Zusätzlich zur schnellen und tiefgreifenden Reduktion der Treibhausgasemissionen brauchen wir CO2-Entnahmen, um die Klimaziele zu erreichen. Je besser wir bei der Emissionsreduktion sind, umso weniger CO2-Entnahme wird am Ende benötigt.

So einfach ist es (natürlich) nicht, und warum auch?

Der Weltklimarat (IPCC) definiert die Kohlendioxid Entnahme als „Menschliche Aktivitäten, die Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre entnehmen und dauerhaft in geologischen, terrestrischen, ozeanischen Speicherbecken oder in Produkten speichern.“

Die Entnahme von CO2 wird auch als Negativemission bezeichnet, da hierdurch die Menge an CO2 in der Atmosphäre reduziert wird und somit das Gegenteil einer Emission darstellt. Eine CO2-Entnahme stellt nur dann eine Negativemission dar, wenn bei dem gesamten Prozess der Entnahme mehr CO2 gebunden und gespeichert wird, als freigesetzt wird.

Die Natur verlangsamt die Erderhitzung © WWF
Die Natur verlangsamt die Erderhitzung © WWF

Es ist effektiver, wenn der Ausstoß von Emissionen verhindert wird, als diese nachher wieder aus der Atmosphäre zu entnehmen. Wenn fossiles CO2 freigesetzt wird, dass vorher Millionen von Jahren unter der Erde eingeschlossen war, gelangt zusätzlich CO2 in die Atmosphäre. Der steigende CO2-Gehalt fördert die globale Erderhitzung. Der Grund hierfür ist, dass Emissionen, sobald sie ausgestoßen werden, sie direkt eine Auswirkung auf die Erderwärmung haben, da die Gesamtmenge des CO2-Gehalts in der Atmosphäre steigt und CO2 eine Klimawirkung über Jahrtausende hat.

Es verbleibt also über Tausende von Jahren in der Atmosphäre und wirkt sich so auf die Erderhitzung aus. Mit jeder weiteren Emission steigt also die Menge an CO2 in der Atmosphäre. CO2 in großen Mengen aus der Atmosphäre zu entnehmen und für Tausend Jahre zu speichern, ist aktuell noch nicht möglich. Außerdem können CO2-Entnahmen Klimaschäden, wie die abgeschmolzenen Gletscher oder den angestiegenen Meeresspiegel nicht rückgängig machen. Dadurch ist der Schaden, der durch den Ausstoß von Emissionen verursacht wird, größer als der Vorteil, der durch die CO2-Entnahme geschaffen wird.

Natürliche und technische Senken

Ganz grob kann zwischen natürlichen und technischen Senken unterschieden werden. Technische Senken umfassen Methoden wie die direkte Entnahme von CO2 aus der Luft mit anschließender Speicherung des CO2 (Direct Air Capture - DACCS) oder Bioenergie mit Kohlenstoffabscheidung und Speicherung (Bioenergy with carbon capture and storage - BECCS), aber auch künstliche Fotosynthese, bei der durch Solarenergie, Wasser und die Abscheidung von CO2 aus der Luft Wasserstoff hergestellt wird.

Hierunter können auch Methoden fallen wie die beschleunigte Verwitterung, bei der Gesteinsmehl auf landwirtschaftlich genutzte Böden oder ins Meer ausgebracht wird (Beispiel aus der Einleitung). Hierbei binden sich durch chemische Prozesse Kalzium oder Magnesium aus dem Gestein mit den CO2 aus der Luft beziehungsweise dem Wasser, aber auch Methoden wie die Herstellung und Nutzung von Pflanzenkohle. Zur Herstellung von Pflanzenkohle wird in einem Pyrolyseverfahren Biomasse zwischen 200 und 700 Grad Celsius, unter Ausschluss von zusätzlichem Sauerstoff, erhitzt. Die Pflanzenkohle kann auf Felder ausgebracht werden um den Kohlenstoffgehalt in Böden zu erhöhen, oder bei der Herstellung von Bauprodukten, etwa Zement, verwendet werden.

