Vom 31. Oktober bis zum 12. November 2021 fand in Glasgow die 26. UN-Klimakonferenz, international bekannt als COP26 statt. Nach einer Corona-bedingten Pause sollte diese Konferenz etwas Besonderes sein. Doch die Ergebnisse waren ernüchternd.

Bei den Klimakonferenzen wollen die teilnehmenden Länder den weltweiten Klimaschutz vorantreiben und vulnerable Länder bei der Anpassung an die Erderhitzung und im Kampf gegen die Klimakrise unterstützen. Einmal jährlich treffen sich die Mitglieder des Klimarahmenabkommens (UNFCCC), doch aufgrund der Corona-Pandemie wurde die 26. Konferenz von 2020 auf 2021 verschoben, deswegen trafen sich Regierungsoberhäupter, Verhandler:innen, Expert:innen und Vertreter:innen der Zivilgesellschaft erst im November 2021 – zur COP26 in Glasgow.

Es gibt viel zu tun

Im Vorfeld der COP26 hatte das UNFCCC seinen NDC Synthesis Report veröffentlicht. Darin bewertet es die eingereichten „Nationally Determined Contributions“ (NDCs), also die nationalen Klimabeiträge der Vertragsstaaten des Pariser Abkommens. 

Das Ergebnis dieses Berichts ist eindeutig: Die internationale Staatengemeinschaft ist noch weit davon entfernt, ihre Ziele zur Begrenzung der Erderhitzung zu erreichen. Zwar gibt es wichtige Fortschritte, wie zum Beispiel, dass 70 Länder bis Mitte des Jahrhunderts Klimaneutralität erreichen wollen – doch diese Fortschritte reichen längst nicht aus. Selbst wenn alle Staaten die Ziele ihrer bisher eingereichten NDCs erreichen, bedeutet dies einen Anstieg der globalen Treibhausgasemissionen im Jahr 2030 um 16 Prozent im Vergleich zu 2010.

Warum ist das so problematisch?

Dürre © Global Warming Images / WWF
Dürre © Global Warming Images / WWF

So ein Emissionsanstieg wäre Anlass zu großer Sorge; das verdeutlichen die Erkenntnisse aus der Wissenschaft: Der Bericht des Weltklimarats (IPCC) vom August 2021 hat nochmal die Dringlichkeit von schnellem, effektivem Handeln deutlich gemacht.

Schon jetzt sind die Veränderungen, die der Mensch im Klimasystem verursacht, beispiellos. Steigende Temperaturen und Treibhausgaskonzentrationen verursachen Extremwetter und gefährden unsere Lebensgrundlage. Der Weltklimarat betont aber auch: Noch haben wir Handlungsspielraum. Wir müssen jetzt alles tun, um die Erderhitzung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen. Deswegen machen die Entscheidungen, die wir jetzt treffen, einen großen Unterschied und jedes Zehntelgrad zählt.

COP26 mit ernüchterndem Ergebnis

Es gab also viel zu tun für die Verhandler:innen auf der COP26 und jede Menge Themen auf der Tagesordnung. Doch die Verhandlungen am eigentlichen Vertragswerk des Paris-Abkommens, bei dem die letzten offenen Punkte geklärt werden sollten, verliefen in Glasgow zäh. Nach einer Verlängerung knallte es am Samstag, 13. November 2021, schließlich: Die Verhandlungen waren abgeschlossen. Und viele Delegierte und Beobachtende mussten sich erst einmal sammeln – ist das, was beschlossen wurde, nun gut oder schlecht? Die klare Antwort: beides.

Zum ersten Mal in der Geschichte der Konferenzen ging aus der Abschlusserklärung viel Druck auf die Kohle aus. Kohle ist die größte einzelne Quelle für klimaschädliche CO2-Emissionen. Die Staaten haben sich darauf geeinigt, dass Kohleverstromung schnell zurückgefahren werden muss. Aber dann kam gleich das „Schlechte“: In letzter Minute wurde der Text verwässert und aus „phase-out“ für Kohle wurde ein „phase-down“. Trotzdem, das Signal war wichtig – besonders mit dem Blick auf die damals anstehenden Koalitionsverhandlungen in Deutschland, bei denen es auch um einen beschleunigten Kohleausstieg bis 2030 geht und ein Ende umweltschädlicher Subventionen unter anderem in fossile Energien.

