Deutschland hat seit Januar 2022 die Präsidentschaft der G7-Gruppe inne. Das ist eine große Verantwortung für das Voranbringen des Klimaschutzes.

Was die G7-Präsidentschaft bedeutet

„Die Gruppe der Sieben (G7) ist ein informelles Forum der sieben weltweit führenden Wirtschaftsnationen“ – so beschreibt das Bundesfinanzministerium die Ländergruppe aus Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, den USA und dem Vereinigten Königreich, die sich jährlich zu einem gemeinsamen Austausch trifft. Dort beraten die sieben Länder zu politischen Fragen und stimmen gemeinsame Positionen ab.

Windräder am Wattenmeer © Hartmut Jungius / WWF
Windräder am Wattenmeer © Hartmut Jungius / WWF

Jedes Jahr übernimmt dabei ein anderes der Länder die Präsidentschaft der G7-Gruppe und ist Deutschland an der Reihe: Seit dem 01. Januar 2022 hat Deutschland den Vorsitz der G7-Staaten inne.

Das jährliche Gipfeltreffen der Staaten wird vom 26. bis 28. Juni 2022 in Schloss Elmau in Bayern stattfinden. Doch was bedeutet diese G7-Präsidentschaft für Deutschland und die internationale Klimapolitik?

Was die G7-Präsidentschaft leisten muss

Die G7-Präsidentschaft impliziert für Deutschland eine große Verantwortung für das Voranbringen des Klimaschutzes: Denn auch in Zeiten großer anderer geopolitischer Herausforderungen ist die Klimakrise leider noch nicht vorbei. Der Krieg in der Ukraine verdeutlicht erneut, dass fossile Brennstoffe keinen Platz in einer gerechten, lebenswerten Zukunft haben. Einen Ausweg aus fossilen Ressourcen liefern erneuerbare Energien: Strom aus Wind und Sonne. Deswegen müssen die G7 jetzt den Ausbau von erneuerbaren Energien überall auf der Welt schnell und effektiv vorantreiben.

Kohlefabrik hinter Wohngebiet © Andrew Kerr / WWF
Kohlefabrik hinter Wohngebiet © Andrew Kerr / WWF

Mit dem Klimapakt von Glasgow hat sich die Weltgemeinschaft 2021 klar zur Einhaltung des 1,5-Grad-Limits bekannt. Darauf müssen jetzt ambitionierte Maßnahmen folgen: Alle Staaten müssen dazu beitragen, dass die Welt bis zur Hälfte dieses Jahrhunderts Klimaneutralität erreicht.

Der klare Auftrag an die G7-Staaten und an die deutsche Bundesregierung ist jetzt, das Momentum der internationalen Klimakonferenz COP26 weiterzutragen und sichtbare Fortschritte bei der ambitionierten Umsetzung des Klimaschutzes zu erzielen.

Außerdem müssen vulnerable Länder, die am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben, aber am stärksten dessen Auswirkungen zu spüren bekommen, mehr unterstützt werden – zum einen beim Umgang mit Auswirkungen der Klimakrise und zum anderen bei ihrer sozial-ökologischen Transformationen.

Welche klimapolitischen Aspekte Deutschland in sein G7-Programm aufnehmen sollte:

Ende fossiler Energien und Subventionen

Die G7-Staaten sollten sich gemeinsam zu einem Kohleausstieg bis 2030 verpflichten und angesichts der durch den Ukraine-Krieg in den Mittelpunkt gerückten Abhängigkeit von fossiler Energie den Ausstieg aus deren Nutzung sowie den Abbau fossiler Subventionen vorantreiben. Dafür sollten sie transparent definieren welche Subventionen auf welche Weise abgebaut werden und wie die G7-Staaten ihre Stromsysteme bis 2035 dekarbonisieren werden.

Ambitionssteigerung

Die G7-Staaten sollten sich klar zu einer Ambitionssteigerung ihrer Klimaschutzziele bekennen. Dafür müssen Klimaschutzzusagen nachgeschärft und mit konkreten Strategien und Maßnahmen untermauert werden, um auf einem 1,5-Grad-Pfad zu bleiben.

Klimapartnerschaften

Die G7 sollten Klimapartnerschaften vorantreiben und diese insbesondere mit Ländern mit hohen Emissionspotenziale abschließen. Im Zuge dieser Partnerschaften können die G7 andere Staaten dabei unterstützen, ihre Energiesysteme zu dekarbonisieren und auf einen klimafreundlichen Pfad zu bringen.

Glaubwürdigkeit bei internationaler Klimafinanzierung

Die G7-Staaten müssen in Summe jährlich mindestens 100 Milliarden USD für die Klimafinanzierung bereitstellen. Für Deutschland bedeutet dies, dass es seinen Beitrag zur internationalen Klimafinanzierung auf 8 Milliarden Euro jährlich bis 2025 aufstocken sollte. Außerdem sollten die G7 dazu beitragen, dass bis 2024 ein neues Klimafinanzierungsziel auf der Basis von tatsächlichen Bedarfen vulnerabler Länder ausgearbeitet wird.

Verantwortung für Schäden und Verluste

Die G7 sollten eine Initiative auf den Weg bringen, die angemessene Instrumente und ausreichende Finanzierung zur Unterstützung der von Schäden und Verlusten besonders betroffenen Länder und Menschen leistet. Die Initiative sollte auf dem Prinzip der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung und Fähigkeiten basieren.

