Über ein Viertel aller tropischen Wälder wird für die Holzgewinnung genutzt – mit erheblichen Auswirkungen auf ihre Biodiversität. Eine in Gabun und der Republik Kongo durchgeführte Vergleichsstudie macht nun Hoffnung: In Wäldern mit FSC-zertifiziertem Management leben mehr Großsäuger und vom Aussterben bedrohte Arten.

Der Amazonas ist mehr denn je von Abholzung bedroht © Michael Dantas / WWF-Brasilien
Holztransport, hier in Brasilien © Michael Dantas / WWF-Brasilien

FSC steht für „Forest Stewardship Council“ und ist ein Zertifikat für eine verantwortungsvollere Waldbewirtschaftung. Festgelegte Standards, die sich an den Prinzipien der Nachhaltigkeit orientieren und länderspezifisch konkretisiert werden, sollen die Auswirkungen des Holzeinschlages auf das Ökosystem Wald verringern.

Eine der größten Bedrohungen stellen dabei Forstwege und Straßen dar, welche in den Wäldern angelegt werden, um das Holz abzutransportieren. Diese Zugänge ermöglichen es Wilderern überhaupt erst, in bislang abgeschiedene Regionen zu gelangen.

Eine FSC-Zertifizierung ist freiwillig – und ihr Nutzen auch immer wieder umstritten

Eine in Nordwestrussland durchgeführte Studie kam 2019 zu dem Ergebnis, dass auch unter FSC gemanagte Holzernteflächen nicht vor Kahlschlägen geschützt waren. Ursächlich lag es in den untersuchten borealen Wäldern daran, dass wichtige Maßnahmen der Zertifizierungsvorgaben nicht konsequent umgesetzt wurden.

Dr. Susanne Winter, Programmleiterin Wald beim WWF Deutschland, forderte infolgedessen dringend eine strengere Einhaltung der Kriterien, um die Glaubwürdigkeit und den Impact des FSC-Zertifikates zu bewahren. Aufgrund der aktuellen politischen Situation in Russland können FSC wie der WWF dort nicht mehr tätig sein.

Gute Nachrichten aus Westafrika: FSC-Zertifizierung spielt dort eine nachweisbar gute Rolle

Biomonitoring Mitarbeiterin Marlyse Bebeguewa überprüft eine Kamerafalle in Lobéké © WWF
Biomonitoring Mitarbeiterin Marlyse Bebeguewa überprüft eine Kamerafalle in Lobéké © WWF

Im Fachjournal Nature ist im April 2024 eine Studie der Universität Utrecht mit Unterstützung des WWF und der Wildlife Conservation Society erschienen, die für tropische Wälder Hoffnung macht. Das Forschungsteam um Dr. Joeri Zwerts untersuchte im Zeitraum von 2018 bis 2021 in Gabun und der Republik Kongo sieben Wälder mit FSC-Zertifizierung und sieben vergleichbare, mit konventioneller Konzession bewirtschaftete Wälder.

Die Daten wurden mithilfe von 474 Kamerafallen, unterstützt durch den WWF Deutschland, gewonnen, welche systematisch in den zu vergleichenden Wäldern verteilt wurden. Jede Kamera hatte eine Sichtweite von mindestens vier Metern, um möglichst heterogene Eindrücke des Umfeldes aufnehmen zu können. Zu jedem Standort notierte das Forschungsteam spezifische Eigenschaften wie etwa vorhandene Wildwechsel, Fruchtbäume und Wasserstellen sowie die Entfernung zur nächsten Straße und Siedlung. Ebenfalls ausgewertet wurden Anzeichen für Wilderei in einem Radius von 500 Metern rund um die Kameras wie etwa Patronenhülsen, Fallen oder Hinweise auf ein Camp. Insgesamt sammelte das Forschungsteam fast 1,3 Millionen Fotos in den 14 untersuchten Wäldern.

Population der Großsäuger und gefährdeten Arten um ein Vielfaches höher

Waldelefant im Kongo-Becken © WWF / Jaap van der Waarde
Waldelefant im Kongo-Becken © WWF / Jaap van der Waarde

„Eine grundsätzliche Schwierigkeit bei derartigen Studien ist es, tatsächlich vergleichbare Wälder zu definieren, da, neben ihrer Beschaffenheit, nicht nur die aktuelle Konzession mit oder ohne FSC berücksichtigt werden muss, sondern auch ihre Geschichte und bisherige Wirtschaftsweise“, erklärt WWF-Waldexpertin Dr. Susanne Winter. Abgesehen von diesem grundsätzlichen Problem sei die vorliegende Wirkungsanalyse von FSC in Gabun und der Republik Kongo methodisch gründlich aufgebaut und durchgeführt – und die Ergebnisse dadurch umso erfreulicher.

