Sie gehören zu den faszinierendsten Organismen und wichtigsten Ökosystemen unseres Planeten: Korallen. Die globale Erwärmung der Weltmeere bedroht Korallenriffe jedoch zunehmend. Neue Daten aus Australien zeigen, dass die vierte globale Massenbleiche an der Westküste Australiens vorher noch nie dagewesene Ausmaße annimmt, während das Great Barrier Reef mit hohen Sterblichkeitsraten aufgrund der immer noch andauernden Massenbleiche im vergangenen Jahr Schlagzeilen macht.

Korallenriffe werden aufgrund ihrer enormen Artenvielfalt oft mit Regenwäldern verglichen. Unzählige Fische, Schnecken, Krebse und Muscheln finden in ihnen Nahrung und Schutz. Insgesamt ist etwa ein Viertel aller bekannter Meeresarten von Korallenriffen abhängig, obwohl diese weniger als 0,2 Prozent des Meeresbodens bedecken.

Auch für Menschen übernehmen Korallenriffe wichtige Funktionen: Über eine halbe Milliarde Menschen erhalten Essen, Einkommen oder Schutz durch sie, zum Beispiel durch Fischerei und Tourismus. Als Wellenbrecher schützen Korallen Küsten vor Überschwemmungen und Erosionen.

Steigende Meerestemperaturen

Korallenriff vor Fidschi © Cat Holloway / WWF
Korallenriff vor Fidschi © Cat Holloway / WWF

Der Klimawandel stellt die größte Gefahr für die Korallenriffe dar. 2024 war das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, erstmals wurden die 1,5 Grad Celsius Erderwärmung überschritten. Nicht nur die Luft, auch die durchschnittliche globale Meeresoberflächentemperatur klettert immer weiter in nie gekannte Höhen. Daten, die von der US-amerikanischen National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) gesammelt wurden, belegen dies. Insbesondere in den tropischen Meeren hat sich ein immenser Hitzestress aufgebaut.

Vierte globale Bleiche und ihre Folgen

Dieser Hitzestress blieb nicht ohne Folgen. Bereits im Jahr 2023 wurden in der Karibik Korallenbleichen beobachtet. In deren Folge kam es in Florida, Puerto Rico und Mexiko zu hohen Sterberaten wichtiger Korallenarten, sodass viele Riffe heute nur noch einen geringen Korallenbestand aufweisen.

Auch am Great Barrier Reef in Australien kam es 2024 zu einer der stärksten bisher dagewesenen Massenbleichen. Nun liegen im August 2025 neue erschütternde Daten des Australischen Instituts für Meereswissenschaften vor. Als Folge der vierten globalen Massenbleiche 2024 kam es vor den Küsten Australiens zu einem starken Rückgang der Korallen.

Präzedenzfall für die Folgen der Klimakrise

Korallenbleiche bei Heron Island vor Australien © A. Lawson / HIRS UQ
Korallenbleiche bei Heron Island vor Australien © A. Lawson / HIRS UQ

Das Great Barrier Reef hat sich zum traurigen Präzedenzfall für die Auswirkungen des Klimawandels auf Korallenriffe auf der ganzen Welt entwickelt. Trotz verhältnismäßig gutem Management sind die Auswirkungen des Klimawandels auf das Riff nicht mehr zu leugnen.

Das Weltnaturerbe wird in drei Teile eingeteilt: den nördlichen Teil, den zentralen Teil und den südlichen Teil. Im nördlichen Teil ist ein Viertel der Korallen innerhalb eines Jahres verschwunden. Im zentralen Teil fiel der Rückgang mit rund 14 Prozent vergleichsweise gering aus. Im südlichen Teil dagegen kam es zu einem Verlust von fast einem Drittel der Korallen. Dies sind die stärksten jährlichen Rückgänge seit Beginn der Erhebungen vor 40 Jahren.

Vorher und Nachher: Korallenbleiche bei Lizard Island am Great Barrier Reef 2016
Vorher und Nachher: Korallenbleiche bei Lizard Island am Great Barrier Reef 2016 © Ocean Image Bank / The Ocean Agency

Wieso bleichen Korallen durch Hitze aus?

