Die großen Rabatttage zum Jahresende verleiten zu Spontankäufen, die oft gar nicht nötig wären. Doch hinter jedem „Schnäppchen“ steckt weit mehr als der Preis auf dem Etikett. In Deutschland verbraucht jede Person im Schnitt rund 16 Tonnen Ressourcen pro Jahr. Um innerhalb der planetaren Grenzen zu bleiben, muss sich dieser Wert bis 2045 etwa halbieren. Aktionen wie Black Friday wirken jedoch in die entgegengesetzte Richtung: Mehr Produktion, mehr Transport, mehr Abfall.

Dabei ist längst klar, dass ein ressourcenschonenderes Leben möglich ist, ohne auf Lebensqualität verzichten zu müssen. Viele Menschen sind dazu bereit: Eine repräsentative WWF-Umfrage zeigt eine hohe Zustimmung für längere Nutzung, Reparatur und Wiederverwendung. Doch gerade Konsumfeiertage wie Black Friday setzen starke kurzfristige Kaufimpulse und verstärken den Materialverbrauch weiter.

Denn jedes Produkt hat bereits eine lange Geschichte hinter sich: Von der Rohstoffgewinnung über die Fertigung und den Transport bis hin zur Entsorgung fließen enorme Mengen an Energie, Wasser und Materialien. Diese unsichtbare Belastung reist immer mit, egal, wie gut das Angebot gerade scheint.

Ein Produkt ist erst mal nur Rohstoff

Baumwollarbeiter in Indien
Baumwollarbeiter in Indien © IMAGO / UIG

Um ein Kilogramm Baumwolle zu gewinnen, sind zum Beispiel durchschnittlich etwa 11.000 Liter Wasser nötig. Außerdem werden beim Anbau vielerorts Düngemittel und Pestizide eingesetzt, die die Umwelt belasten. Wenn im nächsten Schritt die Baumwolle gefärbt oder anderweitig weiterverarbeitet wird, geschieht dies heutzutage immer noch viel zu häufig unter menschenunwürdigen Bedingungen und zu Minimalstlöhnen.

An der Universität Plymouth wurde 2019 nachgewiesen, dass in einem neuen Handy 36 Milligramm Gold stecken, bei dessen Abbau häufig hochgiftige Chemikalien wie Arsen, Quecksilber und Zyanid eingesetzt werden. Dazu sollte man wissen, dass 20 bis 25 Prozent des heute verfügbaren Golds aus Kleinbergbau (ASM) stammen, und auch hier sind in den meisten Fällen die Arbeitsbedingungen ausbeuterisch und gefährdend für Mensch und Natur.

Die hier beispielhaft gewählten Rohstoffe Baumwolle und Gold stehen aber erst am Anfang internationaler Lieferketten, die an unterschiedlichen Orten zusammenlaufen, sich kreuzen oder weiter verzweigen.

Produktkomponenten reisen um die Welt

Heutzutage überwiegt in den meisten Branchen die Just-in-time-Produktion, das heißt, die zur Verarbeitung benötigten Materialien werden via Frachtcontainer angeliefert, sobald sie gebraucht werden. Der Container wird somit zur Lagerhalle, die nie stillsteht.

Allein bis zur Fertigstellung kreuzen die einzelnen Komponenten eines Handys bereits mehrfach die Weltmeere. Zwischen 1992 und 2013 hat sich der weltweite Schiffsverkehr um 300 Prozent gesteigert, was nicht nur den CO2-Ausstoß erhöht, sondern auch zu einer immensen Mehrbelastung der Meeressäuger durch Unterwasserlärm und Unfälle geführt hat.

Der WWF setzt sich unter anderem für die Verlegung von Schiffsrouten und Geschwindigkeitsbeschränkungen ein. Außerdem sollte in geräuschmindernde Technologien investiert werden. Die Einführung einer CO2-Steuer für Reedereien ist im Gespräch, die zum Teil von der Branche selbst gewünscht ist, um einen besonderen Anreiz für einen nachhaltigeren Antrieb durch CO2-Einsparung zu schaffen.

