Die Klimakrise bedroht die Stabilität der Ökosysteme auf unserem Planeten und damit auch die Art und Weise unseres Zusammenlebens. Die weitestmögliche Eindämmung der Erderhitzung und der Folgen der Krise, ist die Hauptaufgabe der kommenden Jahre. Ein wichtiger Schritt zur Erfüllung dieser Aufgabe ist die ökologische Transformation unseres Wirtschafts- und Energiesystems. Deutschland ist durch das Pariser Klimaabkommen verpflichtet, seinen Beitrag zu leisten, die Erderhitzung auf möglichst 1,5 °C zu begrenzen.

Um das zu erreichen, hat sich Deutschland das Ziel gesetzt, spätestens 2045 klimaneutral zu sein. Die Energiewirtschaft ist in Deutschland der Sektor, der am meisten Treibhausgasemissionen freisetzt. Mit Blick auf die Klimaziele werden wir auch in der Stromproduktion künftig keine Treibhausgase mehr freisetzen dürfen und gänzlich auf Erneuerbare Energien umstellen müssen. Die Bundesregierung hat sich in der Novelle zum Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) 2023 das Ziel gesetzt, bis 2030 mindestens 80 Prozent grünen Strom am Netz zu haben. Zum Erreichen dieses Ziels ist der beschleunigte Ausbau der Photovoltaik eine der zentralen Lösungen.

Es bedarf aber einer Transformation aller Sektoren. Gerade der Gebäudesektor hinkt bei der Erreichung der Klimaschutzziele hinterher. Zum zweiten Mal in Folge verfehlte der Sektor auch im Jahr 2022 die vorgegebenen Emissionsgrenzen des Bundes-Klimaschutzgesetzes. Die zuständigen Ministerien waren somit verpflichtet, ein Sofortprogramm aufzusetzen, das die identifizierte Emissionslücke durch konkrete Maßnahmen in den kommenden Jahren wieder schließen soll. Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) hat zusammen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Juli 2022 ein entsprechendes Programm vorgestellt.

Die politischen Empfehlungen in diesem Policy Brief ergänzen die geplanten Maßnahmen der Bundesregierung für den Gebäudesektor.

Der WWF fordert:

  • Einführung einer umfassenden Solarpflicht für Wohn- und Nichtwohngebäude (bei Neubauten und schrittweise im Bestand) sowie
  • Einleitung eines umgehenden Roll-Outs von Heizsystemen auf Basis Erneuerbarer

Solarpflicht

Haus mit Solardach © Kristina D. / privat
Haus mit Solardach © Kristina D. / privat

Der WWF empfiehlt die Einführung einer bundesweiten und umfassenden Solarpflicht. Diese sollte ab 2024 für sämtliche Neubauten (Wohn- und Nichtwohngebäude) gelten und sukzessive ab 2026 auch auf den Gebäudebestand ausgeweitet werden. Die Einführung der (schrittweisen) Pflicht zur Installation von Solarenergieanlagen sollte folgende Punkte beinhalten:

