Die Wälder Afrikas verdienen eine ganz eigene Betrachtung: Ihre Vielfalt, ihre Bedeutung für die einheimischen Tierarten, die Menschen und auch das Klima sind einmalig auf der Welt – die Schäden durch vergangene Ausbeutung und der lange Weg, diese wieder zu beheben, ebenso. Wir blicken auf den Kontinent der Wälder und insbesondere nach Ostafrika, einem der WWF-Hotspots beim Waldschutz weltweit und stellen die Projekte der Region vor.

Ein internationales Forschungsnetzwerk hat diesen Sommer in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht, dass die tropischen Bergwälder Afrikas in ihrer oberirdischen Biomasse mehr Kohlenstoff pro Hektar speichern als alle anderen tropischen Wälder der Erde. Bisher hat der Weltklimarat IPCC diese Kapazität erheblich geringer veranschlagt. Zu diesem wichtigen Mengenaspekten kommt noch der qualitative Wert der Bergwälder. Vor allem die einmalige Vielfalt von Waldtypen im Kontext von Bergen, Savannen und Küsten macht Afrikas Naturräume so bedeutend: Allein das afrikanische Waldland, Miombo, bedeckt rund fünf Millionen Quadratkilometer und versorgt mehr als 100 Millionen Menschen mit Nahrung, Brennholz, Baumaterial, Medizin und Wasser. Der Bedeutung des Kontinents entsprechend engagiert der WWF sich in Afrika in drei Großregionen jeweils mit einer Reihe von Projekten: im Kongobecken, im Netzwerk der Schutzgebiete von Kavango-Zambesi sowie in Ostafrika.

Giraffe im National-Park in Zentral-Kenia. © WWF-US / James Morgan
Das Kongo-Becken beherbergt mehr als 400 Säugetierarten. Viele Arten leben ausschließlich in dieser Region. © WWF-US / James Morgan

Über 10.000 Pflanzenarten, viele davon endemisch

Im Kongobecken wachsen nach Amazonien die zweitgrößten zusammenhängenden Regenwälder der Erde. Sie erstrecken sich über eine Fläche von etwa 1,7 Millionen Quadratkilometern, fünfmal größer als Deutschland. Über 400 Säugetierarten leben dort, mehr als 1.000 Vogelspezies und wahrscheinlich über 10.000 Pflanzenarten. Viele dieser Arten sind endemisch, leben also weltweit ausschließlich in dieser Region.

Zum Vergleich: In Deutschland gibt es 98 Säugetierarten, 245 Brutvögel und rund 4.105 Gefäßpflanzenarten mit geringerer Anzahl endemischer Arten. Zu den größten Gefahren für diesen Lebensraum gehört die übermäßige Ausbeutung natürlicher Ressourcen aus wirtschaftlichen Interessen sowie die wachsende Bevölkerung verbunden mit zunehmender Subsistenzlandwirtschaft, weshalb der WWF Deutschland das Management von Schutzgebieten und deren Randgebiete unterstützt. 

Luftaufnahme der Bekalikali "bai“ im Salonga-Nationalpark. © Karine Aigner / WWF-US
Wälder und Tiere sind – nicht nur – im Kongo-Becken eng miteinander verbunden. Die Waldlichtung Bekalikali "bai“ im Salonga-Nationalpark wurde angeblich von Elefanten angelegt und genutzt. Im Gegensatz zu vielen anderen wird diese Bai angeblich immer noch von Elefanten frequentiert. © Karine Aigner / WWF-US

Neben Nebelwäldern und Gebirgen findet man im Kongobecken insbesondere Tiefland-Regenwälder im Einzugsgebiet des Kongo-Stroms. Den Wäldern kommt als Kohlendioxid-Speicher eine wichtige Rolle zur Stabilisierung des globalen Klimas zu. Unter anderem sind dort die dem Menschen nah verwandten Affen beheimatet: Bonobos, Schimpansen, Gorillas. Auch beim Schutz der Menschenaffen konzentriert der WWF sich auf die Entwicklung, den Aufbau und das Management von Schutzgebieten, zudem auf Monitoring und in Teilen auf nachhaltigen Tourismus. Zwei Aspekte sind dabei wichtig: Erstens gilt es, die Menschenrechte der indigenen Bevölkerung zu wahren. Zweitens sollen diese Gemeinschaften die Randgebiete der Schutzgebiete nachhaltig nutzen. Dafür investiert der WWF in viele Naturlandschaften: finanziell, personell, durch Equipment sowie durch die Bereitstellung seiner langjährigen Expertise im Arten- und Naturschutz.

