Jeder Wald sieht anders aus. Und nicht jeder Wald, der nach Wald aussieht, ist auch einer. Es gibt eine Definition, wann ein Wald als solcher gilt – und wann er nur als Gehölzfläche bezeichnet wird. Viele Bäume sind eben noch kein Wald – und vor allem sagt die Waldfläche nichts über die Qualität des Waldes aus.

Was Gesetze sagen

Wann ein Wald ein Wald ist, ist gar nicht so einfach zu entscheiden. Braucht es dafür zehn Bäume? Zwanzig, hundert? Sind am Rande eines Grundstücks aneinandergereihte Bäume ein Wald oder eine Baumreihe an der Straße? Was ist mit dem Stadtpark oder dem kleinen Waldgebiet zwischen zwei Dörfern: Wenn ich darin wandern kann, handelt es sich doch sicherlich um einen Wald? Ganz so einfach ist es nicht, wie der Blick in die Gesetze verrät.

  • Die FAO, die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UN, definiert einen Wald als ein Gebiet von über einem halben Hektar mit über fünf Meter hohen Bäumen und einem Überschirmungsgrad von zehn Prozent (Baumkronen decken mindesten zehn Prozent der Oberfläche ab) – oder Bäume, die diese Werte an Ort und Stelle in der Zukunft erreichen können. 
    Nach der Definition wäre ein Stadtpark sicher ein Wald, eine kurze Aneinanderreihung von Bäumen hintereinander aber nicht. Das bedeutet aber auch, dass Plantagen als Waldfläche gelten.
  • Nach dem deutschen Bundeswaldgesetz ist ein Wald eine „mit Forstpflanzen bestockte Fläche“. Gerichtsurteile verliehen sogar schon einmal einer Fläche von 20 mal 20 Metern die Waldeigenschaft. Ein Wald ist nach dem Gesetz ein Wald, wenn er unter anderem der Holzproduktion dient, für die Erholung der Bevölkerung sorgt und günstig auf Klima, Boden und Luftreinheit wirkt. Eine Wiese kann sich somit in einen Wald verwandeln, wenn sie mehrere Jahre nicht gemäht wurde und auf der sich viele „Forstpflanzen“, also Waldbäume, natürlich ausgebreitet haben.
  • Die FAO gibt als Unterscheidungsmerkmal noch eine weitere Definition an für sogenannte „Andere bewaldete Flächen“ (Other Wooded Lands), die aber nicht als Wald zählen. Darunter fällt Land mit mehr als 0,5 Hektar mit Bäumen über fünf Metern Höhe und einem Überschirmungsgrad von fünf bis zehn Prozent. Oder mit Bäumen, die diese Schwellenwerte an Ort und Stelle erreichen können oder mit einem kombinierten Bewuchs aus Sträuchern, Büschen und Bäumen von über zehn Prozent. Flächen, die überwiegend landwirtschaftlich oder städtisch genutzt werden, sind ausgenommen.
  • Andere Länder, andere Gesetze: Weltweit halten sich die meisten Länder an die Wald-Definition der FAO. Es gibt aber auch Ausnahmen. In der Schweiz bestimmen etwa die Kantone über die Waldgesetze. Die Grundregel: Eine mit Bäumen und Sträuchern bewachsene Fläche ist Wald, wenn sie breiter als 50 Meter ist und wenn die (Baum-)Kronen mehr als 20 Prozent der Bodenfläche bedecken. Noch strengere Regeln herrschen in England. Hier muss der Wald eine Fläche von einem Hektar bedecken. In Österreich gilt dagegen als Wald eine mit Holzgewächsen bedeckte Fläche, die mindestens eine Fläche von 1.000 Quadratmeter besitzt und durchschnittlich zehn Meter breit ist.

Nach was sich der WWF richtet

Nach den FAO-Definitionen ist nicht nur klar, was als Wald gilt und was nicht. Erst mittels der Definitionen lässt sich überhaupt bestimmen, wie viel Wald es weltweit gibt, wie viel davon verloren geht. Alle WWF-Übersichten über den Zustand der Wälder weltweit, die Entwaldungsfronten, die WWF-Waldberichte und vieles mehr beziehen sich darauf. 

