2020 sollte eigentlich das „Superjahr“ für nachhaltige Produktion sein. Viele Unternehmen und Regierungen hatten angekündigt und sich verpflichtet, Entwaldung aus ihren Lieferketten und aus Importen zu verbannen. Die Realität aber sieht anders aus. Im Bereich Palmöl, dessen Produktion einer der Haupttreiber für Entwaldung ist, wurden große Versprechungen gemacht, umgesetzt wurde allerdings viel zu wenig.

Seit mittlerweile über einem Jahrzehnt fordert der WWF gemeinsam mit anderen, dass Palmöl-Produktion und Konsum ökologisch und sozial verträglich erfolgen muss und Käufer in Deutschland und weltweit Verantwortung übernehmen müssen für ihre Lieferketten. Die erste Palmöl-Scorecard 2009, also eine Rangliste, wie nachhaltig ein Unternehmen mit dem Thema Palmöl umgeht, zeigte jedoch: Zertifiziertes Palmöl war nicht sehr weit verbreitet. Heute, mehr als 10 Jahre später, gibt es zwar Fortschritte, aber noch immer bleiben Unternehmen weltweit drastisch hinter ihren Versprechungen zurück. Viele setzen nicht um, was notwendig wäre, um den vom Palmöl-Anbau verursachten Schäden an Wäldern und natürlichen Ökosystemen der Welt entgegenzuwirken.

Palmöl-Check: Die Bilanz ist ernüchternd

Palmnüsse © Audra Melton / WWF USA
Palmnüsse © Audra Melton / WWF USA

Für die Palmöl-Scorecard 2021 wurden weltweit 227 große Einzelhändler, Hersteller und Unternehmen des Gastgewerbes aus 24 Ländern befragt. Die Bilanz ist ernüchternd: Trotz zahlreicher Zusagen der großen Markenhersteller und Supermarktketten, bis 2020 Naturzerstörung aus ihren Palmöl-Lieferketten zu beseitigen, hält sich die große Mehrheit nicht an ihre Versprechungen.

Die Hälfte aller Befragten nutzt außerdem immer noch nicht zu 100 Prozent RSPO-zertifiziertes Palmöl, obwohl es seit Jahren verfügbar ist. Die Scorecard zeigt auch, dass sich eine große Zahl von Unternehmen weiterhin jeglicher Verantwortung und Rechenschaftspflicht entzieht: Mehr als ein Drittel (85) der 227 vom WWF angesprochenen Unternehmen hat keinerlei Informationen über ihre Palmöl-Nutzung und ihre Nachhaltigkeitsbemühungen zur Verfügung gestellt.

Einige wenige treiben den Wandel voran

Ölpalmen-Plantage, Sabah, Borneo, © WWF
Ölpalmen-Plantage, Sabah, Borneo, © WWF

Kein Unternehmen hat die volle Punktzahl erreicht, bei der Beschaffung von zertifiziertem Palmöl sind jedoch einige besser aufgestellt und treiben so den Wandel voran. An der Spitze der diesjährigen Bewertung steht Coop Schweiz (22,4) – das einzige Unternehmen, das mehr als 22 von 24 Punkten erreicht hat.

Andere Unternehmen an der Spitze sind Ferrero (21,7) und IKEA (21,6). Die besten deutschen Unternehmen sind Kaufland (20,5) und die Beiersdorf AG (20,2). Beiersdorf ist seit der letzten Bewertung im Jahr 2020 in der Rangliste aufgestiegen und zeigt, dass rasche Verbesserungen möglich sind. Und auch Rewe findet sich als weiteres deutsches Unternehmen unter den Top 13, in der besten Kategorie „Leading the way“.

„Ohne Palmöl“ – oft vor allem ein Werbeslogan

Immer wieder stellen wir fest, dass Unternehmen den Zusatz „ohne Palmöl“ auf einzelnen Produkten für Werbezwecke nutzen, insgesamt in ihrer Produktion ihrer Verantwortung aber nicht nachkommen. Ein Beispiel ist hier Mondelez, für ihren Milka- Brotaufstrich „ohne Palmöl“ wurden sie als besonders im Netz gefeiert. Ein genauer Blick auf den Rest der Produkte zeigt, dass sie in diesen aber insgesamt über 300.000 Tonnen Palmöl verarbeiten.

Ein Großteil des von Mondelez verwendeten Palmöls (mehr als 94,9 Prozent) ist nur B&C-zertifiziert, als nur über Zertifikate abgedeckt. Nur knapp 2 % sind tatsächlich physisch zertifiziert in den Produkten. Ob also in Keksen und Co. Abholzung steckt, ist nicht nachvollziehbar. Rund zwei Prozent des verwendeten sind gar nicht zertifiziert. Entsprechend liegt das Unternehmen mit 12,2 von 24 Punkten in der Rangliste als „Middle oft he Pack“ weit hinter dem Konkurrenten Ferrero (21,7). Da ist viel Potential nach oben.

Zusätzliches Engagement noch selten

In der Palmöl-Scorecard werden auch Maßnahmen bewertet, die über die eigene Lieferketten hinaus gehen. Dazu gehören Investitionen in Projekte vor Ort, die der Natur und/oder den Kleinbauern zugutekommen. Das Ergebnis ist ernüchternd: Nur vier von zehn Unternehmen zeigen ein derartiges Engagement. Nach einem Jahrzehnt der Untätigkeit vieler Unternehmen müssen die anderen hier unbedingt nachziehen.

Wir brauchen strengere Vorgaben

Sojafarm Palmares in Brasilien © David Bebber / WWF UK
Sojafarm Palmares in Brasilien © David Bebber / WWF UK

Die hohen, aber dringend notwendigen Ziele für einen Stopp der Entwaldung und saubere Palmöl-Lieferketten wurden massiv verfehlt. Die vergangenen zehn Jahre haben gezeigt: Freiwillige Selbstverpflichtungen der Industrie reichen nicht aus, um die riesigen Probleme in der Palmöl-Lieferkette zu bewältigen.

Es muss dringend ein ökologischer, ökonomischer und sozialer Kurswechsel vollzogen werden. Nicht nur der Palmöl-Anbau muss sich ändern, sondern auch unser Konsumverhalten.

Alle Details zum Abschneiden der einzelnen Unternehmen, die genaue Beschreibung der Methode und vieles mehr sind hier in der Palmöl-Scorcard (in Englisch) zu finden.

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