Sie schützen die letzten verbliebenen Urwälder, schaffen neue Wildnis in der Uckermark, überzeugen Politiker von den Vorteilen des Waldschutzes, inspizieren kleine Holzstückchen unter dem Mikroskop und vieles andere mehr. Die Arbeit der Waldexperten:innen beim WWF ist so bunt und vielfältig wie die Wälder der Erde selbst. Wir stellen einige der Menschen hinter der Waldarbeit des WWF näher vor und zeigen, was ihre Arbeit für und mit Wäldern beim WWF eigentlich ausmacht.
Die Arbeit der Waldexperten:innen beim WWF ist so bunt und vielfältig wie die Wälder der Erde selbst. Wir stellen einige der Menschen hinter der Waldarbeit des WWF näher vor und zeigen, was ihre Arbeit für und mit Wäldern beim WWF eigentlich ausmacht.
Die Programm-Chefin: Susanne Winter
Für den Schutz der Wälder braucht es vor allem eins: ein umfassendes waldökologisches Wissen. Ein Wissen, das Susanne Winter mehr als mitbringt. Nach fast zwei Jahrzehnten Forschung an Universitäten samt Habilitation wagte sie den Weg in die Praxis. „Ich beschäftige mich viel mit dem Schutz der letzten Alt- und Urwälder, der Wiederherstellung von Waldlandschaften, der Verbesserung des gesetzlichen Rahmens für den Waldschutz und der Veränderung der Treiber von Entwaldung – vor allem unserem zu hohen und unangepassten Konsum in Deutschland und Europa.“
Eine riesige Herausforderung, denn die beständigen Waldverluste sind eine harte tägliche Wirklichkeit. Wir verlieren weltweit jedes Jahr etwa in der Größe der gesamten Waldfläche Deutschlands kohlenstoff- und biodiversitätsreichen Naturwald. Wir in der EU sind nach China die größten Waldzerstörer durch unseren internationalen Handel. „Trotz der eingehenden Klima- und Biodiversitätskrise ist der Wille, unseren persönlichen Konsum wie die wirtschaftlichen Produktionsziele an die Leistbarkeit der Natur anzupassen, eher gering. Hier sollten wir schnell dazulernen.“
Eine Arbeit mit vielen Stellschrauben in verschiedensten Bereichen. Waldwissen sei deshalb genauso wichtig wie die Lust auf viel Kommunikation, Analyse und Teamaustausch. Und eine passende Strategie: „Am Beginn der Woche schauen wir, wie wir im Team strategisch weiterarbeiten: Öffentlichkeitsarbeit, Bildung, Politik und Projektarbeit stehen dabei an erster Stelle.“
Das Faszinierende dabei sei, dass man selbst nie auslerne: „Es ist für mich sehr beeindruckend, dass insbesondere indigene Gemeinschaften es verstehen, den Wald nachhaltig zu erhalten, also nicht zu übernutzen. Wir können hier sehr deutlich sehen, dass unsere globalen Wirtschaftsansätze bei weitem nicht angepasst sind und wir dadurch den Wald an seine Überlebensgrenze bringen.“
Dem Arbeitsstress entflieht Susanne in der heimischen Uckermark: „Ich lausche so gerne der lebendigen Ruhe der Wälder. Etwa am Stammfuß eines sehr alten Baumes sitzend – am besten auf einem Hügel mit einem Blick über eine ausladende Waldlandschaft.“
Der Holz-Detektiv: Johannes Zahnen
Bei der Arbeit von Johannes Zahnen geht es oft um kleinste Details und doch immer ums große Ganze. Er kümmert sich insbesondere um Holzhandel und die Bekämpfung von illegalem Holzeinschlag. „Umweltkriminalität, das weiß fast niemand, ist inzwischen der drittgrößte Kriminalitätsbereich organisierter Krimineller nach Betrug und Drogenhandel. Aber es gibt hier fast keine Strafverfolgung. Umweltgesetze werden nicht ernst genommen und ordentlich umgesetzt – auch in Deutschland nicht! Mit unserer Arbeit decken wir diese Lücken auf und erzeugen Druck. Wenn wir der wachsenden Umweltzerstörung etwas entgegensetzen wollen, muss hier dringend etwas geschehen.“
Praktisch heißt das zum Beispiel, Grillkohle oder Holzmöbeln mit forensischen Methoden auf den Kern zu gehen, also die Holzart zu ermitteln oder zu prüfen, ob die angegebene Herkunft des Holzes stimmt. Es kann auch heißen, sich in den Karpaten mit aufgebrachten Holzräubern auseinandersetzen, die nicht amüsiert sind, wenn ein TV-Team aus Deutschland über illegalen Holzeinschlag berichten will.
Eine oft mühsame und langwierige Arbeit, deren Erfolge auch vor Gerichten erstritten werden müssen. „Es gibt viele Schlupflöcher und Schwächen bei der Umsetzung der Holzhandelsverordnungen. Deshalb ist es unabdingbar, das Umweltrecht im Detail zu kennen. Und zu versuchen, es durchzusetzen. Auch wenn das heißt, schon mal elf Jahre nach einer Marktanalyse zu warten, bis ein Gerichtsverfahren erfolgreich gewonnen wird.“
Johannes hofft daher, dass es uns in den nächsten Jahren gelingt, die Bedeutung von Umweltkriminalität in Politik und Öffentlichkeit bekannt zu machen. Daraus sollten dann Strukturen bei Behörden erwachsen, die Umweltkriminalität ernsthaft (!) und effektiv (!) bekämpfen.
