Sie verlieren ihren Lebensraum, ihre Nahrungsquellen, werden gejagt und vertrieben. In den vergangenen Jahrzehnten hat der Mensch wesentlich zum Verschwinden vieler Tierarten beigetragen. Die kürzlich erschienene 13. Ausgabe des WWF Living Planet Report zeigt, dass die Wirbeltierbestände seit 1970 um mehr als zwei Drittel gesunken sind. Doch endlich gibt es gute Nachrichten ...

Dass sich die harte Arbeit von Naturschützer:innen lohnt, zeigt eine Studie der Newcastle University und Birdlife International: Seit 1993 sind weltweit bis zu 32 Vogel- und 16 Säugetierarten vor dem Aussterben bewahrt worden. Viele von ihnen sind zwar immer noch stark bedroht und könnten weiterhin aussterben, doch ohne die Naturschutzmaßnahmen wäre die Aussterberate um das Drei- bis Vierfache höher ausgefallen.

Großer Erfolg für die Nashörner

Das Sumatra-Nashorn © Gert Polet / WWF Indonesien
Das Sumatra-Nashorn © Gert Polet / WWF Indonesien

Zu den vorerst geretteten Arten gehört beispielsweise das Sumatra-Nashorn (Dicerorhinus sumatrensis), die kleinste der weltweit fünf Nashornarten. Der verstärkte Einsatz gegen die Wilderei und für den Schutz und die Überwachung ihrer Lebensräume konnte das Aussterben der letzten etwa 100 wildlebenden Sumatra-Nashörner verhindern.

Ebenso hat das Java-Nashorn (Rhinoceros sondaicus) den Untersuchungszeitraum überlebt. Die letzten Individuen sind jedoch nur noch an der Westspitze der indonesischen Insel Java zu finden. Erfahren Sie hier, was der WWF zum Schutz der Nashörner macht.

Wiedersehen mit alten Bekannten

Flugstunden für die Waldrappjungen © Waldrappteam / LIFE Northern Bald Ibis
Flugstunden für die Waldrappjungen © Waldrappteam / LIFE Northern Bald Ibis

Auch der Waldrapp (Geronticus eremita) gehört zu den geretteten Spezies. Erstreckte sich das Verbreitungsgebiet des Vogels einst von Mitteleuropa bis Nord- und Ostafrika sowie Südwestasien, so gab es im letzten Jahrhundert wahrscheinlich nur noch eine einzige wildlebende Waldrappenpopulation in Marokko. Seit einigen Jahren werden die Tiere in verschiedenen Regionen wieder angesiedelt.

Besonders in Deutschland freut man sich über das Wiedersehen mit dem Vogel, der zu den seltensten der Welt gehört. Im Rahmen eines einzigartigen Projekts bringen ambitionierte Tierschützer:innen den Tieren das natürliche Zugverhalten bei. Per Ultraleichtflugzeug werden die Waldrappen so oft zu ihren Überwinterungsgebieten geleitet, bis sie es selbstständig können. Der Waldrapp galt bis 2017 als weltweit vom Aussterben bedroht – im Jahr 2018 wurde er auf „stark gefährdet“ heruntergestuft.

Positive Bilanz für Affen und Pferde

Goldenes Löwenäffchen © David Lawson / WWF-UK
Goldenes Löwenäffchen © David Lawson / WWF-UK

Die Bestände der Goldenen Löwenäffchen (Leontopithecus rosalia) sind ebenfalls angestiegen. Anfang der 1990er Jahre wurden gerade einmal 270 wildlebende Tiere gezählt, die in 14 verschiedenen Wäldern lebten. Aktuell zählt die Gesamtpopulation 3.700 Goldene Löwenäffchen in freier Wildbahn. 2003 wurde die als „vom Aussterben bedroht“ geltende Art sogar auf „stark gefährdet" zurückgestuft. Die Zuchtarbeit von Zoos hat einen wesentlichen Teil zu diesem Erfolg beigetragen: Über 200 in Gefangenschaft geborene Goldene Löwenäffchen konnten seit 1993 ausgewildert und in die Freiheit entlassen werden.

