Noch immer sind wir abhängig von Kohle, Öl und Gas, die untrennbar mit klimaschädlichen Treibhausgasen verbunden sind. Zusätzlich hat der Krieg in der Ukraine uns die politischen und wirtschaftlichen Risiken dieser Abhängigkeit noch einmal deutlich vor Augen geführt.

Klar ist: Wir müssen den globalen Ausstoß von Treibhausgasen schnell und deutlich senken, das Klima effektiver schützen und die Nutzung fossiler Energien beenden.

In den weltweiten Bemühungen für den Klimaschutz spielen die G7-Staaten eine zentrale Rolle. Doch wie steht es um die Klimapolitik dieser Länder und speziell Deutschlands? Wo wird genug getan und wo gibt es noch Defizite?

Gerade Frankreich setzt weiter auf Atomkraft © Getty Images
Gerade Frankreich setzt weiter auf Atomkraft © Getty Images

Im Mai 2022 treffen sich die G7-Minister:innen für Energie-, Klima- und Umweltpolitik. Schon hier muss die Basis für ambitionierte Verhandlungen über den Klimaschutz während des eigentlichen Gipfels im Juni geschaffen werden.

Um herauszufinden, welches Potenzial die Klimapolitik der G7-Staaten wirklich hat, hat der WWF Deutschland eine Analyse bei dem „Ecologic Institut“ in Auftrag gegeben. Die Publikation „G7 Climate Crossroads: State of Play“ beleuchtet den Status Quo der Klimaschutzmaßnahmen – und deckt einige Lücken in der bestehenden Politiklandschaft auf.

Ein Blick auf die globale Klimapolitik

In den vergangenen Jahren gab es bereits einige Fortschritte in der globalen Klimapolitik. So sind mittlerweile etwa 90 Prozent der globalen Emissionen durch „Netto-Null-Emissionsziele“ abgedeckt. Damit kommen die Staaten den Zielen des Pariser Abkommens zwar einen Schritt näher, allerdings müssen ihren Worten auch Taten folgen. Denn gerade bei der tatsächlichen Umsetzung von Maßnahmen zur Erreichung der festgelegten Ziele gibt es bisher noch großen Nachholbedarf.

Was bei den weltweiten Emissionen besonders auffällt: Die Länder mit hohem Einkommen sind für den größten Teil der „historischen“ Emissionen und damit für den größten Teil des Anstiegs der globalen Durchschnittstemperatur verantwortlich – etwa 1,1 Grad Celsius seit der industriellen Revolution. Besonders deutlich: Die G7-Länder allein haben mehr als ein Drittel der weltweiten CO2-Emissionen seit 1850 produziert – obwohl sie nur 10 Prozent der heutigen Weltbevölkerung beherbergen.

Die G7-Emissionsrangliste

Verbrennung von Erdgas in Alaska © Chris Linder / WWF-US
Verbrennung von Erdgas in Alaska © Chris Linder / WWF-US

Kanada führt die Emissionsrangliste der größten Verschmutzer an. Mit 38 Millionen Einwohner:innen hat das Land die höchste Energieintensität und die höchsten Pro-Kopf-Emissionen unter den G7. Die USA haben von allen G7-Staaten die höchsten Gesamtemissionen. Ein großer Teil dieser Emissionen stammt aus der Öl- und Gasförderung. Die Energieversorgung Japans wird von fossilen Brennstoffen dominiert. Dies hat zu einem Anstieg der Emissionen und der höchsten Kohlenstoffintensität innerhalb der sieben bedeutendsten Industrienationen geführt.

Die Energieversorgung Deutschlands wird seit jeher von Erdöl und Steinkohle dominiert. Der Einsatz von Kohle in Deutschland ist in den letzten Jahren zurückgegangen, von 42 Prozent des Strommixes im Jahr 2015 auf 24 Prozent im Jahr 2020. Die aktuelle Energiekrise lässt den Kohleanteil seit 2021 jedoch wieder ansteigen und die Gefahr besteht, dass dieser Trend zunimmt. Auch der Einsatz von erdgasbefeuertem Strom hat sich seit 2015 mehr als verdoppelt – ein ernstes Problem angesichts der Invasion Russlands in der Ukraine, da rund 55 Prozent der Nettoimporte aus Russland stammen. Insgesamt machen die Treibhausgasemissionen in Deutschland 1,4 Prozent der globalen Gesamtemissionen aus, obwohl hier nur 1,1 Prozent der Weltbevölkerung leben.

Deutschland ist Netto-Null-Vorreiter

Deutschland hat 2021 nach einem Urteil des Verfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz ein nationales Netto-Null-Ziel für alle Treibhausgasemissionen bis 2045 festgelegt – das früheste Netto-Null-Ziel aller G7-Länder. Deutschland ist das einzige Land in der G7, das getrennte Ziele für die Reduzierung und den Abbau von Emissionen festlegt. Allerdings stützt sich die Bundesregierung auf internationale Ausgleichszahlungen um das Ziel zu erreichen und schließt den internationalen Luft- und Schiffsverkehr aus.