Retouren sind extreme Belastung für Umwelt

Pakete in der Postfiliale © IMAGO / Ralph Peters
Wie viele dieser Pakete werden wohl zu Retouren? © IMAGO / Ralph Peters

Jede vierte Onlinebestellung endet als Retoure, das besagt eine Studie der Universität Bamberg aus dem Jahr 2022. Retournierte Produkte mit einem Wert unter 15 Euro landen direkt im Müll, weil sie in keinem Verhältnis zur Arbeitszeit stehen, die eine Sichtung und Neuverpackung erfordern würde. Eine EU-weite Studie von 2024 zeigt, dass bis zu 44 % retournierter Kleidung nie wieder einen Endverbraucher erreichen. Das sind neue, ungenutzte Artikel.

Mehrere Enthüllungsstorys zeigen außerdem, dass ein großer Onlinehändler bis zu 30 Prozent der Retouren direkt vernichten lässt und regelmäßig einwandfreie Waren entsorgt, die sich als Ladenhüter erwiesen hatten. Eine maßlose Verschwendung von Ressourcen, Energie und Arbeitszeit.

Fazit ist und bleibt: Eine lange Nutzung durch Reparatur, Wieder- oder Weiterverwendung, Remanufacturing, etcetera bietet das größte Ressourcenschutzpotenzial, das nur durch Konsumverzicht noch übertrumpft werden kann. Das eigene Verhalten konsumkritisch zu hinterfragen, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. 

Je mehr Waren produziert und gekauft werden, desto mehr Müll fällt an, und jede neu produzierte Ware verbraucht Energie und Rohstoffe. Genau aus diesem Grund ist nachhaltiger und bewusster Konsum so wichtig, der vielleicht durch die Änderung des Blickwinkels gar nicht mehr so schwerfällt: Wer zufrieden ist, kauft weniger. Deshalb hilft vor jedem Kauf allein schon die Frage: Brauche ich das wirklich oder erfüllt der Kauf nur ein emotionales Bedürfnis?

Konsumkritik: Boom des Onlinehandels

Die Coronapandemie hatte einen Boom des Onlinehandels zur Folge, der 2020 allein in Deutschland um gut 20 Prozent gewachsen ist, in den USA sogar um 32,4 Prozent. Das Geld, das die Menschen gerade nicht für Restaurantbesuche, Urlaube, Kultur und andere Dienstleistungen ausgeben können, geht in die Unterhaltungselektronik, Küchengeräte, Möbel und Maschinen, die meist aus China geliefert werden.

Auch die jedes Jahr im November anstehenden Konsumtage tragen ihren Teil dazu bei, besonders, wenn Gegenstände, die ausgedient haben, nicht wieder in den Kreislauf zurückgegeben werden.

„Bewusster Konsum ist zentral, wenn wir unsere Ökosysteme schützen und die Erderhitzung stoppen wollen."

Rebecca Tauer, Programmleitung Circular Economy WWF Deutschland

Daher sollte sich – gerade zum „Black Friday” – jede:r fragen: Brauche ich das Produkt (diesen Kauf) wirklich? Habe ich nichts Altes, was ich reparieren kann? Kenne ich jemanden, dessen Produkt ich weiterverwenden kann? Wenn man unbedingt etwas Neues kaufen muss, dann unbedingt etwas langlebiges, reparierbares und von Unternehmen mit nachhaltiger und transparenter Lieferkette.

