Mit dem zunehmenden Bedarf an Rohstoffen und Edelmetallen, insbesondere für IT-Technologien und -Produkte, sind in den letzten Jahren auch die marinen mineralischen Rohstoffe in der Tiefsee ins Visier von Staaten und Unternehmen gerückt.

Grafische Darstellung des Tiefseebergbaus © WWF INT
Grafische Darstellung des Tiefseebergbaus © WWF INT

Dabei geht es um Manganknollen in den Tiefseeebenen, kobalthaltige Krusten an den Hängen von Seebergen und polymetallische Sulfide, die sich rund um Hydrothermalquellen am Meeresboden in mehreren Tausend Metern Wassertiefe ablagern.

Bereits heute sind von der Internationalen Meeresbodenbehörde (International Seabed Authority, ISA) zahlreiche Lizenzen zur Erkundung dieser Rohstoffe auf einer Fläche von mehr als 1,5 Millionen Quadratkilometern an einzelne Staaten – unter anderem auch Deutschland – vergeben worden.

Ein kommerzieller Abbau dieser Ressourcen hat bisher aber noch nicht begonnen, da sich die 168 Mitglieder der ISA (167 Mitgliedsstaaten und die Europäische Union) vorerst noch auf ein entsprechendes Regelwerk einigen müssen. Die Verhandlungen laufen, und einige Staaten und Unternehmen machen Druck, diese zügig abzuschließen. Die nächste Jahrestagung der Internationalen Meeresbodenbehörde, die für die Ausarbeitung des Regelwerks zuständig ist, findet vom 10. bis 21. Juli 2023 statt.

Auswirkungen des Tiefseebergbaus auf die Artenvielfalt

Doch ein großflächiger Abbau dieser Rohstoffe in den bisher fast unberührten Tiefen der Ozeane hätte nach Einschätzung der Wissenschaft erhebliche und zum Teil unkalkulierbare Auswirkungen auf die sensiblen Lebensräume und Artenvielfalt. Die Tiefsee beherbergt eine Vielzahl empfindlicher Ökosysteme und eine außerordentliche Artenvielfalt. Mit jeder Expedition entdecken Forscher:innen dort neue Arten. Allein in der Clarion-Clipperton Zone im Pazifik, die im Fokus für Tiefseebergbauvorhaben steht, wurden in den letzten Jahren über 5.000 zuvor unbekannte Spezies beschrieben. Darüber hinaus ist die Tiefsee die größte Kohlenstoffsenke auf dem Planeten und für die Bewältigung der Klimakrise unabdingbar.

Zahlreiche Staaten hatten sich bereits im Rahmen der vorausgegangenen Sitzung der ISA im Frühjahr 2023 dafür ausgesprochen, weiterhin keine Tiefseebergbauanträge zu genehmigen, sofern noch kein Regelwerk vorhanden ist, welches den effektiven Schutz der Meeresumwelt gewährleistet. „Das Bewusstsein für die immensen Risiken des Tiefseebergbaus wächst. Immer mehr potenzielle Abnehmer der Rohstoffe aus der Tiefsee positionieren sich gegen die vermeidbare Zerstörung. Jetzt ist der Moment, um Verantwortung und Weitsicht über kurzfristige wirtschaftliche Interessen zu stellen. Wir brauchen keinen Tiefseebergbau, sondern müssen Ressourcen verantwortungsvoller nutzen und Kreislaufwirtschaft fördern“, drängt Tim Packeiser, Meeresschutzexperte beim WWF Deutschland.

WWF-Forderung: Moratorium für den kommerziellen Tiefseebergbau

Grafische Darstellung einer gesunden Tiefsee © WWF INT
Grafische Darstellung einer gesunden Tiefsee © WWF INT

Daher fordert der WWF – gemeinsam mit zahlreichen Nichtregierungsorganisationen, Wissenschaftler:innen und zunehmend auch Staaten und Akteur:innen aus der Wirtschaft – ein Moratorium, eine vorsorgliche Pause oder ein Verbot für den kommerziellen Tiefseebergbau. Ein solches Moratorium muss wirksam sein, bis unter anderem sichergestellt ist, dass Tiefseebergbauaktivitäten in einer Art und Weise durchgeführt werden können, die einen effektiven Schutz der Meeresumwelt gewährleistet und einen Verlust an biologischer Vielfalt in der Tiefsee verhindert.

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