Sand ist weltweit Mangelware. Die Nachfrage nach den feinen Körnern ist durch etwa 200 Nutzungsmöglichkeiten in unterschiedlichsten Branchen hoch.

Wie Sand am Meer ist eine Redensart, die eigentlich beschreibt, wenn etwas im Überfluss vorhanden ist. Doch das alte Bibelzitat verliert seine Bedeutung, denn der begehrte Rohstoff Sand wird allmählich knapp.

Kaum ein Stoff wird in so großen Mengen nachgefragt: Rund 50 Milliarden Tonnen werden weltweit jedes Jahr benötigt. Somit ist Sand global tatsächlich nach Süßwasser der meistverbrauchte Rohstoff. Vor allem durch den Bauboom in Asien ist die Nachfrage in den vergangenen Jahren geradezu explodiert und steigt weiter.

Die fein zerriebenen Kiesel finden sich längst nicht nur auf Spielplätzen und Beachvolleyballfeldern, sondern auch als Zutat in Glas und Solaranlagen, in Elektronikbauteilen und selbst in Zahnpasta.

Zwei Drittel landen auf dem Bau

Sandverarbeitung © GettyImages
Sandverarbeitung © GettyImages

Sand besteht aus zerriebenem Stein, am Meer teils auch aus Muscheln und Korallen. Rund 200 Nutzungsmöglichkeiten gibt es für das Sediment. Die größte Menge, etwa zwei Drittel, landet aber nicht in Kosmetika oder Computerchips, sondern auf dem Bau. Sie wird für die Betonherstellung oder die Aufschüttung von Land benötigt.

Sand ist nicht gleich Sand. Inhaltsstoffe und Korngröße sind entscheidend. Wüstensand eignet sich zum Beispiel nicht für die Betonherstellung, weil der Wind die Körner zu rund geschliffen hat. Durch die runden Sandkörner verliert der Baustoff an Haftung, und ein Bauwerk aus Wüstensand-Beton würde schnell zusammenbrechen.

Auch zur Landgewinnung ist Wüstensand ungeeignet. Deshalb musste der Wüstenstaat Dubai den Sand für seine gewaltigen Wolkenkratzer und seine künstlichen Inseln aus Australien importieren. Ähnlich sieht die Situation in Singapur aus: Der Stadtstaat hat seine Landesfläche in den vergangenen Jahrzehnten Stück für Stück durch Aufschüttungen um 20 Prozent erweitert. Das Material wurde zum Großteil aus dem Ausland eingeführt.

Sand aus dem Meer und aus Flüssen

Da die Wüste als Rohstofflieferant ausfällt, greift man vor allem auf Sandvorräte aus dem Meer und aus Flüssen zurück. Doch das bleibt nicht ohne Folgen. Immer wieder rutschen Strände ab, denn der Abbau führt häufig zu Stranderosionen. An Flüssen kommt es zu Erdrutschen.

Vor allem für die Küsten ist das gefährlich. In Indonesien wurden ganze Inseln vom Meer verschlungen. Selbst großen Flussdeltas droht der Untergang, weil die Flüsse nicht mehr genug Sedimente aus den Bergen transportieren, um das abgebaggerte Material zu ersetzen. In Vietnam arbeitet der WWF mit der Regierung und dem Bausektor zu nachhaltigem Sandmanagement zusammen, um das Sinken des Mekong-Deltas aufzuhalten.

Exportstopp für Sand

Sandstrand © GettyImages
Sandstrand © GettyImages

Viele Länder stoppen inzwischen den Export von Sand: Kambodscha, Vietnam und Indonesien haben die Ausfuhr von betonfähigem Sand verboten, Malaysia den Export von Meeressand, der zur Landauffüllung verwendet wird, China und Indien den Export von Silica-Sanden.

Gleichzeitig blüht der illegale Handel mit dem begehrten Baustoff auf. In Jamaika wurden über Nacht 400 Meter Strand weggebaggert. Kein Einzelfall: Auch in anderen Ländern hat die Sand-Mafia das Dealen mit dem immer begehrteren Rohstoff für sich entdeckt. Die Jagd auf die Sandvorräte der Welt hat längst begonnen.

Auch in Deutschland ist Sand heiß begehrt

Sand ist nicht nur in Asien Mangelware. Auch bei uns ist die Nachfrage aufgrund des anhaltenden Baubooms nach wie vor hoch. Für ein Einfamilienhaus benötigt man etwa 200 Tonnen Sand. Da der Transport über weite Strecken zu teuer ist, setzt man hierzulande immerhin meist auf einheimische Sand- und Kiesgruben, aber vielerorts sind die Vorräte erschöpft und selbst Naturschutzgebiete geraten ins Blickfeld der Abbauunternehmen.

Um der Sandknappheit zu begegnen würde es helfen, verstärkt alternative Baustoffe, wie Lehm oder Holz einzusetzen. Baustoffrecycling kann Teil einer Kreislaufwirtschaft sein; und Sanieren ist besser als neu zu bauen. 

Angesichts der nach wie vor gewaltigen Bodenversiegelung sollte ohnehin das eine oder andere Bauprojekt auf den Prüfstand. Für die Konstruktion eines Kilometers Autobahn benötigt man ungefähr 30.000 Tonnen Sand. Auch das könnte ein Argument sein, das zeigt, dass es sinnvoll ist, beim Bauen auf die Bremse zu treten.

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