Von der Schreibtisch- und Laborarbeit erholt sich der Holzspezialist an der frischen Luft und beobachtet gern Tiere: „Mal sitze ich auf einem Baum, mal verstecke ich mich hinter einem und sehe Dachsen in der Dämmerung zu, wie sie aus ihren Bauten hervorkommen.“
Auf den Spuren Interpols: Katharina Lang
Ohren spitzen. Vernetzt denken. Auf Leute zugehen. Darauf kommt es bei Katharina Lang an. Als studierte Ethnologin ist sie dabei genau in ihrem Element. Sie managt ein von der EU finanziertes Projekt zur Stärkung von Netzwerken gegen illegales Holz in der EU. Dazu arbeitet sie unter anderem mit verschiedenen Organisationen zusammen, z. B. INTERPOL. Von allen könne man viel lernen: „Das Engagement und der Mut Einzelner angesichts von sehr großem Gegenwind. Die Fähigkeit von Mitstreiter:innen, um die Ecke zu denken, weil sie von dem Wunsch nach einer echten Veränderung angetrieben werden. Dass es nicht ‚nur‘ um den Wald geht, sondern um damit verbundene relevante Themen wie Korruptionsbekämpfung.“
Die Herausforderung sei riesig und auf lange Sicht könne man nur Erfolg haben, wenn viele Leute in den verschiedensten Institutionen erkennen, wie wichtig der Kampf gegen illegalen Holzhandel ist. „Ohne die Bekämpfung des illegalen Holzhandels werden alle Aufforstungsbemühungen weltweit nicht ausreichen. Unsere globalen Klima- und Naturschutzziele werden wir nicht erreichen, wenn wir nicht mal für Legalität sorgen können.“
Bei der Arbeit gebe es viel Freiraum, aber auch einige skurrile Momente: „Ich habe mal mit einer belgischen Kollegin zwei Tage in Bau- und Möbelmärkten verbracht. Wir haben Holzprodukte gekauft, die dann für forensische Analysen im Labor zersägt wurden. Tat einem schon ein bisschen leid, auf der anderen Seite bin ich wohl für immer kuriert von letztlich überflüssigen Deko-Artikeln aller Art.“
Zum Arbeitsausgleich klettert Katharina auf einen umgestürzten Baumstamm in einem See oder lässt sich von der Natur ihrer Heimat in Mecklenburg verwöhnen. „Hier bin ich auch aufgewachsen und habe das lange für selbstverständlich gehalten. Zu realisieren, dass auch unsere Wälder nicht selbstverständlich sind, war wohl das bedeutendste. Im Hitzesommer 2018 zu merken, dass man es nur im Laubwald aushielt. Zu lernen, dass es im Laubwald gut zehn Grad kühler ist als in der Umgebung und Laubwald sogar Wasser bilden kann.“
Herr der „Urwälder von morgen“: Albert Wotke
„Wildnis ist das Werden, Sein und Vergehen in der Natur ganz ohne den menschlichen Einfluss. Wir wollen auf 1 Million Hektar die Natur Natur sein lassen – als Schatz für kommende Generationen.“ Das ist kurzgefasst der Ansatz, der hinter den "Urwäldern von morgen"" steckt, sagt unser Waldexperte Albert Wotke.
Schon als kleiner Junge in Nürnberg begeisterte er sich für die Wunderwelt von Tieren und Pflanzen und wollte Biologe werden. Seit seiner Jugend arbeite er ehrenamtlich in verschiedenen Naturschutzorganisationen, forschte zur Entwicklung von Naturwaldreservaten, leitete 13 Jahre lang die Bundesgeschäftsstelle der Deutschen Umwelthilfe in Berlin. Beim WWF setzt er sich dafür ein, die Naturschätze in Deutschland zu erhalten und den Verlust der Biodiversität zu stoppen.
„Aus der Ferne betrachtet ist Deutschland grün. Ein Land, das zu gut 30 Prozent mit Wald bedeckt ist. Aber der Eindruck täuscht. Schaut man genauer hin, zeigt sich, dass der deutsche Wald zu über 97 Prozent aus Wirtschaftswald besteht. Die WWF-Wälder in Deutschland bieten uns die Gelegenheit, mitten in Deutschland Wildnis neu entstehen zu lassen: Urwälder von morgen, unberührte Seen und wertvolle Moore. Es ist fantastisch, dass ich mich um diese Flächen kümmern darf.“
Eine „normale“ Arbeitswoche gibt es daher für Albert, zum Glück, nicht. Mal bespricht er mit Förstern in den WWF-Wäldern Maßnahmen zum Biotopschutz, mal kümmert er sich um die Übernahme neuer Waldfläche. Mal bietet er für Interessierte Führungen an und versucht sie für die Wunderwelt unserer Wälder zu begeistern. Und manchmal „sitze ich natürlich auch am Schreibtisch, denke mir neue Projekte aus oder mache ganz normale Projektverwaltung.“
Das Wichtigste sei, dass ihn die Arbeit fasziniere: „Immer wieder neue Wege zum effektiven Schutz der heimischen Artenvielfalt zu finden und engagierte Naturfreunde als Unterstützer für diese Arbeit zu gewinnen – das ist meine Passion.“ Zufrieden mit den bisherigen Ergebnissen gibt es sich nicht: „Der Anteil von Naturwäldern in Deutschland liegt gerade erst bei 2,8 Prozent. Es gibt also noch viel zu tun.“
Weitere Informationen:
- Wälder
- Verantwortungsvollere Waldnutzung
- Zusammenarbeit mit Unternehmen