Trotzdem lässt die Bundesregierung noch keine Strategie erkennen, wie mit den Folgen von Dürren in Zukunft umzugehen ist. Der WWF hat deshalb einen 10-Punkte-Dürre-Aktionsplan für ein zukunftsfähiges Dürremanagement erarbeitet. Klar ist: Industrie, Wasser-, Forst- und Landwirtschaft müssen viel enger mit dem Naturschutz kooperieren. Und auch jeder einzelne von uns muss wissen, was zu tun ist, wenn das Wasser knapp wird.
Tagelange Waldbrände, kranke oder abgestorbenen Bäume sowie verdorrte Felder sind auch in Deutschland längst zur traurigen Normalität geworden. In manchen Orten musste sogar Trinkwasser rationiert werden. Das Schwinden von Flüssen und Feuchtgebieten bedroht viele Tier- und Pflanzenarten. 2020 erleben wir in Deutschland das dritte Dürrejahr in Folge. Es wird nicht das letzte gewesen sein.

1. Szenarien zur Entwicklung des Wasserhaushalts in Deutschland erarbeiten und darauf aufbauend Managementpläne ausarbeiten
Um mit zukünftigen Dürren umzugehen, müssen wir und darauf vorbereiten und Szenarien erstellen: Wie könnten sich Temperaturen und Niederschläge in Zukunft in Deutschland entwickeln? Und welche Bedeutung hat das für den Wasserhaushalt? Solche Szenarien sind die Grundlage für ein zukunftsfähiges Wassermanagement. Darüber hinaus müssen Förderprogramme wie das Waldkonjunkturpaket oder die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) ein dürreresistentes Wassermanagement unterstützen.
2. Öffentliche Fördermittel zum Waldumbau und zur Unterstützung der Forstwirtschaft an ökologische Kriterien koppeln
Intakte Wälder sind wichtig für den Wasserhaushalt, für unsere Seen und unser Grundwasser. Dürren, Schädlinge und Stürme haben in den letzten Jahren Wald im Umfang einer Fläche geschädigt, die größer ist als das Saarland. Vor allem Fichten und andere Nadelbäume sind vom neuen Waldsterben betroffen. Eine nachhaltige Forstwirtschaft muss auf einheimische Laubbäume setzen, die besser mit Trockenperioden zurechtkommen. Totholz, das im Wald liegen bleiben darf, kann als Wasserspeicher dienen.
Wo öffentliche Mittel zu vergeben sind, müssen diese an klare und ehrgeizige Kriterien geknüpft werden, bei der die Nachhaltigkeit und der ökologische Waldumbau im Vordergrund stehen. Dafür müssen bundesweit einheitliche Regeln und Gesetze gelten.
3. Die Schaffung neuer Wälder und Agroforstwirtschaft fördern und ausbauen
Wälder kühlen ihre Umgebung und wirken als Kohlenstoffspeicher der Erderhitzung entgegen. Deshalb muss eine Forstwirtschaft gefördert werden, die auch neue Wälder schafft.
Bei der Agroforstwirtschaft werden auf derselben Fläche Bäume oder Sträucher mit Feldern, Äckern oder Tierwirtschaft kombiniert. Wo Kühe unter Bäumen weiden oder Felder von Baumreihen oder Gehölzen unterbrochen sind, verbessert sich die Versorgung mit Wasser und Nährstoffen und die Fruchtbarkeit des Bodens. Trockenperioden können so besser abgepuffert werden. Zudem finden Insekten und Vögel in solchen abwechslungsreichen Lebensräumen Nahrung und Unterschlupf, die Biodiversität erhöht sich.
4. Bestehende Grabenentwässerungssysteme umsteuern
Viele landwirtschaftliche Flächen in früheren Feuchtgebieten sind von Entwässerungsgräben durchzogen, die den Feldern in den immer trockeneren Sommern viel zu viel Wasser entziehen. Ihre ursprüngliche Funktion - das Entwässern der Felder - muss umgesteuert werden. Als Wasserspeicher könnten sie den Grundwasserspiegel in Dürreperioden anheben und den Wasserhaushalt der landwirtschaftlichen Flächen verbessern.