Das größte Netzwerk der Welt

Ganz anders ist das Erscheinungsbild der Savannen, Feuchtgebiete und Wälder zwischen Angola, Botswana, Namibia, Sambia und Simbabwe. Dort befindet sich Kavango-Zambesi, kurz KAZA: Das mit Abstand größte terrestrische grenzüberschreitende Schutzgebiets-Netzwerk der Erde umfasst rund 520.000 Quadratkilometer. Ökologische Korridore verbinden 36 Schutzgebiete miteinander, inklusive Nationalparks, Wildtierreservaten und Gemeindeschutzgebieten. Der WWF setzt sich in KAZA unter unter anderem für nachhaltige Landwirtschaft ein. Ziel ist es, dass dort weniger Waldflächen umgewandelt – sprich: gerodet – werden und somit wichtige Korridore für Wildtiere und insbesondere Elefanten erhalten bleiben. 

Elefanten durchqueren den Chobe-Fluss zwischen Namibia und Botswana. © Patrick Bentley / WWF-US
In KAZA lebt die größte Population afrikanischer Elefanten. © Patrick Bentley / WWF-US

In KAZA lebt die größte Population afrikanischer Elefanten, die Hälfte in den gut geschützten Gebieten Botswanas, wo jedoch der Platz für sie knapp wird. Über die Korridore können sie in die Gebiete Sambias und Angolas wandern, wo noch genügend Raum für sie vorhanden ist. Auch die gefährdeten Spitzmaulnashörner finden in KAZA Schutz. Sie prägen ihren Lebensraum – und damit das dortige Ökosystem – maßgeblich, indem sie Wasserlöcher und Savannenflächen offenhalten. Breitmaulnashörner beißen zudem das Gras teilweise so nah am Boden ab, dass dadurch Schneisen entstehen, über die ein Feuer nicht übersetzen kann. So schaffen sie sichere Orte für Arten, die einem Feuer nicht durch Weglaufen entkommen können, etwa Schildkröten. In den Savannen leben zudem Geparde und Löwen, beide Arten sind akut bedroht und auf Rückzugsorte in KAZA angewiesen. Die Bevölkerung profitiert vom Schutz der Tierwelt nicht zuletzt dadurch, dass jedes Jahr viele Touristen in das Gebiet kommen.

Großflächige Bodenerosion nach Waldzerstörung am Bogoria-See in Kenia. © Brent Stirton / Getty Images
Die Zerstörung der Wälder in Ostafrika hat viele Gründe. Am Bogoria-See in Kenia bildet eine großflächige Erosion ein bis zu sechs Meter tiefes Rinnensystem. Ursache ist die Abholzung und Überweidung durch Ziegen und andere Nutztiere. Das führt zu einem Absinken des Grundwasserspiegels und damit zum Austrocknen von Bächen und Sümpfen. © Brent Stirton / Getty Images

Ostafrika: enorme Vielfalt und viel zu tun

Einige der ökologisch wichtigsten Waldlandschaften der Welt – mit zahllosen, oft endemischen Arten – befinden sich in Ostafrika. Manche zählen zu den global ältesten Wäldern oder sind die wichtigsten Wasser- und Kohlenstoffspeicher ihrer Region. Neben seinen Küstenregenwäldern und Savannen liegt mit dem Kilimandscharo das höchste Bergmassiv und mit dem Victoriasee das größte Binnengewässer des Kontinents in Ostafrika. Die Nationalparks der unterschiedlichen ostafrikanischen Länder beheimaten eine immense Artenvielfalt. Wilderei sowie der Abbau von Bodenschätzen sind nur zwei der Treiber, welche diese Artenvielfalt bedrohen. 

Die Waldlandschaften sind allesamt massiv bedroht und oft nur noch auf einem Bruchteil ihrer ursprünglichen Ausdehnung zu finden, etwa in Kenia. Das Land hat die meisten seiner Wälder verloren. Weniger als acht Prozent der Landesfläche sind heute bewaldet. Steigende Bevölkerungszahlen forcieren die Entwaldung. Daraus resultiert wiederum eine steigende Nachfrage nach Brennholz. Nicht nachhaltige Landwirtschaft, unkontrollierter grenzüberschreitender Handel sowie große Investitionsvorhaben in Bergbau und Landwirtschaft verschärfen die Probleme.

Karte der teilnehmenden Länder an der AFR100 Initiative. © AFR100
Die African Forest Landscape Restoration Initiative (AFR100) wurde am Rande der UN-Klimakonferenz von Paris ins Leben gerufen. Ziel ist es, in einigen afrikanischen Ländern bis 2030 auf einer Fläche von 100 Mio. Hektar Bäume zu pflanzen. Der WWF ist seit November 2017 Partner der AFR100. © AFR100

100 Millionen Hektar Wald bis 2030

Der WWF hat den Schutz und die Wiederherstellung dieser Waldlandschaften im Rahmen der gemeinsamen African Forest Landscape Restoration Initiative (AFR 100) zu einem Programmschwerpunkt gemacht. Modellhaft sollen für alle wichtigen Waldtypen der Region großflächige Pilotprojekte zeigen, wie bestehende Wälder geschützt, nachhaltig genutzt, Degradation gestoppt und zerstörte Flächen restauriert werden können: von Mangroven über Trockenwälder bis zu Bergregenwäldern. Derzeit beteiligen sich 32 afrikanische Länder an der AFR-100-Initiative. Das große Ziel der verschiedenen afrikanischen Nationen lautet: 100 Millionen Hektar restaurierter und geschützter Waldlandschaften in ganz Afrika bis 2030.