„Die Staaten haben ein Signal gesetzt, dass die Ära der fossilen Brennstoffe beendet werden muss. Es ist erstaunlich, dass es dafür 26 Klimakonferenzen gebraucht hat, obwohl völlig klar ist, dass fossile Energien die Haupttreiber der Klimakrise sind.“

Viviane Raddatz, Leiterin Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland

Die wichtigsten Ankündigungen

  • Für einige Furore sorgte gleich zu Beginn der Konferenz ein Pakt zum Schutz der Wälder. Darin bekannten sich viele Länder – und darunter auch waldreiche Schwergewichte wie Brasilien und Indonesien – unter anderem dazu, die Entwaldung bis 2030 aufzuhalten bzw. umzukehren. Außerdem wurden mehrere Milliarden Dollar zugesagt, um Wälder zu schützen und aufzuforsten. Auch Deutschland trat dem Pakt bei und versprach Gelder.

    Was vielversprechend klang, hatte nur leider gleich mehrere Abers. Zum einen ruderte Indonesien tags darauf wieder zurück und nannte es falsch, dass von einem vollständigen Entwaldungsstopp die Rede sei. Zum anderen sind die Zusagen nur so viel wert wie die Umsetzung – und bei der sah es in der Vergangenheit schlecht aus. Denn schon 2014 wurde mit der New York Declaration on Forests beschlossen, die Entwaldung bis 2020 zu stoppen. Seitdem sind die Entwaldungsraten aber jährlich gestiegen
     
  • Eine Überraschung kam von einem ungewöhnlichen Bündnis: Die USA und China, zuletzt nicht unbedingt in den Schlagzeilen für ihre tiefe Freundschaft, bekannten sich in einem gemeinsamen Statement zu dem Ziel, die Erderhitzung auf 1,5 Grad begrenzen und diesbezüglich stärker zusammenarbeiten zu wollen. Das glich einem kleinen Paukenschlag. China und die USA sind die zwei weltgrößten Emittenten, mit jeweils 27 und 11 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen. Für die Verhandlungen war das auf jeden Fall ein positives und wichtiges Signal. Aber auch hier gilt der Fokus nun der Umsetzung. China nämlich ist noch längst nicht auf einem Paris-kompatiblen Pfad: Es sieht erst für 2030 vor, eine wirkliche Trendumkehr hin zum Sinken der Emissionen zu erreichen, und soll erst 2060 kohlendioxidneutral sein (was nicht treibhausgasneutral ist). Und Joe Biden muss zuhause kämpfen, seine Pläne für saubere Energie auch durch die Reihen der Republikaner zu bringen.
     
  • Apropos Schwergewichte unter den Verursachern von Treibhausgasen (allerdings sicher nicht pro-Kopf): Indien, mit fünf Prozent der drittgrößte Emittent der Welt, hatte sich auf der COP zum ersten Mal ein Datum zum Erreichen der Klimaneutralität gesetzt. 2070 soll es soweit sein. 2030 sollen 50 Prozent des Energiebedarfs aus Erneuerbaren stammen. Ein wichtiges Zeichen, da Indien bislang als einer der wenigen Staaten kein konkretes Ziel für die Klimaneutralität genannt hatte.
     
  • Speziell um Kohle und Fossile drehten sich gleich mehrere Erklärungen und Allianzen – verständlicherweise, sind fossile Energien doch die Klimasünder schlechthin. So unterzeichneten mehrere Länder, darunter auch Deutschland, ein Statement, dass bis 2022 das Ende der Unterstützung für fossile Projekte im Ausland vorsieht. Aber es gibt Ausnahmen, etwa für Gasanlagen, die künftig mit grünem Wasserstoff betrieben werden. Deutschland fördert vor allem noch über die KfW Gasprojekte in anderen Ländern.