Moor im Müritz Nationalpark © Andreas Vitting / istock / Getty Images
Moor im Müritz Nationalpark © Andreas Vitting / istock / Getty Images

Der Begriff natürliche Senken wird häufig für die Senkenleistung (die Fähigkeit CO2 aus der Atmosphäre zu binden) von Ökosystemen wie Wälder, Mooren und Meeren genutzt. Dies kann sich entweder auf die natürliche Senkenleistung beziehen, die ohne menschliche Aktivitäten CO2 binden, oder auf Aktivitäten wie die Wiederaufforstung und die Wiedervernässung von Mooren, bei der die Senkenleistung aktiv gefördert wird. Diese werden auch als naturbasierte Lösungen bezeichnet. In diesem Zusammenhang wird auch häufig der Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF) Sektor genannt, der bewirtschaftetes Land und Forstflächen umfasst, nicht aber das Meer zum Beispiel.

Die Stärke der natürlichen Senken

Ökosysteme wie Wälder, Moore und Meere binden nicht nur große Mengen an CO2, sie sind auch das Zuhause von vielen Pflanzen- und Tierarten. Durch ihre Ökosystemdienstleistung sorgen sie für sauberes Wasser, saubere Luft und fruchtbare Böden, die wir für die Lebensmittelversorgung brauchen. Die Widerstandsfähigkeit der Natur gegen die Klimakrise wird durch intakte und gesunde Ökosysteme gestärkt. Die Natur trägt auch zum Schutz vor den Auswirkungen des Klimawandels bei. Intakte Küstenökosysteme, wie Korallenriffe, brechen Wellen bevor sie aufs Land treffen, wodurch diese mit weniger Höhe und Kraft auf das Land treffen. Intakte Feuchtgebiete dienen bei Starkregen als Schwämme und können das Wasser für Dürreperioden speichern.

Baumwurzeln in gesunden Wäldern filtern das Grundwasser zu Trinkwasser. Damit Ökosysteme gesund und intakt sind, braucht es die Artenvielfalt, beispielsweise bieten Wälder mit vielen unterschiedlichen Baumarten Lebensräume für unterschiedliche Tier- und Pflanzenarten, die einander Nahrung und Schutz bieten, wodurch diese widerstandsfähiger sind und sich schneller von Störungen erholen als Monokulturwälder, also beispielsweise reine Fichtenwälder.

CO2-Emissionsreduktion Carbon Capture Storage © picture alliance / KEYSTONE
CO2-Emissionsreduktion Carbon Capture Storage © picture alliance / KEYSTONE

Natürliche Senken spielen eine zentrale Rolle für den Klimaschutz und die CO2-Entnahme aus der Atmosphäre, aber das gebundene CO2 kann durch Naturkatastrophen (wie Waldbrände) oder menschliche Aktivitäten (wie die Entwässerung von Mooren) schnell wieder freigesetzt werden. Indem Ökosysteme geschützt und gestärkt werden, wird sichergestellt, dass die natürliche Senke nicht noch weiter dezimiert wird und zum Erhalt der Artenvielfalt beigetragen. Hierfür ist es wichtig, dass bei der Wiederherstellung von Ökosystemen darauf geachtet wird, dass diese wieder naturnah sind. Beispielsweise wird bei der naturnahen Wiederherstellung von Wäldern darauf geachtet, dass Baumarten genutzt werden, die in der Region natürlich vorkommen, da diese für die Menge an Regen, Nährstoffverfügbarkeit in den Böden und Temperaturen geeignet und sie auch Bestandteil der Nahrung der Tiere, die dort leben, sind. Dies fördert die Artenvielfalt und somit auch die Ökosystemdienstleistung sowie die Funktion CO2 zu entnehmen und zu speichern.

Die Berechnung der genauen Menge an entnommenem und gespeichertem CO2 ist bei natur-basierten Lösungen aufgrund natürlicher Schwankungen nur durch sehr hohen Aufwand möglich, um die genaue Menge zu erfassen. Daher ist es bei natur-basierten Lösungen sinnvoller die jeweiligen Aktivitäten zu finanzieren, beispielsweise die Wiedervernässung von Mooren, als die Finanzierung an der genauen Menge CO2 festzumachen. Hierbei ist es wichtig, dass der Fokus auf den Bedürfnissen der Ökosysteme liegt und nicht auf der Kapazität von einzelnen Pflanzenarten Kohlenstoff zu binden. Denn dies würde sich negativ auf die Artenvielfalt auswirken sowie langfristig weniger robuste Ökosysteme zur Folge haben, was sich dann wieder negativ auf die Senkenleistung auswirkt.

