Wenn die Erdbeersaison beginnt, ist der Sommer nicht mehr weit. Vielleicht sind die verheißungsvollen, saftig-süßen Früchte deshalb in Deutschland so beliebt – ob nun als Eissorbet, Erdbeerkuchen mit Schlagsahne oder einfach pur genascht. Um Erdbeeren so nachhaltig wie möglich und ohne schlechtes Gewissen genießen zu können, sollten man jedoch auf Kaufzeitpunkt und Herkunftsort achten.

Erdbeeren sind wahre Vitaminbomben. Sie enthalten mehr Vitamin C als Zitrusfrüchte und sind reich an Calcium, Magnesium und Kalium. Zudem haben sie einen hohen Anteil an wertvollen Polyphenolen, die im Körper immunstärkend und antioxidativ wirken. Mit 90 Prozent Wassergehalt sind Erdbeeren außerdem erfrischend und zugleich kalorienarm. Kein Wunder also, dass die aromatischen, süßen Früchte hierzulande zu den liebsten Snacks des Frühsommers zählen.

Erdbeeren sind in Deutschland schon mindestens seit dem Mittelalter bekannt, allerdings handelte es sich zunächst um die wilde Walderdbeere. Diese wurde auch in Klostergärten gepflanzt. Die deutlich größere Gartenerdbeere, wie wir sie heute kennen, entstand etwa Mitte des 17. Jahrhunderts durch Kreuzung zweier amerikanischer Arten und verbreitete sich von Frankreich und den Niederlanden aus in Europa.

Heute gibt es weltweit über 1000 verschiedene Kreuzungen, die jedoch alle von der Gartenerdbeere (Fragaria x ananassa) abstammen. Und es werden ständig neue gezüchtet. Inzwischen gibt es Erdbeeren, die nach Aprikose oder Kokosnuss schmecken und sogar weiße Früchte. Schon gewusst: Im botanischen Sinne gehört die Erdbeerfrucht gar nicht zu den Beeren, sondern zur Gattung der Sammelnussfrüchte.

Köstlicher Sommersnack: saftig-süße Erdbeeren

Walderdbeere © Kari Schnellmann
Walderdbeere © Kari Schnellmann

Erdbeeren sind pflegeleicht und wachsen nahezu überall – ideal für Hobbygärtner:innen, ob sie nun einen Garten zur Verfügung haben, einen Balkon oder nur das Fensterbrett. Allerdings sind wir nicht die Einzigen, die gerne die saftigen-süßen Früchte naschen: Auch Schnecken und Vögel lieben sie. Die typische Erntezeit für Erdbeeren in Deutschland liegt zwischen Anfang Juni und Anfang August. Frühe Sorten können jedoch schon im Mai die ersten reifen Früchte tragen, späte Sorten bis in den September hinein. Und wer selbst Erdbeeren anbaut oder schon Mal zum Selbstpflücken auf einem Bauernhof war, weiß: Auch das Wetter, vor allem die Sonnenstunden, beeinflussen, wie schnell die Früchte reifen.

Um die stetig steigende Nachfrage nach den aromatischen Früchten zu decken, werden Erdbeeren heute im großen Stil in Gewächshäusern oder auf Freilandfeldern, meist bedeckt mit Folie oder Vlies, angebaut. Fast neun Millionen Tonnen Erdbeeren werden jedes Jahr weltweit geerntet – mehr als ein Drittel alleine in China.

Spanien liegt mit rund 360.000 Tonnen auf Platz 6 und Deutschland belegt mit 130.000 bis 150.000 Tonnen Erdbeerernte im Jahr Platz 13 der weltweit größten Produzenten. Und trotzdem übersteigt die Nachfrage hierzulande den Eigenanbau bei Weitem: Nur etwas mehr als die Hälfte der Früchte stammt aus deutschem Anbau.

300 Liter Wasser für ein Kilogramm Ernte

Erdbeer-Anbau in Spanien © Michel Gunther / WWF
Erdbeer-Anbau in Spanien © Michel Gunther / WWF

Erdbeeren bestehen zu 90 Prozent aus Wasser. Doch noch viel mehr Wasser benötigen die Mutterpflanzen zum Wachsen: Für die Herstellung eines Kilos Erdbeeren, benötigt man im Durchschnitt etwa 300 Liter Wasser – also zwei volle Badewannen.

Das muss nicht zwingend problematisch sein, solange die Erdbeeren aus Regionen kommen, in denen es genug Wasser gibt. Dass eine Feldfrucht einen hohen Wasserfußabdruck hat, sagt alleine nicht viel über ihre Nachhaltigkeit aus. Wenn Erdbeeren allerdings in Gebieten angebaut werden, die unter Wasserknappheit leiden, so kann das katastrophale Auswirkungen haben, erklärt Johannes Schmiester, Wasserspezialist beim WWF Deutschland. Das betrifft regelmäßig Erdbeeren aus Marokko, Kalifornien, Südafrika, Chile und Spanien.