Integrität der internationalen Kohlenstoffmärkte (Art. 6 des Pariser Abkommens)

Die COP26-Beschlüsse zu Artikel 6 des Pariser Abkommens müssen berücksichtigt und umgesetzt werden. Doppelzählungen von Emissionsminderungen - auch auf dem freiwilligen Markt – müssen ausgeschlossen werden und erzielte Treibhausgasminderungen können nicht mehrfach angerechnet werden.

Klimaclub

Ein nicht-exklusiver „Klimaclub“ ist ein begrüßenswertes Instrument, um Ambition beim Klimaschutz, Wettbewerbsfähigkeit und gerechten Zugang zu verknüpfen. Er sollte aber nicht andere verbindliche Instrumente verhindern, auf einen expliziten CO2-Preis limitiert werden oder als politisches Druckmittel gegen China oder Schwellenländer genutzt werden.

Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM)

Der CO2-Grenzausgleichsmechanismus CBAM darf nur als Ersatz zur kostenlosen Zuteilung von Emissionszertifikaten eingeführt werden. Eine längere Beibehaltung der kostenlosen Zuteilung – oder ihre Abschaffung über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren – würde Investitionen in die Dekarbonisierung der Industrie verzögern. Die Einnahmen aus dem CBAM sollten an Länder des Globalen Südens in Form von internationaler Klimafinanzierung zurückfließen.

Industrietransformation

Um die globale Nachfrage nach klimafreundlichen Industrieprodukten, wie etwa grünem Stahl, anzukurbeln, sollten die G7-Staaten Standards hierfür festlegen sowie staatliche Mindestquoten und nachhaltige Kriterien für die öffentliche Beschaffung ausgestalten.

Nachhaltiges Finanzsystem

Die G7 sollten sich, in Abstimmung mit der G20, auf Grundprinzipien und Standards für die Ausrichtung eines nachhaltigen globalen Finanzsystems verständigen. Weltweite Taxonomie-Entwicklungen und die diesen zugrunde liegenden Leitprinzipien sollten harmonisiert werden und sich am 1,5-Grad-Limit orientieren. Damit sollten die G7-Staaten die Signale zur Lenkung von Finanzflüssen konkretisieren und so auf die Stabilisierung des Klimas sowie den Schutz von Ökosystemleistungen und Biodiversität abzielen.

Transformationstransparenz

Die Ausweisung klarer Transformationspfade und entsprechender Maßnahmenpläne von und durch Unternehmen sollten im Grundsatz und den Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) folgend umgehend verbindlich eingeführt werden. Die G7 können hier ein auslösendes Signal setzen.

Infrastrukturprinzipien

Ein besonderer Schwerpunkt sollte auch vor dem Hintergrund der tragischen aktuellen Entwicklungen auf die Vereinbarung zur Operationalisierung klarer Nachhaltigkeitsgrundsätze für den Auf- und Umbau von Infrastruktur gelegt und der Schulterschluss mit den G20 gesucht werden. Dafür sollten die G20 Prinzipien für “Quality Infrastructure Investments” einbezogen werden.

Monitoringsysteme

Die G7 sollten eine Initiative veranlassen, die Transparenz und Kontrolle der auf Klimagipfeln gemachten Ankündigungen, auch des Privatsektors, sicherstellt.

Klimaneutrale Präsidentschaft

Zur Umsetzung des Ziels der Bundesregierung, die Klimawirkung der Präsidentschaft zu reduzieren, fordern wir die deutsche Präsidentschaft auf, auf konventionelle Kompensationen zu verzichten. Eine Empfehlung zur Reduzierung der Klimaauswirkung im Einklang mit dem Pariser Abkommens findet sich im WWF-Leitfaden „Fit für Paris - Ein Leitfaden zur Vereinbarkeit von Klimastrategien von Unternehmen mit dem Pariser Abkommen.“

Die deutsche G7-Präsidentschaft bietet eine Chance, politischen Willen zu mobilisieren und Fortschritte im Klimaschutz voranzutreiben. Denn die Klimakrise ist bereits da und bedroht die Lebensgrundlagen von Millionen von Menschen. Deswegen muss die Welt jetzt zusammenstehen, die Nutzung von fossilen Brennstoffen beenden und erneuerbare Energien stark ausbauen.

Dazu sollte Deutschland ein inklusives G7-Format schaffen, das auch verwundbare Drittstaaten aus dem Globalen Süden einbezieht. Deutschland sollte eine führende Rolle in der internationalen Klimadiplomatie einnehmen und die gemeinsamen Anstrengungen für den Klimaschutz mit entschiedenen Maßnahmen vorantreiben.

  • Windräder © Unsplash WWF-Projekt: Klimapolitischer Austausch zur G7-Präsidentschaft

    Das Projekt hat das Ziel, den Austausch von Umweltverbänden und Thinktanks zur deutschen G7-Präsidentschaft sowie zu den dazugehörigen klimapolitischen Herausforderungen zu fördern. zu den Expert:innen-Dialogen

  • Klimastrategien für Paris © Shérif Scouri / WWF Frankreich Internationale Klimapolitik

    2015 war es so weit: Im Rahmen des Klimagipfels von Paris (COP 21) hat die Staatengemeinschaft eine Begrenzung der Erderhitzung auf deutlich unter 2 Grad Celsius, möglichst sogar 1,5 Grad Celsius, beschlossen. Weiterlesen ...