Bei der Auswertung des Bildmaterials zählte das Forschungsteam um Dr. Joeri Zwerts insgesamt 55 Säugetierarten; Reptilien und Vögel wurden in der Studie außer Acht gelassen. In Wäldern mit FSC-Zertifizierung war die Anzahl der Säuger um das Anderthalbfache höher.

Noch deutlicher wird der Unterschied bei der Analyse der Ergebnisse nach Gewichtsklassen: Während bei Kleinsäugern wie Eichhörnchen, Ratten und Mäuse kaum ein Unterschied zwischen konventionell und mit FSC-Zertifizierung bewirtschafteten Wäldern festzustellen ist, zeigen sich die mit Auflagen bewirtschafteten Wälder als besserer Lebensraum: wahre Zufluchtsorte für Großsäuger, darunter Leoparden, Waldelefanten, Flachlandgorillas und andere gefährdete Arten. Je größer die Tiere, desto größer auch der Unterschied zum Vorkommen in den nicht nach FSC-Kriterien gemanagten Wäldern.

FSC-Management erschwert Wilderei und schützt dadurch Biodiversität

Und damit nicht genug: Insbesondere die Anzahl der kritisch vom Aussterben bedrohten und der gefährdeten Großsäuger ist in den untersuchten FSC-Wäldern um das 2,3- beziehungsweise 1,4-fache höher. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entdeckten bei ihren Auswertungen des Bildmaterials mehr Wildtierspuren in den FSC-Wäldern und zugleich weniger Hinweise auf Jagdaktivitäten.

Der Fokus der Datenerhebung lag nicht auf den Maßnahmen der Konzessionsinhaber und ihren Auswirkungen auf die Biodiversität. Fest steht jedoch, dass in FSC-zertifizierten Wäldern eine Vielzahl an Maßnahmen für ein nachhaltiges Management ergriffen wird. So wird beispielsweise der Bedrohung durch illegale Jagd in den erschlossenen Wäldern Rechnung getragen, indem nicht mehr genutzte Holzfällerstraßen wieder versperrt und durch Kontrollen der Transport von Fallen, Waffen und erlegten Tieren erschwert oder verhindert wird. Gleichzeitig verbessern die Unternehmen die Lebensbedingungen der Waldarbeiter:innen, ihrer Familien und Communities, wodurch diese Zugang zu alternativen Lebensmitteln, auch Fleisch, haben, und nicht mehr auf illegale Jagd angewiesen sind.

Und so zeigt die Studie für die untersuchten tropischen Wälder in Gabun und der Republik Kongo einen deutlichen Zusammenhang zwischen FSC-Management, reduziertem Jagddruck und erhöhter Biodiversität. Das höhere Vorkommen von Großsäugern wiederum wirkt sich auf die Balance des gesamten Ökosystems Wald aus. Ein weiterer positiver Aspekt: Weil weniger Buschfleich, also durch Wilderei gewonnenes Fleisch von Wildtieren, verzehrt wird, sinkt auch die Wahrscheinlichkeit der Übertragung von zoonotischen Krankheitserregern.

Abschließend wagen die Forscherinnen und Forscher einen Vergleich mit Daten zur Biodiversität, die in geschützten Wäldern erhoben wurden. Rund 21 Prozent der tropischen Wälder Zentralafrikas stehen unter Schutz, doch sie beheimaten nur einen Bruchteil der Großsäuger, da ihr Flächenanteil und ihre Kontrollmöglichkeiten häufig zu klein sind. Viele, auch gefährdete, Tierarten leben in Waldgebieten, in denen Holz gefällt wird. Und während es nur begrenzte Ressourcen gibt, um Schutzgebiete effektiv zu kontrollieren und dort illegale Jagd zu verhindern, besteht in FSC zertifizierten Waldgebieten durchaus die Möglichkeit dazu.

Und so sieht das Forschungsteam in den positiven Ergebnissen seiner Studie sogar das Potenzial für weitere aktive Schutzmaßnahmen in FSC-gemanagten Wäldern und dadurch noch mehr Biodiversitätserhalt.

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