Erdbeeranbau gefährdet Weltnaturerbe Doñana

Erdbeer-Anbau in Spanien © Michel Gunther / WWF
Erdbeer-Anbau in Spanien © Michel Gunther / WWF

Wie schädlich der nicht nachhaltige Obst- und Gemüseanbau für die Natur sein kann, zeigt sich in der Doñana, einem Feuchtgebiet im südspanischen Andalusien. Der 54.000 Hektar große Nationalpark ist UNESCO-Weltnaturerbe und beherbergt rund die Hälfte aller europäischen Vogelarten, darunter viele Zugvögel auf ihrem Weg von Nordeuropa nach Afrika. In den Pufferzonen rund um das Kerngebiet ist Landwirtschaft unter bestimmten Umständen erlaubt.

Leider werden dort auf rund 1.900 Hektar illegal Erdbeeren angebaut. Nicht nur, dass die Flächennutzung rechtswidrig ist – für die Bewässerung wird Grundwasser mithilfe illegaler Brunnen angezapft. Doch von diesem Grundwasser ist auch die Doñana abhängig. Mindestens 1.000 dieser illegalen Brunnen gibt es alleine in der Region, bis zu einer Million in ganz Spanien. Man nennt sie auch Mondlöcher, da sie bei Mondschein heimlich gegraben werden.

Grundwasserspiegel um 15 Meter gesunken

Erdbeeren im Supermarkt © Natissima / iStock Getty Images
Erdbeeren im Supermarkt © Natissima / iStock Getty Images

Bevor das Wasser überhaupt im Nationalpark ankommt, wird es schon illegal angezapft. Dabei wird dauerhaft mehr Wasser entnommen als sich durch Niederschlag nachbilden kann. In den vergangenen 20 Jahren ist der Wasserspiegel im Doñana-Gebiet um bis zu 15 Meter gesunken! Die Wasserknappheit bringt das gesamte Ökosystem in Gefahr.

Der WWF fordert bereits seit 2010 von Spanien, alle illegalen Brunnen und landwirtschaftlichen Flächen aufzulösen und ein wirkungsvolles Wassermanagement einzuführen. Doch die heikle Situation hat sich 2022 sogar noch verschärft: Damals legte die andalusische Regierung einen Gesetzesentwurf vor, der legale und illegale Erzeuger:innen vor Ort gleichstellen sollte. „Damit wird unlauterer Wettbewerb sogar noch unterstützt“, kritisiert WWF-Wasserspezialist Schmiester.

Das Gesetzesvorhaben stieß auf massiven Protest des WWF und zahlreicher anderer Umweltorganisationen. Auch die Europäische Kommission, internationale Organisationen wie die UNESCO, Wissenschaftler:innen und die Bundesregierung Spaniens zeigten sich entsetzt vom damaligen Vorstoß Andalusiens. Zum Weltwassertag 2022 unterschrieben mehr als 20 Unternehmen, darunter die fünf größten Lebensmittelhändler Europas, einen Brief des WWF Spanien, in dem diese Bedenken geäußert wurden. Mit Erfolg! Im November 2023 wurde das Vorhaben gestoppt, seitdem gehen spanische Gerichte verstärkt gegen illegale Wasserentnahmen vor. Die Lage bleibt jedoch so lange angespannt wie sich der Wasserspiegel im Doñana-Gebiet nicht erholen und wieder steigen kann.

Erdbeeren kaufen und ohne Reue genießen

Wer jetzt Erdbeeren genießen möchte, ohne der Umwelt zu schaden, kann sich an den folgenden Einkaufs-Tipps orientieren:

  • Bevorzugen Sie regionale Produkte. Kürzere Transportwege führen zu einer besseren Ökobilanz. Außerdem unterstützen Sie so regionale Landwirt:innen und sorgen für den Erhalt von Arbeitsplätzen.
  • Kaufen Sie saisonal ein. Die heimische Erdbeersaison startet in der Regel bereits im Mai, spätestens Anfang Juni. Im August werden meist die letzten deutschen Erdbeeren geerntet.
  • Erdbeeren im Februar stammen meist aus Spanien oder Marokko. Wer dem frühen Gruß des Sommers so gar nicht widerstehen kann, sollte die Früchte ganz bewusst genießen und nur wenige kaufen. Dafür spricht nicht nur ihre miserable Ökobilanz, sie sind auch oft stark mit Pestiziden und Fungiziden belastet.
  • Achten Sie grundsätzlich darauf, Erdbeeren aus verantwortungsvoller Produktion zu kaufen. Je weniger Pestizide eingesetzt werden, desto geringer ist das Risiko für Sie selbst, das Grundwasser und die Umwelt. Sie erkennen diese Produkte etwa anhand des Bio-Siegels.
  • Verzichten Sie auf Plastikverpackungen, denn sie erzeugen unnötig viel Müll und erhöhen den Eintrag von Mikroplastik in die Umwelt und damit in unsere Nahrungskette.

Besuchen Sie einen Bauernhof mit Selbstpflücke in Ihrer Nähe – noch regionaler und fairer kann es gar nicht werden! Dabei können Sie sich die allerschönsten und reifsten Früchte auswählen. Am Besten ernten Sie gleich mehrere Kilo und machen Ihre eigene Marmelade daraus. So konservieren Sie den Sommer in Gläsern – für den nächsten Winter!

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