Auch die Zahl der Przewalski-Wildpferde (Equus ferus przewalskii) konnte auf ein besseres Niveau gebracht werden. Sie galten als aus der freien Wildbahn verschwunden, bis man ein einziges überlebendes Tier in der Wildnis sichtete. Durch Wiederansiedlungsprojekte gibt es nun wieder Wildpopulationen: Einige hundert Exemplare galoppieren heute durch die grasbewachsenen Steppen der Mongolei. Przewalski-Wildpferde gelten jedoch noch immer als „stark gefährdet“. Neben der kleinen Populationsgröße macht ihnen auch das stark eingegrenzte Verbreitungsgebiet zu schaffen.

Rettung rund um den Globus

Das natürliche Verbreitungsgebiet der 32 Vogelarten, deren Aussterben verhindert werden konnte, befindet sich in insgesamt 25 Ländern, darunter:

  • Neuseeland: 6 Arten
  • Brasilien: 5 Arten
  • Mexiko: 3 Arten

Die 16 identifizierten Säugetierarten stammen aus 23 Ländern. Zu ihnen gehören:

  • China: 5 Arten
  • Vietnam: 3 Arten
  • USA: 3 Arten
  • Australien: 2 Arten

Eine Wahrscheinlichkeitsrechnung

Um adäquate Aussagen darüber zu treffen, inwieweit eine Art durch Schutzmaßnahmen überlebt hat, werteten die Wissenschaftler:innen große Datenmengen aus. Neben den Bestandszahlen und Populationsentwicklungen der jeweiligen Tierarten gehörten dazu auch die aktuellen Schutzmaßnahmen sowie bedrohende Faktoren.

Für die 32 identifizierten Vogelarten beispielsweise stellen invasive Arten die größte Gefahr dar, gefolgt von Lebensraumverlust durch Landwirtschaft und Aquakultur sowie die Jagd. Bei den 16 identifizierten Säugetierarten sind es dieselben Bedrohungsfaktoren. Allerdings ist für sie die Jagd am bedrohlichsten, gefolgt von Landwirtschaft und Aquakultur sowie invasive Arten.

Anhand der Daten und mithilfe eines mathematischen Modells konnten die Wissenschaftler:innen ableiten, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Spezies ausgestorben wäre, wenn keine Maßnahmen ergriffen worden wären.

Die erfolgreichsten Schutzmaßnahmen

Während Säugetiere vor allem durch eine Verbesserung der Gesetzeslage – etwa zum Handel mit Wildtieren –, durch Wiederansiedlungs- und Nachzuchtprojekte gerettet werden konnten, waren es bei den Vögeln tendenziell andere Faktoren. 63 Prozent der erfassten Vogelarten überlebten, da sie in Zoos oder anderen Institutionen nachgezüchtet wurden, 59 Prozent wiederum durch Naturschutzmaßnahmen in ihrem Verbreitungsgebiet. 66 Prozent der Vogelarten profitierten davon, dass invasive Spezies bekämpft wurden.

Die Liste bedrohter Tierarten war noch nie so lang

Obwohl diese Neuigkeiten positiv sind und hoffen lassen, sind sie auch ein Aufruf zum Handeln. Denn nicht immer kommen Hilfsmaßnahmen rechtzeitig – und laut der Roten Liste der IUCN sind derzeit 3.265 Tiere vom Aussterben bedroht.

Wenn wir die Artenvielfaltskrise stoppen wollen, müssen wir künftige Maßnahmen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt konsequent ausweiten. Denn die Studie zeigt: Wir können verhindern, dass Tierarten für immer verschwinden – und den Negativtrend wieder in die richtige Richtung lenken.

Artensterben Schwarz-Rot-Gold

Das größte Aussterben seit Ende der Dinosaurierzeit macht auch vor Deutschland nicht halt. „Knapp ein Drittel der Säugetiere in Deutschland ist in seinem Bestand gefährdet. Viele Bestände haben sich in den vergangenen Jahren verschlechtert.“, erklärt Dr. Arnulf Köhncke, Leiter Artenschutz beim WWF Deutschland. Das sind Ergebnisse der neuen Roten Liste der Säugetiere, die das Bundesamt für Naturschutz (BfN) im Oktober 2020 gemeinsam mit dem Rote-Liste-Zentrum (RLZ) vorgestellt hat.

Hoffnungsvoll stimmt allerdings, dass gerade bei Tierarten, die im Fokus von Natur- und Artenschutzprojekten stehen, der Bestandstrend nach oben weist. Wildkatze, Fischotter, Atlantische Kegelrobbe und Wolf geht es wieder besser. Das zeigt: Langfristiger Einsatz zahlt sich aus.

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