Korallen leben in einer engen und für sie überlebenswichtigen Symbiose mit kleinen Algen zusammen. Diese Algen leben in den Korallen und versorgen sie mit Nährstoffen. Doch bei starker Hitze funktioniert diese lebenswichtige Symbiose mit den Algen nicht mehr. Bei zu hohen Temperaturen oder zu starker Sonneneinstrahlung stoßen Korallen die Algen ab, da sie anfangen, giftige Stoffe zu produzieren.

Die Meerestiere verlieren auf diese Weise wichtige Nährstoffe und ihre Farbe. Die Korallenriffe bleichen aus und werden verwundbar. Hält der Zustand länger an, verhungern sie und sterben ab. Erkennbar ist das daran, dass andere Algen auf ihnen wachsen.

Fortschreitende Massenbleiche an der Westküste

Korallenbleiche am Great Barrier Reef in Australien 2024
Korallenbleiche am Great Barrier Reef in Australien 2024 © theundertow.ocean / diversforclimate

Während am Great Barrier Reef an Australiens Ostküste schon die toten Korallen gezählt werden, nimmt die Massenbleiche im Westen Australiens weiter ihren Lauf. Auch hier kam es nun zur flächendeckendsten und intensivsten Korallenbleiche, die in dieser Region bisher aufgezeichnet wurde. Das Australische Institut für Meereswissenschaften hat hierzu Daten erhoben und veröffentlicht: Ein Gebiet von 1.500 Kilometern Länge sei schwer geschädigt. Auch das weltberühmte Ningaloo-Riff ist davon betroffen, obwohl es von vorherigen Bleichen größtenteils verschont blieb.

Zur Einschätzung des Ausmaßes verwenden Fachleute den Indikator „Degree Heating Weeks“ (DHW). Dieser gibt an, wie stark und wie lange die Wassertemperatur über dem Durchschnittswert lag.

Ein Wert von 8 DHW gilt als kritisch, da ab diesem Niveau viele Korallen ausbleichen und empfindliche Arten absterben können. Bei 20 DHW wird mit einer Mortalität von etwa 80 Prozent gerechnet. Im Westen Australiens lag der Wert bei mehr als 15 DHW, in Teilen der Pilbara-Region sogar bei 30. Das Ausmaß der Folgen wird sich erst in den nächsten Monaten vollumfänglich zeigen. Aufgrund der Stärke der Bleiche ist aber auch im Westen Australiens mit verheerenden Folgen zu rechnen.

Die weltweite Korallenbleiche kommt einem Flächenbrand unter Wasser gleich. Leider bekommt dieser weitaus weniger Aufmerksamkeit als große Waldbrände an Land. Die Auswirkungen sind aber genauso gravierend, so Laura Puk, Expertin beim WWF für Korallen und Mangroven.

„Das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens muss dringend eingehalten werden! Tun wir das nicht, verlieren wir nicht nur eines der wichtigsten und artenreichsten Ökosysteme, sondern die Lebensgrundlage von Millionen von Menschen.”

Dr. Laura Puk, Expertin für Korallen und Mangroven beim WWF Deutschland

Komplexe Gefährdungslage

Neben den Hitzewellen setzen den Korallen auch ein hoher Nährstoffeintrag, Überfischung, die zunehmende Ozeanversauerung und Prädatoren zu. Auch diese Gefahren nehmen zu. Durch den Nährstoffeintrag, zum Beispiel aus der Landwirtschaft, können Algenarten vermehrt wachsen, welche mit den Korallen um Platz konkurrieren und ihnen das nötige Licht zur Photosynthese ihrer symbiotischen Algen nehmen. Überfischung vor allem von algenfressenden Fischen verstärkt diesen Effekt.

