04.03.2019: Der WWF Deutschland arbeitet weltweit für den Schutz der Natur und der Menschen vor Ort, die auf die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen angewiesen sind.

Christoph Heinrich © Daniel Seiffert / WWF
Christoph Heinrich © Daniel Seiffert / WWF

Dabei sind wir an einigen der schwierigsten und gefährlichsten Orte im Einsatz: in Bürgerkriegs- und Krisenregionen oder in Staaten mit schwieriger Menschenrechtslage, die unserem eigenen Verständnis von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entgegenstehen. Die Arbeit in solchen Regionen stellt den WWF vor besondere Herausforderungen. Dennoch werden wir Mensch und Natur in Krisengebieten nicht alleine lassen.

Unsere Arbeit ist in vielen Staaten der Welt nur möglich, wenn wir bereit sind, mit staatlichen Stellen, wie etwa Nationalparkverwaltungen, Naturschutzbehörden, Justiz und Polizei oder gar der Armee zusammenzuarbeiten.

Ein Ausweg aus diesem Konflikt wäre, sich aus Regionen mit undemokratischen Regierungen und mit Menschenrechtsverletzungen komplett zurückzuziehen und die Arbeit vor Ort einzustellen. Die Folgen wären jedoch nicht nur für die Natur verheerend, sondern auch für die Menschen vor Ort und die lokalen Gemeinschaften, mit denen wir eng zusammenarbeiten und deren Überleben und Wohl vom Erhalt ihrer Heimat abhängt. Das Einstellen unserer Arbeit könnte dazu beitragen, kriminellen Banden und mafiösen Wildererstrukturen freie Bahn für den Raubbau an der Natur zu bieten.

Wir müssen auch in Krisengebieten Mensch und Natur schützen

Der Weg, den wir seit Jahrzehnten wählen und auch grundsätzlich weiterhin wählen werden, ist, dass wir unsere Arbeit in Krisenregionen nicht einstellen. Wir können die Natur und die Menschen vor Ort nicht alleine lassen. Doch für uns als Richtschnur gilt, dass wir keine Zusammenarbeit suchen, wo erkennbare oder erwartbare Menschenrechtsverletzungen zu befürchten sind. Zudem versuchen wir stets, durch unseren Einfluss auf eine Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit hinzuwirken. So haben wir beispielsweise in Dzanga-Sangha in der Zentralafrikanischen Republik und im Salonga Nationalpark in der Demokratischen Republik Kongo Leitfäden zu Menschenrechtsausbildungen der Wildhüter erstellt. Dort, wo es wenig Unterstützung für die Menschenrechte der Minderheiten, wie in Dzanga-Sangha gibt, haben wir z.B. geholfen, ein Menschenrechtszentrum mit Rechtsberatung für die Indigenen zu etablieren.

Wie kann Naturschutzarbeit in Krisengebieten gelingen?

BaAka © Michel Gunther / WWF
BaAka © Michel Gunther / WWF

Da der WWF das staatliche Gewaltmonopol nicht ersetzen kann und will, müssen wir in den Schutzgebieten mit der Nationalparkverwaltung zusammenarbeiten. Oft ist diese völlig unterbesetzt, schlecht bis gar nicht ausgestattet, mit ungewissen Gehaltszahlungen, manchmal sind Individuen korrupt, manchmal auch in kriminelle Machenschaften verwickelt. Das kann man bemängeln, aber die völlige Abwesenheit von staatlicher Rechtspflege ist weitaus schlimmer als ungenügende staatliche Rechtspflege. Anarchie liefert Menschen und Natur kriminellen Banden, Warlords oder schlicht dem am besten Bezahlenden aus. Insofern ist jedes noch so bescheidene Funktionieren der staatlichen Gewalt besser als deren Ausfall. Wir können im Interesse der Wildtiere und auch der Menschen die Gegenwehr nicht aussetzen. Dabei bleibt uns keine Wahl: Wir müssen bei der Durchsetzung von Recht und Gesetz auf die einzige Instanz setzen, die dafür legitimiert ist: den Staat. Selbst wenn dieser nicht unseren Standards von Rechtsstaatlichkeit entspricht.

Auf diesen Säulen müssen wir dann unsere Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen aufbauen. Wilderei wurde in vielen afrikanischen Ländern von Teilen der Regierung nicht ernsthaft verfolgt. Dort, wo die Regierung einen Willen fasste, der Wilderei Einhalt zu gebieten, hat sich der Justizapparat schwer getan, diese Delikte auch zu verfolgen. In Kamerun zum Beispiel werden selten die Auftraggeber von Wilderei verurteilt und inhaftierte Elfenbein-Wilderer werden aufgrund von Interventionen durch Politiker wieder freigelassen. Staatsanwälten und Richtern fehlt das Wissen, das Problem- und Rechtsbewusstsein. Hier haben wir in einigen Ost- und Zentralafrikanischen Ländern durch Schulungen nachgeholfen. In unseren zentralafrikanischen Projektgebieten waren wir mit dem Problem konfrontiert, dass inhaftierte Wilderer durch Korruption nach kurzer Zeit wieder freigesetzt wurden – und Rache nahmen.


Zusätzlich werden wir in den kommenden Wochen und Monaten den intensiven Austausch mit diversen Partnern suchen, darunter indigene Völker und lokale Gemeinschaften, Sozial-, Naturschutz- und Umwelt-NGOs, Regierungen und Entwicklungsorganisationen. Wir möchten den am stärksten betroffenen Menschen und Gemeinschaften zuhören und sicherstellen, dass sie aktiv an der Gestaltung und Umsetzung lokaler Projekte beteiligt sind. 


Der WWF wird über die Ergebnisse dieser Gespräche berichten, ebenso wie über den weiteren Verlauf der angestrengten Untersuchungen und Maßnahmen, die wir zum Schutz der Menschenrechte ergreifen.

Wer einen Einblick in die Institutionen und Apparate undemokratischer Systeme gewinnt, kann leicht verzweifeln. Zu schwierig scheint der Kampf gegen kriminelle Wilderer-Banden und den Raubbau an der Natur, der von korrupten Institutionen gedeckt wird. Doch genau in diesen schwierigen Regionen müssen wir aktiv bleiben, auch wenn das oftmals eine Gratwanderung für uns darstellt. Wir dürfen beim Abwehrkampf der Wilderei und Umweltzerstörung nicht selbst zu Tätern werden. Deshalb hat für uns und unsere Mitarbeiter die Achtung der Menschenrechte oberste Priorität. Wo wir Kenntnis von Menschenrechtsverletzungen erhalten, müssen wir das adressieren und dazu beitragen, Abhilfe zu schaffen.

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