Wussten Sie schon schon, dass – entsprechend der FAO-Definition – circa ein Drittel der Landfläche der Erde von Wald bedeckt ist? Das sind 4,06 Milliarden Hektar. Oder anders ausgedrückt: ein guter halber Hektar Wald für jeden einzelnen Menschen auf der Erde!

Ökosystem Wald

Walddefinitionen beziehen sich nur auf die Zuordnung einer Fläche zur Landnutzungskategorie Wald. Neben der Quantität ist aber auch die (ökologische) Qualität eines Waldes entscheidend – das Innenklima eines gesunden Waldes. Hier sind die Temperaturen ausgeglichener, im Sommer ist es kühler und im Winter wärmer als in der Umgebung. Die Luftfeuchtigkeit ist höher, weil über die Blätter und durch andere Pflanzen Wasser verdunsten kann. Wenn das kostbare Nass unterhalb der Baumkronen verdunstet, bleibt ein großer Teil der Feuchtigkeit im Wald. Außerdem weht der Wind weniger stark.

Natürlich gibt es im Ökosystem Wald auch eine vielfältige Lebensgemeinschaft: neben Bäumen noch andere Pflanzen, Pilze, Insekten, Reptilien und Säugetiere. Ein gutes Waldinnenklima kann aber nur entstehen, wenn die Bäume sehr dicht und zahlreich zusammenstehen. Eine Parklandschaft, die nach der Definition der FAO als Wald zählt, gilt unter ökologischen Gesichtspunkten nicht unbedingt als Wald.

Die vielen Gesichter des Waldes

Fels des Königs im Nationalpark Piatra Craiului, Siebenbürgen, Südkarpaten, Rumänien. © Wild Wonders of Europe / Dürr / naturepl.com
Fels des Königs im Nationalpark Piatra Craiului, Siebenbürgen, Südkarpaten, Rumänien. © Wild Wonders of Europe / Dürr / naturepl.com

Die Wälder der Erde unterscheiden sich stark voneinander. Je nach Sichtweise auf die Wälder existieren auch viele unterschiedliche Klassifizierungen, etwa nach Vegetationstypen oder forstlichen Gliederungen. 

  • Die forstliche Sichtweise unterteilt grob in Nadelwald, Mischwald und Laubwald – letzterer würde natürlicherweise mehr als 90 Prozent der Waldfläche in Deutschland einnehmen.
  • Eine Klassifizierung nach Vegetationstypen richtet sich an den klimatischen Bedingungen aus. Danach gibt es weltweit vier Hauptvegetationstypen: Tropische Regenwälder (45 Prozent der weltweiten Wälder), Boreale Wälder (27 Prozent), Temperierte Wälder (16 Prozent, zu denen auch die Wälder in Deutschland gehören) und Subtropische Wälder (11 Prozent)

Eine noch einfachere Unterscheidung lässt sich auch nach „Natürlich regenerierenden Wäldern“ und „Gepflanzten Wäldern“ treffen. Das Verhältnis beträgt hier 93 Prozent zu sieben Prozent. Aber: Die Fläche der sich natürlich regenerierenden Wälder nimmt seit 1990 stark ab. Die Fläche gepflanzter Wälder ist dagegen im gleichen Zeitraum um 123 Millionen Hektar gestiegen. 

Und was ist mit Urwäldern?

Immer mal wieder taucht die Frage auf, was eigentlich ein Urwald ist. Und ob es in Deutschland noch Urwälder gibt. Streng genommen gelten nur solche Wälder als Urwälder, die von Menschen unberührt geblieben sind oder deren Nutzung keine langfristigen Spuren hinterlassen haben.

Im heutigen Sinn hat noch keine forstwirtschaftliche Nutzung stattgefunden. In Deutschland haben die Menschen aber in den vergangenen Jahrzehnten fast alle Waldgebiete irgendwann einmal wirtschaftlich genutzt. Immerhin gibt es kleine urwaldähnliche Flächen wie zum Beispiel im Nationalpark Kellerwald-Edersee oder an den Hängen der Kreidefelsen im Nationalpark Königsstuhl auf Rügen. Solche „Urwälder von morgen“ können den Verlust von echten Urwäldern nicht ersetzen. Aber naturnahe Wildnisflächen können sie immerhin werden.

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