Um die Erderhitzung auf 1,5 °C zu begrenzen, muss in allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen Klimaneutralität erreicht werden. Wasserstoff und andere Power-to-X-Stoffe werden dafür in verschiedenen Sektoren eine Rolle spielen. Allerdings sind sie nicht per se ein klimafreundliches Allheilmittel.

Nachhaltige Wasserstoff-Anwendungsfelder

Wasserstoff ist ein Energieträger, der potenziell in vielen Anwendungsfällen einen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann. Ein positiver ökologischer und gesellschaftlicher Nutzen von Wasserstoff ist allerdings nur in einigen wenigen Anwendungsfeldern gegeben, was unter anderem an dem enorm hohen (erneuerbaren) Energieverbrauch für die Herstellung liegt.

Deshalb muss der Einsatz von Wasserstoff und anderen Power-to-X-Stoffen auf die Bereiche beschränkt werden, wo Alternativen fehlen oder nur schwer umsetzbar sind. Zentrale Anwendungsfelder für Wasserstoff sind einerseits der Industriesektor, wo er die Grundvoraussetzung für eine klimaneutrale Herstellung von Stahl und chemischen Grundstoffen ist. Andererseits die Bereiche des Verkehrssektors, wo eine Direktelektrifizierung (bisher) nicht möglich ist. Dies gilt z. B. für den Schiffs- und Flugverkehr.

Wasserstoff-Herstellung

Damit Wasserstoff letztendlich einen positiven Beitrag zu Klimaschutz leistet, sind bestimmte Voraussetzungen bei der Herstellung zu erfüllen und die Rahmenbedingungen entsprechend klar zu setzen. Grundsätzlich gibt es verschiedene Möglichkeiten Wasserstoff herzustellen. (Langfristig) nachhaltig und sicher klimaneutral ist Wasserstoff, der durch Elektrolyse mit zusätzlichem Strom aus 100 Prozent erneuerbaren Energien hergestellt wird.

Dementsprechend erhöht sich die benötigte regenerative Strommenge und der entsprechende Flächenbedarf zur Erzeugung, was in den Erneuerbaren-Ausbauzielen berücksichtigt werden muss. Dennoch wird hier auch zukünftig ein Importbedarf bestehen. Als geeignete Produktionsstandorte werden oft Nord- und Westafrika, der Mittlere Osten, Chile, Australien und Norwegen diskutiert. Auch hierbei ist sicherzustellen, dass der Strom für die Wasserstoffproduktion tatsächlich 100 Prozent erneuerbar ist. Hierfür braucht es klare, strenge sowie transparente Nachhaltigkeitskriterien und Herkunftsnachweise.

WWF-Forderungen für eine nachhaltige Wasserstoffnutzung

Damit Wasserstoff wirklich einen Beitrag zum Klimaschutz leistet, ist es wichtig, dass der Ausbau erneuerbarer Energien im In- und Ausland schnellstmöglich voranschreitet. Die Bundesregierung muss den Ausbau hierzulande endlich wieder entschieden vorantreiben. Damit einhergehend muss sichergestellt sein, dass Wasserstoff und seine Folgeprodukte unter der Verwendung 100 Prozent erneuerbaren Stroms hergestellt werden. Genauso wichtig ist es, dass vorausschauend auch der Ausbau des Strom- und Gasnetzes geplant und konsequent an der Weiterentwicklung der Wasserstoff-Technologien gearbeitet wird.

Deutschland hat sich durch die Ratifizierung des Pariser Klimaabkommens dazu verpflichtet, seinen Beitrag zur Begrenzung der Erderhitzung auf möglichst 1,5 Grad zu leisten – und bis spätestens 2045 klimaneutral zu wirtschaften. Die Dekarbonisierung der Industrie stellt eine der Hauptaufgaben dar. Die Einrichtung einer grünen Wasserstoffwirtschaft ist dafür zentral. Wie hoch der Beitrag von Wasserstoff zur Erreichung der Klimaneutralität in den nächsten Jahrzehnten sein wird, werden durch die Entscheidungen und Weichenstellungen in diesem Jahrzehnt bestimmt. Die Produktion und der Import von Wasserstoff sowie die Nutzung des Energieträgers sind hochpolitisch diskutierte Themen.

Aus Sicht des WWF sind folgende Grundsätze wesentlich, um die Ausgestaltung der Wasserstoffwirtschaft auf eine klima- und naturfreundliche Art und Weise voranzubringen:

  • Nur grüner Wasserstoff ist wirklich langfristig klimafreundlich. Der Hochlauf von grünem Wasserstoff muss jetzt erfolgen – dabei hat der Ausbau der Erneuerbaren Energien höchste Priorität.
  • Die Verwendung von Wasserstoff darf nur in Anwendungen erfolgen, in denen keine sinnvollen Alternativen (z.B. Direktelektrifizierung) vorhanden sind und ein hohes THG-Minderungspotenzial besteht. Es muss gelten: Efficiency First.
  • Bei der Produktion von Wasserstoff müssen neben wirtschaftlichen auch umfassende klimaschutzrelevante, ökologische und soziale Nachhaltigkeitskriterien angewendet werden.
  • Langfristverträge für den Wasserstoffbezug, sogenannte Hydrogen Purchase Agreements, sollten national, europäisch und international zur langfristigen Absicherung von Lieferung und Preisstabilität eingeführt werden.
  • Öffentliche Mittel dürfen nicht in die Subventionierung von blauem Wasserstoff fließen, da sonst Lock-In Effekte bis weit über 2030 hinaus entstehen könnten.
  • Umfassende Klimaschutzkriterien im grünen Beschaffungswesen (Green Public Procurement) sollten zur Erhöhung der Nachfrage nach grünem Wasserstoff eingeführt werden.
  • Die Netz- und Infrastrukturplanung muss auf klimagerechte Investitionen in der Infrastruktur und die Vermeidung von Stranded Assets, das sind Vermögenswerte, die noch vor Ende ihrer geplanten wirtschaftlichen Nutzungsdauer ihren Wert verlieren, ausgerichtet werden.

Wie arbeitet der WWF zu Wasserstoff?

Der WWF ist am Kopernikus-Projekt Power-to-X beteiligt. Dort arbeiten Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft gemeinsam an Lösungen für die Energie der Zukunft, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.

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