Kohleausstieg geht voran

Bei der Nutzung fossiler Brennstoffe gibt es gute Nachrichten: Die Kohleverstromung scheint sich weltweit dem Ende zuzuneigen. Die meisten G7-Länder haben bereits Termine bekannt gegeben, nach denen der Betrieb von Kohlekraftwerken eingestellt werden soll.

So hat sich Kanada verpflichtet, den Betrieb von Kohlekraftwerken bis zum Jahr 2030 einzustellen, Frankreich will die Kohleverstromung bis Ende 2022 beenden, Italien bis 2025, Deutschland bis 2038 (was voraussichtlich auf 2030 vorgezogen wird), Japan bis 2030 und das Vereinigte Königreich bis 2024. In den USA gibt es kein explizites Datum für die Stilllegung, aber die Betreiber von Kohlekraftwerken haben bereits mitgeteilt, dass sie ihre Anlagen bis 2035 stilllegen wollen.

Maßnahmen zur Bekämpfung von Energiearmut

Steigende Energiepreise stellen eine erhebliche finanzielle Belastung für Endverbraucher:innen dar – speziell für Haushalte mit niedrigem Einkommen. Um dem jüngsten Anstieg der Energiepreise zu begegnen, haben einige G7-Länder zusätzliche Maßnahmen zum Schutz von einkommensschwächeren Haushalten eingeführt.

In Deutschland beispielsweise wurden die Energierechnungen der Haushalte durch die Senkung der EEG-Umlage von 6,5 auf 3,72 Cent pro Kilowattstunde um mehr als 3 Milliarden Euro gesenkt, bis zur Jahresmitte 2022 entfällt die Umlage ganz. Außerdem hat die deutsche Bundesregierung ein Entlastungspaket mit befristeten Maßnahmen angekündigt, darunter die Senkung der Steuern auf Kraftstoffe, Reduktion der Kosten für öffentliche Verkehrsmittel sowie Einmalzahlungen für Erwerbstätige, Sozialhilfeempfänger:innen und Familien.

Mehr Infos dazu, welche Maßnahmen die anderen G7-Staaten ergriffen haben, um Haushalte von hohen Strompreisen zu entlasten, finden sich im vollständigen Bericht. Außerdem vergleicht „G7 Climate Crossroads: State of Play“ die Förderung der G7-Staaten von erneuerbaren Energien, ihre Subventionen für fossile Energien sowie ihre Maßnahmen für mehr Energieeffizienz, betrachtet Energiepartnerschaften und die Option eines Klimaclubs.

Defizite und Verbesserungsvorschläge

Die Analyse des WWF zeigt, dass alle G7-Mitglieder Netto-Null-Ziele haben. Für die Erreichung dieser Ziele sind allerdings noch große Anstrengungen erforderlich. Die Bepreisung von Kohlenstoff beispielsweise wird in allen G7-Ländern in gewissem Umfang angewandt, allerdings nur zu sehr niedrigen Preisen in Ländern wie Japan oder im Falle der USA nur auf lokaler oder regionaler Ebene. Meist liegen die Kohlenstoffpreise jedoch weit unter dem Niveau, das erforderlich wäre, um Anreize für eine rasche Dekarbonisierung zu schaffen. Die Kohlenstoffpreise müssen daher generell steigen.

Es wird empfohlen, dass sich Japan und die USA den übrigen G7-Ländern anschließen und ein landesweites Ausstiegsdatum für den Verkauf von Verbrennungsmotoren ankündigen.

Außerdem müssen die G7-Staaten andere Länder auf ihrem Weg zur Klimaneutralität unterstützen. Zwar haben die Industrienationen Fortschritte gemacht, sind aber immer noch im Rückstand, wenn es darum geht, die vereinbarten 100 Milliarden US-Dollar (91 Milliarden Euro) pro Jahr für die internationale Klimafinanzierung bereitzustellen. Mehrere Rechnungs-Konzepte deuten darauf hin, dass insbesondere die USA ihren Beitrag erhöhen müssen.

Insgesamt gehen also einige Entwicklungen der G7-Staaten in die richtige Richtung – alles in allem bleibt aber noch viel zu tun. Was genau der WWF Deutschland von den G7-Staaten klimapolitisch fordert – unter anderem eine deutliche Ambitionssteigerung, das Ende fossiler Subventionen, Verantwortungsübernahme für klimabedingte Schäden und Verluste sowie das Voranbringen der Transformation der Industrie – ist hier nachzulesen.

  • Windräder © Unsplash WWF-Projekt: Klimapolitischer Austausch zur G7-Präsidentschaft

    Das Projekt hat das Ziel, den Austausch von Umweltverbänden und Thinktanks zur deutschen G7-Präsidentschaft sowie zu den dazugehörigen klimapolitischen Herausforderungen zu fördern. zu den Expert:innen-Dialogen

  • Klimastrategien für Paris © Shérif Scouri / WWF Frankreich Internationale Klimapolitik

    2015 war es so weit: Im Rahmen des Klimagipfels von Paris (COP 21) hat die Staatengemeinschaft eine Begrenzung der Erderhitzung auf deutlich unter 2 Grad Celsius, möglichst sogar 1,5 Grad Celsius, beschlossen. Weiterlesen ...