    Daneben kündigte Deutschland gemeinsam mit anderen Staaten wie den USA eine Partnerschaft mit Südafrika für den Kohleausstieg an. Südafrika steht bei den Kohleländern auf Platz sechs weltweit und deckt seinen Strombedarf zu 90 Prozent aus der Verbrennung der extrem klimaschädlichen Kohle. Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die USA wollen vor allem finanziell dabei helfen, Südafrika auf saubere Erneuerbare umzulenken.

    Eine Reihe weiterer Länder kündigte an, aus der Kohle aussteigen zu wollen, unter anderem Indonesien, Südkorea und Vietnam. Auch Polen hatte sich erst dazu bekannt, ruderte später aber wieder zurück. Die Ankündigungen lassen relativ viel Spielraum, wann es mit dem Ende der Kohle soweit sein soll.

    Nicht zuletzt gab es mit der „Beyond Coal and Gas Alliance“ (BOGA) einen weiteren Push, von den Fossilen abzukehren. Den Anstoß gaben Costa Rica und Dänemark, kurz vor Ende der COP schlossen sich unter anderem Frankreich, Irland und Schweden an. BOGA will Länder und Kommunen zusammenbringen, die sich unter anderem dazu verpflichten, Öl und Gas nicht länger zu fördern. Deutschland sollte sich unter der neuen Regierung diesem wichtigen Bündnis ebenfalls anschließen.

Senkung des Methanausstoßes, Verbrennungsmotoren und Anpassungsfinanzierung

  • Ein starkes Zeichen setzte eine Initiative zur Begrenzung des Methanausstoßes, angestoßen von der EU und den USA, der sich mehr als 100 Staaten anschlossen. Das Ziel ist, Methanemissionen bis 2030 um mindestens 30 Prozent im Vergleich zu 2020 zu senken.

    Methan entsteht vor allem in der Landwirtschaft und der Öl- und Gasproduktion und ist extrem klimaschädlich – klimaschädlicher als CO2, aber weniger langlebig. Daher ist es wichtig, so schnell wie möglich viel Methan einzusparen, um schnelle Effekte beim Klimaschutz zu sehen. Einige wichtige Staaten wie Russland, Indien und China fehlten in der Initiative aber.
     
  • Bei einer weiteren Ankündigung fiel das Fehlen Deutschlands leider besonders auf: Eine Vielzahl an Staaten, Unternehmen und Organisationen kündigte an, das Ende des Verbrennermotors zu beschleunigen. In führenden Märkten soll 2035 Schluss sein, weltweit bis 2040.

    Deutschland aber unterzeichnete die Erklärung nicht, Berichten zufolge, weil eine Fußnote quasi die Nutzung von E-Fuels in Verbrennungsmotoren ausschließt. Eine sinnvolle Ergänzung, da E-Fuels im Pkw-Bereich die weitaus ineffizientere Lösung sind als die direkte Elektrifizierung. Allerdings habe es dagegen Widerstand beim geschäftsführenden Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) gegeben.
     
  • Zusagen gab es am Rande der eigentlichen Verhandlungen auch beim Thema Geld. Deutschland stockte unter anderem den Fonds für die Anpassung an die Klimakrise auf. Laut Umweltministerium trägt Deutschland damit nun rund zwei Milliarden Euro pro Jahr zur internationalen Anpassungsfinanzierung bei. Als einer der Hauptverursacher der Klimakrise müsste Deutschland aber noch viel mehr leisten. Nach wie vor besteht eine hohe Diskrepanz zwischen den finanziellen Mitteln, die nötig wären, um die ärmsten und am stärksten von der Erderhitzung betroffenen Länder zu unterstützen, und dem, was gezahlt wird. Das Versprechen der Industriestaaten, bis 2020 jährlich 100 Milliarden Euro für die Klimafinanzierung bereitzustellen, wurde auch in Glasgow nicht eingehalten.
  • Dürreperiode in Myanmar © Minzayar Oo / WWF USA IPCC Sonderbericht zur Klimaerwärmung

    Sonderbericht des UN-Klimarats zu den Folgen einer 1,5 Grad Klimaerwärmung. Weiterlesen ...