  1. Ab 2024 wird sichergestellt, dass alle neuen Gebäude, öffentlicher, gewerblicher wie privater Nutzung, so konzipiert und gebaut werden, dass ihr Potenzial zur Erzeugung von Solarenergie optimiert und dadurch die kosteneffiziente Installation von Solartechnologien ermöglicht wird (Optimierungsgebot).
  2. Bei Bestandsgebäuden, die ab 2024 einer umfangreicheren Sanierung oder Renovierung sowie dem Austausch grundlegender gebäudetechnischer Systeme unterzogen werden, werden im Zuge dieser Sanierungsmaßnahmen gleichzeitig verpflichtet, Solaranlagen zu installieren. Der Grundsatz „Energieeffizienz zuerst“ ist zu beachten und Härtefallregelungen sind zu berücksichtigen.
  3. Die Pflicht zur Installation von Photovoltaikanlagen sollte für mindestens 75 Prozent der geeigneten Dachfläche gelten, damit das Potenzial der Dachfläche möglichst ausgeschöpft werden kann. Wenn weniger als 75 Prozent der Dachfläche für PV genutzt werden, kann der Differenzbetrag durch Solarthermieanlagen ausgeglichen werden. Zur besseren Planung gilt es, ein zentrales Dachkataster einzuführen.
  4. Die Pflicht zur Installation geeigneter Solarenergieanlagen wird sukzessive eingeführt und verläuft in drei Stufen:
    • Ab 2024: Pflicht für Solarenergieanlagen auf allen Neubauten, sowie bei umfangreichen Umbauten und Sanierungen
    • Ab 2026: Pflicht zum Nachrüsten auf allen öffentlichen und gewerblichen Bestandsgebäuden*
    • Ab 2028: Pflicht für Solaranlagen auf allen weiteren Bestandsgebäuden*

*wo es technisch möglich und sinnvoll sowie wirtschaftlich zumutbar ist. 

Erneuerbare Wärme im Gebäudesektor

Thermostat © AndreyPopov / iStock / Getty Images
Thermostat © AndreyPopov / iStock / Getty Images

Der WWF empfiehlt die massive Beschleunigung des Hochlaufs von Heizungen auf Basis von Erneuerbaren Energien und ein sofortiges Einbauverbot reiner fossiler Heizungen. Bei der Umstellung der Wärmesysteme gilt es, folgende Punkte zu berücksichtigen:

  1. Ab 2024 sollten lediglich neue Heizsysteme verbaut werden, die die 65-Prozent-EE-Vorgabe erfüllen. Der WWF spricht sich klar dafür aus, sämtliche Biomasse-Heizungen, Heizungen auf Basis von „grünen Gasen“ sowie hybride Heizsysteme in Kombination mit fossilen Energieträgern als nachrangig einzustufen und nur in Ausnahmefällen zu installieren. Demnach dürfen im Gebäudebestand nur noch in Ausnahme- und Härtefallregelungen fossile Heizungsanlagen verbaut und betrieben werden. Bei Neubauten sollte ab sofort auf fossile Systeme verzichtet werden. Auch Wärmenetze müssen zu mindestens 65 Prozent auf Erneuerbare basieren, um die Vorgabe tatsächlich zu erfüllen.
  2. Ab 2030 dürfen keine neuen fossilen Heizsysteme (auch nicht im Ausnahmefall) mehr eingebaut werden. Um die Wärmewende zu beschleunigen und Planungssicherheit zu ermöglichen, sollte dieses Verbot schon heute in das GEG aufgenommen werden.
  3. Spätestens im Jahr 2045 darf der Gebäudesektor keine Emissionen mehr ausstoßen. Aufgrund der langjährigen Betriebsdauer von sollte bereits heute ein Betriebsverbot für sämtliche fossilen Heizungen ab 2045 in das GEG aufgenommen werden. Ein Betriebsverbot sollte generell für alle Wohn- und Nichtwohngebäude gelten. Dazu gilt es, eine Phase-Out Strategie zu entwickeln, um Handwerksbetriebe zu entlasten.
  4. Der Einbaustopp fossiler Heizungen geht nur mit einer parallelen Ausbauoffensive von Wärmepumpen und Wärmenetzen. Die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) muss so angepasst werden, dass sie die Wärmewende mit Weitblick fördert – etwa durch eine ganzheitliche Förderung (Sanierung in Kombination mit Heizungstausch) mit attraktiven Fördersätzen.

Der Austausch fossiler und veralteter Heizungsanlagen setzt zum einen Ressourcen wieder frei. Zum anderen ist durch den Roll-Out von neuen Heizungen eine höhere Ressourcennachfrage zu erwarten. Daher sollten die vorgestellten Maßnahmen mit Berücksichtigung von Circular-Economy-Aspekten durchgeführt werden.

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