Mit Blick auf die Lage der Wälder war dieser Entwurf recht zahm. Doch er reichte schon aus, um den konservativen Teil der Waldbesitzer:innen-Lobby auf die Palme zu bringen. Unter Druck geraten und ohne ausreichend Rückhalt in der Koalition musste Minister Cem Özdemir zurückrudern, und aus der Reform wurde ein Reförmchen. Statt einem ganz neuen Gesetz präsentierte sein Ministerium Anfang November die Fortschreibung des alten Gesetzes mit punktuellen Änderungen. Doch auch gegen die abgespeckte Variante machten die Lobbyist:innen mobil. Und hatten dabei die FDP auf ihrer Seite. Mit der Gesetzesnovellierung drohe ihrer Klientel Bürokratie, Planwirtschaft, Gängelei, gar Ruin und Enteignung, so das Lamento.
Von Enteignungen war selbstverständlich weder im ersten noch im zweiten Entwurf des neuen Waldgesetzes die Rede. Der polemisch gebrauchte Begriff verweist aber auf ein ernstes Problem: Offensichtlich akzeptieren einige Privatwaldbesitzende grundsätzlich nicht, dass ihnen irgendjemand ins Business hineinredet. Aber wie soll das gehen? Darf das Parlament etwa nicht über die Rahmenbedingungen entscheiden, die für ein Drittel der gesamten Landesfläche gelten? Soll die Zukunft der Wälder gar nicht gesetzlich gesichert werden – und damit auch ihr Beitrag zum Klima- und Biodiversitätsschutz und ihre Ökosystemleistungen wie etwa der Trinkwasserschutz? Darf es möglich sein, dass die Eigentümer:innen riesiger Flächen fast keiner Sozial- oder Ökologiepflicht unterliegen, obwohl der Schutz des Waldes eine Schlüsselfunktion für unsere Zukunft hat?