Qualität statt Schnäppchen: Was die Deutschen wirklich wollen

Elektronik reparieren statt wegwerfen © Kerkez / iStock / Getty Images
Elektronik reparieren statt wegwerfen © Kerkez / iStock / Getty Images

Die Menschen in Deutschland wollen diesen Wandel längst mitgehen. Laut einer aktuellen repräsentativen WWF-Umfrage können sich 83 % vorstellen, ihre elektronischen Geräte 3-5 Jahre länger zu nutzen. Auch bei Möbeln (87 %) und Kleidung (73 %) ist die Bereitschaft sehr groß, Produkte länger im Einsatz zu halten und damit Ressourcen zu sparen. Gleichzeitig ist klar: Politik und Wirtschaft müssen die richtigen Rahmenbedingungen schaffen. 67 % fordern langlebige und gut reparierbare Produkte, 62 % wünschen sich leichter zugängliche, bezahlbare Reparaturen und 49 % möchten Qualität und Haltbarkeit beim Kauf klar erkennen können. Fast 6 von 10 Menschen erwarten von der Politik gesetzliche Regeln zum Ressourcenschutz. Die Bereitschaft ist da. Jetzt braucht es verlässliche Strukturen, damit bewusste Konsumentscheidungen zur einfachen Wahl werden.

Neben einem verbindlichen Ressourcenschutzgesetz unterstützen viele Menschen auch ganz konkrete politische Maßnahmen für einen nachhaltigeren Konsumalltag. 52 % wünschen sich steuerliche Vorteile für langlebige und reparierbare Produkte. 56 % sind für eine besser ausgebaute Infrastruktur, etwa durch leicht zugängliche und bezahlbare Reparaturangebote. Eine deutliche Mehrheit von 79 % spricht sich für eine stärkere Besteuerung besonders ressourcenintensiver Luxusgüter aus. Und 51 % finden Werbebeschränkungen für Produkte mit hohem Ressourcenverbrauch wichtig. Die Bevölkerung zeigt klar: Damit ressourcenschonender Konsum zur einfachen Entscheidung wird, braucht es verlässliche politische Rahmenbedingungen.

Weg von der Linearwirtschaft, hin zur Kreislaufwirtschaft

Elektroschrott wird in Hamburg sortiert © IMAGO / Joerg Boethling
Elektroschrott wird in Hamburg sortiert © IMAGO / Joerg Boethling

Damit politische Maßnahmen wirken können, braucht es aber auch Entscheidungen im Alltag, die Ressourcen schonen und Produkte länger im Kreislauf halten. Man kann selbst einen Gegenstand auf vielen Wegen in den Kreislauf zurückgeben – oder ihn ihm vorenthalten.

In deutschen Haushalten verstauben laut einer Studie des Branchenverbandes Bitkom Millionen ungenutzter Laptops, Handys oder Smartphones. Diese Geräte binden wertvolle Ressourcen – wie zum Beispiel Gold –, die durch Recycling aufbereitet und weiter genutzt werden könnten, sofern das Gerät selbst nicht weiterverwendet werden kann. Aber dazu ist es eben wichtig, dass Altgeräte richtig und nicht etwa über den Hausmüll entsorgt werden, wodurch kostbare Rohstoffe in Verbrennungsanlagen oder auf Müllkippen landen. Und dies gilt für Elektrogeräte aller Art, selbst für Wecker, Elektrozahnbürsten, blinkende Turnschuhe, Kabel und Steckdosen. Geregelt wird dies auch über das Elektrogesetz ElektroG. Seit Juli 2022 sind neben kommunalen Sammelstellen nun auch Supermärkte und generell alle Händler mit entsprechend großer Verkaufsfläche, die Elektrogeräte anbieten, verpflichtet, alte Elektrogeräte kostenlos zurückzunehmen.

Das Umweltbundesamt (UBA) beklagt, dass Deutschland die europäische Sammelquote von 65 Prozent auch 2023 verfehlt hat, denn die angefallenen 906. 121 Tonnen Elektroschrott entsprechen nur 29,5 Prozent der Gesamtmenge. Durch die Neuregelung soll die Entsorgung von Altgeräten erleichtert werden, da sie gleich mit dem Wocheneinkauf erledigt werden kann und keine gesonderte Fahrt zum Wertstoffhof erfordert.

