Zehn fantastische Flüsse sind durch Wasserkraft in Gefahr – Der Ausbau erneuerbarer Energien darf nicht weiter auf Kosten unserer Flüsse, Gemeinden und Natur gehen.

Der Mara in Kenia © Diana Rudenko / WWF
Der Mara in Kenia © Diana Rudenko / WWF

Im WWF-Bericht „10 Rivers at Risk“ schildern wir die Bedrohung durch geplante Wasserkraftwerke von zehn einzigartigen Flüssen weltweit: von großen, artenreichen, tropischen Strömen bis hin zum letzten frei fließenden Gletscherfluss in den Alpen, dem letzten Wildfluss Europas und Wasseradern, die das Lebenselixier weltberühmter Tierwanderungen sind. 

Um diese zehn Flüsse geht es: 

  • In Asien: Sepik (Papua-Neuguinea), Mekong (Laos), Irrawaddy (Myanmar) 
  • In Afrika: Mara (Kenia), Danger (Angola) 
  • In Europa: Isel (Österreich), Weichsel (Polen), Vjosa (Albanien) 
  • In Südamerika: Tapajos (Brasilien), Flüsse im Einzugsgebiet des Oberen Paraguay (Brasilien) 

Eine außergewöhnliche Artenvielfalt im Wasser wie an Land hängt von der Unversehrtheit dieser Flüsse ab. Dank ihres freien Fließens liefern sie den Regionen außerdem Wasser, Sedimente und Nährstoffe, die von entscheidender Bedeutung für die Ernährungssicherheit und den Lebensunterhalt von über 80 Millionen Menschen und die Stabilität einiger der größten Deltas der Welt sind. 

Bedrohung durch künstliche Unterbrechungen

Genauso wie viele andere Flüsse weltweit sind auch die zehn „Rivers at Risk“ durch die Pläne neuer Wasserkraftwerke bedroht – und mit ihnen ihr vielfältiger Nutzen für Mensch und Natur.  

Wasserkraftwerke tragen maßgeblich zur Fragmentierung, also der Unterbrechung, frei fließender Flüsse bei. Flussfragmentierungen sind eine wesentliche Ursache für die Bestandsverluste von Süßwasserarten, die sich seit 1970 auf 84 Prozent belaufen! Der Bau weiterer Wasserkraftwerke wird diesen Trend verschärfen und damit die weltweiten Bemühungen untergraben, die seit Jahrzehnten fortschreitenden Bestandsverluste aufzuhalten und umzukehren

Wir können den Klimawandel bekämpfen, ohne mehr von unserer Süßwasserbiodiversität zu verlieren.

WWF Deutschland

Auswirkungen auf bedrohte Arten

Flussdelfin springt aus dem Wasser © Sebastian Castañeda / WWF Peru
Flussdelfin springt aus dem Wasser © Sebastian Castañeda / WWF Peru

Wasserkraft hätte verheerende Auswirkungen auf die Biodiversität in allen zehn gefährdeten Flüssen und würde den Druck auf eine Vielzahl bedrohter Arten – unter ihnen Flussdelfine und diverse Fischarten – erhöhen.  

Auch das Pantanal, das größte tropische Feuchtgebiet der Welt, welches Lebensraum für mehr als 4.000 Arten bietet, ist gefährdet, wenn die Flüsse in seinem Einzugsbiet des oberen Paraguay verbaut würden. 

Die Tausenden weltweit geplanten Wasserkraftwerke würden außerdem die vielfältigen und unersetzlichen Vorteile gefährden, die frei fließende Flüsse uns Menschen bieten. Dazu zählen die gesunden Fischbestände, die lokalen Gemeinschaften und indigenen Völkern entlang der Flüsse Sepik und Tapajos als Existenzgrundlage dienen; die natürlichen Sedimentströme, die die Reisproduktion am Irrawaddy mit Nährstoffen versorgt und eine Schlüsselrolle einnehmen, das sinkende Mekong-Delta vor einem steigenden Meeresspiegel zu schützen; aber auch der unglaubliche Erholungswert und ihre unberührte Schönheit, die Tourist:innen zum Beispiel an die Isel in Österreich locken. 

Klimaziele sind mit Alternativen erreichbar

Die Bedrohung durch Wasserkraft ist umso tragischer, als dass wir die globalen Klima- und Energieziele dank den enormen Entwicklungen im Sektor der Erneuerbaren Energien heute auch erreichen können, ohne die letzten frei fließenden Flüsse der Welt durch Wasserkraft zu stauen.  

Es gibt heute bessere erneuerbare Alternativen. Wir können den Klimawandel bekämpfen, ohne mehr von unserer Süßwasserbiodiversität zu verlieren. Dazu müssen die richtigen erneuerbaren Energien an den richtigen Stellen entwickelt werden – für eine bessere Zukunft für Mensch, Klima, Flüsse und Natur. Der Ausbau erneuerbarer Energien darf nicht weiter auf Kosten unserer Flüsse, Gemeinden und Natur gehen. Regierungen weltweit müssen die durch die erneuerbare Revolution geschaffene Chance nutzen und bessere Wege zur Energiegewinnung wählen.  

Das Aufstauen der im WWF-Bericht genannten Flüsse – und vieler anderer auf der ganzen Welt – ist ein Preis, den die Welt nicht mehr zahlen muss. Es gilt jetzt „LowCx3“-Stromnetze zu entwickeln – low carbon, low cost, low conflict – also Stromnetze mit geringem CO2-Ausstoß, geringen Kosten und geringem Konfliktpotenzial für Gesellschaft und Flüsse.

Tausende Pläne für Wasserkraftwerke

Tele Pires Wasserkraftwerk © Zig Koch / WWF
Tele Pires Wasserkraftwerk © Zig Koch / WWF

Aber trotz der sinkenden Preise für Solar- und Windenergie sowie für Speichertechnologien existieren immer noch tausende Pläne für Wasserkraftwerke – darunter auch Projekte an den zehn Flüssen des WWF-Berichts.  

Eine kürzlich veröffentlichte Studie stellte fest, dass der Bau der geplanten Wasserkraft 260.000 Kilometer frei fließender Flüsse zersplittern würde, dabei würden sie nicht einmal 2 Prozent zu den bis 2050 weiteren benötigten Erneuerbaren Energien beitragen – gleichwohl aber den Gemeinden und der Natur erheblichen Schaden zufügen.

Wir brauchen einen Wandel!

Regierungen können heute schadhafte Wasserkraft vermeiden und Stromnetze entwickeln, die „LowCx3“ sind.  

Studien zeigen, dass auf bereits genutzten Flächen – wie Dächern, alten Berg- bzw. Tagebauwerken, Industriegebieten und Weiden – ein 1,6-faches Potenzial vorhanden ist, um Erneuerbare Energien bis 2050 auf 100 Prozent auszubauen und so die globalen Klima- und Energieziele zu erreichen.  

Für das Energienetz der Zukunft nach dem „LowCx3“-Prinzip benötigt es sorgfältige Planung, die erneuerbare Energiealternativen in Hinblick auf kohlenstoffarme, kostengünstige und konfliktarme Optionen bewertet und daraus die besten Lösungen mit den geringsten Auswirkungen für Gesellschaften, Flüsse und Natur definiert. 

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