Denn neben der Klimakrise haben wir auch eine Biodiversitätskrise, die nur gemeinsam gelöst werden kann und nicht gegeneinander ausgespielt werden darf. Der natürliche Klimaschutz übernimmt somit eine wichtige Doppelrolle.

Wofür brauchen wir dann technische Senken?

3D-Isometrische flache konzeptionelle Illustration der direkten Luftabscheidung © IMAGO / Zoonar
3D-Isometrische flache konzeptionelle Illustration der direkten Luftabscheidung © IMAGO / Zoonar

Zusätzlich zu den natürlichen Senken werden nach aktuellen Studien weitere CO2-Entnahmen benötigt, um das Ziel, die Erderhitzung auf möglichst 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, einzuhalten. Allerdings wird noch sehr viel Forschung benötigt, um zu bestimmen welche Methoden für den Hochlauf geeignet sind. Denn es gibt bei den technischen Senken noch einige offene Fragen hinsichtlich der Umweltauswirkungen, Skalierbarkeit und Verfügbarkeit nachhaltiger Biomasse für diese Zwecke.

Bei Methoden wie der direkten Entnahme aus der Luft mit anschließender Speicherung (Direct Air Capture and Storage - DACCS) oder Bioenergie mit Kohlenstoffabscheidung und Speicherung (BECCS), würde sich das CO2 theoretisch dauerhaft unter der Erde (im Meer oder an Land) verpressen lassen. Hierfür braucht es geeignete Orte, um sicherzustellen, dass das CO2 nicht an anderer Stelle wieder austritt und sich nicht negativ auf die umliegende Umgebung und Ökosysteme auswirkt. Außerdem muss das CO2 dorthin transportiert werden. Für größere Mengen könnten dann Pipelines von den Abscheidungsorten zu den Speicherorten genutzt werden. Die Infrastruktur hierfür gibt es aber noch nicht und der Bau könnte sich negativ auf betroffene Ökosysteme auswirken. Zum jetzigen Zeitpunkt sind der Transport und die Speicherung von CO2 für diese Zwecke in Deutschland nicht erlaubt. Es gibt einen Vorschlag für eine Änderung des Kohlendioxid-Speicherungs- und -Transportgesetzes, dieses ist aber vor den Neuwahlen nicht mehr beschlossen worden.

Für die technische CO2-Entnahme (wie DACCS und BECCS) werden zudem große Mengen an Erneuerbaren Energien benötigt, die aber auch für die Elektrifizierung anderer Sektoren benötigt werden, um Emissionen zu reduzieren. Für Methoden wie BECCS und Pflanzenkohle wird viel Biomasse und Fläche benötigt, die wir aber auch für die Landwirtschaft und den Naturschutz brauchen. Um zu verhindern, dass die Dekarbonisierung in anderen Sektoren verhindert oder verlangsamt wird, sollte sich der Einsatz von technischen Senken auf nicht-vermeidbare Restemissionen (Emissionen, die sich aus technischen oder sozialen Gründen nicht reduzieren lassen, beispielsweise in der Landwirtschaft) beschränken. Bei technischen Senken lässt sich die Menge an abgeschiedenem und anschließend gespeichertem CO2 genau bemessen, weshalb die Finanzierung bei diesen Methoden auf den gespeicherten Mengen CO2 basieren sollte.

Es muss also die richtige Balance zwischen technischer und natürlicher CO2-Entnahme, der Reduktion von Emissionen und dem Erhalt der Biodiversität gefunden werden. Diese Balance lässt sich am besten schaffen, wenn ambitionierte Emissionsreduktionen schnell umgesetzt werden, Ökosysteme effektiv geschützt, renaturiert und erweitert werden und umfassend zu technischen Senken geforscht wird.

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  • CO2 Wolken © frentusha / Getty Images / iStockphoto / WWF Negativemissionen

    Zur Einhaltung der Pariser Klimaziele wird die Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre und die dauerhafte Speicherung erforderlich sein, dies wird auch als Negativemissionen bezeichnet. Weiterlesen...