Illegaler Export

Jugendlicher verbrennt Elektroaltgeräte in Agbogbloshie, Accra (Ghana) © IMAGO / photothek
Jugendlicher verbrennt Elektroaltgeräte in Agbogbloshie, Accra (Ghana) © IMAGO / photothek

Ein weiteres, großes Problem stellt der illegale Export des Elektroschrotts in Länder wie Nigeria, Ghana Indien oder Südafrika dar, die kein professionelles Recycling bieten können. Dazu reicht ein Blick nach „Agbogbloshie“, der größten Elektroschrottdeponie Afrikas, wo Menschen der angrenzenden Slums ihre Gesundheit und die Umwelt aufs Spiel setzen, um ihr Überleben zu sichern. Sie entmanteln Kupferkabel durch Hitze, was giftige Dämpfe freisetzt, oder gewinnen andere Wertstoffe, indem sie ohne jegliche Schutzkleidung Komponenten in Säurebädern auflösen.

Sämtliche Schadstoffe versickern im Boden, weshalb die Deponie zu den zehn verseuchtesten Umweltbrennpunkten der Erde zählt. Und während es wichtig ist, den illegalen Export zu unterbinden, zählt eben auch der Einsatz jedes einzelnen Konsumentens und jeder einzelnen Konsumentin, Elektrogeräte entweder selbst möglichst lange zu nutzen, über entsprechende Plattformen weiterzuverkaufen, zu spenden oder im Falle des Defekts bei kommunalen Sammelstellen oder im Handel abzugeben, auf keinen Fall jedoch an dubiose Schrottsammler.

Kaufentscheidungen haben Auswirkungen

Trotz allem sind natürlich weder das Kaufen noch das Sparen verboten, wichtig ist dabei nur, sich bewusst zu machen, ob man damit der Umwelt unnötig schadet. Verbraucher:innen können mit ihren Kaufentscheidungen Hersteller:innen unterstützen, die bei der Produktion ihrer Waren verantwortungsvoll und nachhaltig mit den Ressourcen unseres Planeten umgehen und eine lange Nutzung auf hohem Qualitätsniveau ermöglichen.

Auch deshalb setzt sich der WWF für ein starkes Lieferkettengesetz, für klare Ressourcenziele und für eine starke Kreislaufwirtschaft ein. Parallel erproben wir in dem Projekt „Ressourcenleicht Leben 2045“, zusammen mit Bürger:innen, wie ein Alltag mit weniger Konsum, mehr Zeit und besserer Lebensqualität im Jahr 2045 realistisch aussehen kann.

Kauf-nix-Tag statt Black Friday

Übrigens gibt es am Samstag nach dem Black Friday den sogenannten Kauf-nix-Tag (Buy Nothing Day), der in über 60 Ländern stattfindet und auf Konsum- und Wachstumskritik hinweisen möchte. Während am Kauf-nix-Tag radikaler Verzicht geübt werden soll, gibt es auch Initiativen von nachhaltig arbeitenden Unternehmen, den sinnvollen Konsum an bestimmten Tagen anzukurbeln. Dafür gibt es beispielsweise den Green Friday als Gegenmodell zum Black Friday, aber auch den White Monday oder den Giving Tuesday.

Für eine nachhaltige Wirtschaft, die die Belastbarkeitsgrenzen des Planeten respektiert, braucht es eine Transformation hin zu ressourcenschonenden, klimafreundlichen und sozialverträglichen Produkten und Geschäftsmodellen. Der WWF bewegt Branchen und fordert Firmen auf, mehr Verantwortung zu übernehmen. Um umweltfreundliche Ansätze zu fördern, den ökologischen Fußabdruck zu verringern und positive Umweltwirkung zu erzielen, arbeitet der WWF darüber hinaus mit ausgewählten Unternehmen zusammen.

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