deutschland zusammen – z.B. mit dem Tierpark Berlin, der Wilhelma, dem Zoo Dortmund und dem Zoo Krefeld. Voraussetzung für eine Zusammenarbeit ist, dass die Zoos der Dachorganisation der wissenschaftlich geführten Zoologischen Gärten im deutschsprachigen Raum, dem Verband der Zoologischen Gärten (VdZ) e.V., angeschlossen sind. Der WWF Deutschland hat eine Stärkung der bisher sporadischen Zusammenarbeit mit dem VdZ vereinbart.