Die Versauerung der Ozeane durch im Wasser gelöstes CO2 führt dazu, dass die strukturbildenden Hartkorallen schlechter Skelette und damit die Struktur des Korallenriffs bauen können. Ausbrüche von Fressfeinden, wie zum Beispiel dem Dornenkronenseestern tragen ebenso zum Verlust von Korallen bei.

All diese Gefährdungen führen dazu, dass Korallen sensibler auf die Temperaturerhöhungen des Klimawandels reagieren.

  • Korallenbleiche © Juergen Freund Der bleiche Tod – Korallenriffe vor dem Untergang

    Laura Puk ist im WWF Podcast zu Gast und berichtet, wie es um die Korallenriffe steht, was passieren muss, um sie zu retten und warum es manchmal Sinn ergeben kann, beim Schnorcheln eine Zahnbürste mitzunehmen. Zum Podcast

Maßnahmen für den Schutz von Korallen

Hier liegt das Potential für lokalen Naturschutz. Adressiert man die Überfischung, verringert den Eintrag von Nährstoffen und bekämpft die Fressfeinde von Korallen, gibt man ihnen eine bessere Chance, sich von der Bleiche zu erholen.

Zudem gibt es Wiederherstellungsmaßnahmen, bei denen gezielt resilientere Korallenarten vermehrt und an degradierten Riffen wieder ausgepflanzt werden. All diese Maßnahmen helfen dabei, den Riffen Zeit zu kaufen, um sich Stück für Stück an den Klimawandel anzupassen.

Temperaturen über dem Durchschnittswert

Trotz allem ist die Adressierung des immer weiter fortschreitenden Klimawandels essenziell, um Korallenriffen eine Zukunft zu ermöglichen.

Expert:innen befürchten, dass in den kommenden zwei Jahrzehnten bis zu 90 Prozent aller Riffe absterben könnten, wenn nichts dagegen getan wird. Der Weltklimarat IPCC warnt: Selbst bei einer Erwärmung von nur 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau wird ein Großteil der tropischen Korallenriffe sterben, bei 2 Grad Celsius könnten sogar 99 Prozent endgültig verschwinden.

„Das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens muss also dringend eingehalten werden, um zumindest Teilen der Korallenriffen eine Chance zu geben“, betont Dr. Laura Puk, „Tun wir das nicht, verlieren wir nicht nur eines der wichtigsten und artenreichsten Ökosysteme, sondern die Lebensgrundlage von Millionen von Menschen.“

Forderungen des WWF

Klimastreik am 20.09.2019 in Berlin
Klimastreik in Berlin © Alexander Paul Brandes

Die Kehrtwende muss daher jetzt erfolgen. Weltweit müssen Regierungen alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um wirkungsvolle Maßnahmen für den Klima- und Umweltschutz umzusetzen. Auch Deutschland muss seinen Beitrag zur Begrenzung der Erderhitzung auf möglichst 1,5 Grad leisten.

Zurzeit deutet sich ein Umschwung der deutschen Politik in Sachen Klimawandel an; und der Anteil Deutschlands an der globalen Erwärmung wird heruntergespielt. Doch das Gegenteil ist der Fall. Deutschland ist eines der Länder, die pro Kopf am meisten CO2 ausstoßen und damit ganz besonders in der Verantwortung liegt, seinen Teil für das Überleben der weltweit wichtigen Korallenriffe zu tun.  

Der WWF fordert daher nachdrücklich eine massive Tempoerhöhung beim Klimaschutz, beim Ausbau der erneuerbaren Energien und dem Ausstieg aus fossilen Energieträgern. Zudem muss mehr getan werden, um lokale negative Einwirkungen auf Korallenriffe zu verringern: Schutz der verbleibenden Korallenriffe, denen aufgrund ihrer Lage eine besondere Stellung zum Erhalt des Ökosystems zukommt, Verringerung des Nährstoffeintrags aus der Landwirtschaft und effektives Prädatorenmanagement. Diese Maßnahmen kaufen den Korallenriffen Zeit und können ihnen eine Chance zum Überleben geben – solange der Klimawandel adressiert wird.

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Weitere Informationen und Downloads

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