5. Fruchtbarkeit und Wasserinfiltration von landwirtschaftlichen Böden wiederherstellen
Grundlage einer dürreresistenten Landwirtschaft ist ein gesunder Boden, der Feuchtigkeit gut aufnehmen kann und die Verdunstung reduziert. Nur mit einer konsequent ressourcenschonenden Landwirtschaft kann ein fruchtbarer Boden erhalten werden und der Neubildung von sauberem Grundwasser dienen. Die europäische Agrarpolitik muss Landwirte deshalb in der Umsetzung einer klimaresilienten Bewirtschaftung unterstützen und fördern.
6. Der Bodenversiegelung entgegenwirken
Besonders in Städten und anderen dicht besiedelten Gebieten sowie der weiter anwachsenden Verkehrsinfrastruktur werden immer mehr Flächen versiegelt. Regen kann kaum noch versickern, sondern fließt oberflächlich oder durch die Kanalisation ab.
Dabei ist der Vorrang der Versickerung sogar in §55 des deutschen Wasserhaushaltsgesetzes gesetzlich geregelt und muss endlich ernst genommen werden. Wo möglich müssen überbaute Flächen durch versickerungsfähige Oberflächenmaterialien wie Sand, Kies oder Pflaster ersetzt werden. So verdunstet Feuchtigkeit weniger schnell und überhitzte Städte können abkühlen.
7. Bewässerung mit Grund- und Trinkwasser strenger reglementieren
Grundwasser ist Trinkwasser und muss für Dürrezeiten besonders geschützt werden. Wenn in Trockenperioden das Wasser knapp wird, sollten landwirtschaftliche Flächen, aber auch städtische Grünanlagen in Dürre-Hot-Spots nur noch eingeschränkt mit Grundwasser bewässert werden dürfen. Denn was dem Grundwasser entnommen wird, fehlt anschließend den Bächen und Flüssen. Stattdessen muss bei Starkregen oder in Hochwasserperioden Wasser gesammelt und gespeichert werden, das dann zur Bewässerung genutzt werden kann.
8. In die Umsetzungsmaßnahmen der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) investieren
Ein gutes länderübergreifendes Instrument für ein intelligentes Wassermanagement der Zukunft ist die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Danach sollen alle Gewässer in der EU spätestens bis 2027 in einem „guten“ ökologischen und chemischen Zustand sein. Tatsächlich wurde dieses Ziel 2018 immer noch bei 92 Prozent der deutschen Gewässer verfehlt.
Je schlechter der Zustand eines Gewässers, umso anfälliger ist es bei Trockenperioden oder Niedrigwasser. Die Renaturierung und ökologische Umgestaltung von Gewässern muss in die wirtschaftliche Nutzung integriert und die WRRL deutlich ambitionierter umgesetzt werden.

9. Einhaltung des Verschlechterungsverbots und der Verbesserungspflicht der WRRL bei Nutzungskonflikten
Eine wichtige Regelung steht in Artikel 4 der Wasserrahmenrichtlinie. Danach darf die Ökologie eines Gewässers nicht weiter verschlechtert und die Verbesserung nicht erschwert oder verhindert werden.
Aber wenn das Wasser knapper wird, steigt die Konkurrenz um die Nutzung der natürlichen Wasserressourcen zwischen Naturschutz, Landwirtschaft, Trinkwasserversorgung, Industrie und Schifffahrt. Damit steigt auch der Druck, die WRRL teilweise aufzuweichen oder Ausnahmen zu schaffen.
Das Verschlechterungsverbot und die Verbesserungspflicht sichern jedoch die biologische Vielfalt und den Zugang zu Wasserressourcen auch für zukünftige Generationen und muss durchgesetzt werden.
10. Kostendeckungsprinzip konsequent auf alle Wassernutzer anwenden
Den Zustand der Gewässer zu verbessern kostet Geld. In der Landwirtschaft, der Energieerzeugung, im Bergbau und in der Schifffahrt wird viel Wasser genutzt, aber nicht immer werden dafür auch die Kosten übernommen.
Deshalb fordert der WWF: Ausgaben, die für die Sanierung und Pflege der Gewässer anfallen, müssen verstärkt diejenigen tragen, die das Wasser belasten. So sieht es auch die Wasserrahmenrichtlinie vor.
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Dürre
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Zustand der Gewässer in Deutschland