Frauen beim Wässern von Setzlingen in der Kwale Aufzuchtstation in Shimba Hills. © Brent Stirton / Getty Images
Die Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung steht im Zentrum der WWF-Arbeit in der Provinz Kwale. Wälder und Menschen sollen gleichermaßen vom Waldschutz profitieren. © Brent Stirton / Getty Images

Da wertvolle Waldflächen durch Raubbau verlorengegangen sind, setzt der WWF sich für die Wiederherstellung von Wäldern und deren Aufforstung ein, etwa in Kwale County an der Südküste Kenias. Ganz oben auf der Liste: die Verbesserung der Waldbewirtschaftung, mehr Schutz und natürliche Regenerierung der Flächen. Der Landstrich ist geprägt von sandigen, trockenen Küstenwäldern und Mangroven an der Küste: knorrigen kleinen Bäumen und Sträuchern, die mit ihren langen Wurzeln im Salz- und Brackwasser tropischer Küsten wachsen. Der enorme Artenreichtum dort ist bedroht durch jahrelange Übernutzung. Die Küstenwälder wurden zerstört und zerstückelt: unter anderem durch Abholzung für Brennholz und Brandrodung für Ackerland.

Dieser Trend konnte mit einem Projekt der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) – einem zentralen Element der Klimafinanzierung – umgekehrt werden. Im Rahmen der UN-Klimarahmenkonvention und der Biodiversitätskonvention hat das Bundesumweltministerium das Förderprogramm IKI aufgelegt, über welches auch Projekte des WWF finanziert werden. Mehr als 120.000 einheimische Bäume haben Gemeindemitglieder in Kwale in den letzten Jahren mithilfe des WWF gepflanzt und sich damit ein Einkommen gesichert. Partizipative Waldbewirtschaftungspläne regeln den Schutz und die Nutzung der Wälder. 

Gnus vor dem Nachthimmel im Amboseli Nationalpark in Kenia. © @gregdutoit
Eine Herde Gnus vor dem Nachthimmel im Ambolesi-Nationalpark. Gemeindeschutzgebiete sollen es ihnen und anderen Tieren ermöglichen, in Einklang mit den Massai-Gemeinden zu leben. © @gregdutoit

Enorme Umwälzungen, die zur Bedrohung werden 

Auch rund um den Amboseli-Nationalpark im südlichen Kenia ist der WWF tätig. Dort leben Löwen, Elefanten, Giraffen, Zebras, Gnus, Gazellen, Geparde und Leoparden, Büffel und Krokodile, Hyänen und Afrikanische Wildhunde, kleinere Säugetiere und rund 600 Vogelarten. Doch in der Region finden Umwälzungen statt, die auch diese Artenvielfalt bedrohen. Grasland wird in Äcker umgewandelt oder von Rinderherden überweidet, Nahrung spendende Bäume werden gefällt. Auch Wilderei und Dürren gefährden die Tiere. 

Große Gemeindeflächen, die ursprünglich von den dort lebenden Massai gemeinschaftlich bewirtschaftet wurden, werden in Privatland umgewandelt. Neue Eigentümer stellen Zäune und andere Hindernisse auf, wodurch die Wanderrouten vieler Wildtiere blockiert werden. Durch intensive Viehhaltung und damit zusammenhängende Übernutzung erodiert der Boden. Auch die Wassernutzung wird zum Problem: Die Massai dürfen ihre wachsenden Rinderherden in schweren Dürrezeiten in den Nationalpark treiben – mit negativen Folgen für die Elefanten und andere Wildtiere, die ebenfalls von den Wasserstellen abhängig sind. 

Eine naturverträgliche Lösung, die sich ökonomisch rechnet 

Der WWF hat die Massai-Gemeinden mittlerweile für eine neue, naturverträgliche Lösung gewinnen können: Das Land wird wie geplant verteilt, doch nur an Menschen, die schon seit Längerem davon leben, vor allem Massai-Familien. Außerdem sollen sämtliche Landbesitzer einer Kooperative beitreten, die die Tradition der Gemeinschaftsnutzung fortführt. Um den Ausverkauf des Landes zu verhindern, darf ein Besitzer nur an die Kooperative oder deren Mitglieder verkaufen. So bleibt die Eigentümerzahl begrenzt, der Übernutzung des Landes wird vorgebeugt. Der WWF hilft den Besitzern dabei, festzulegen, wo Gemeinschaftsweiden ohne Zäune bestehen bleiben sollten und an welchen Stellen gesiedelt und Ackerbau betrieben werden kann. Zudem unterstützt er die Viehhalter in naturverträglicher Weidewirtschaft und besserer Vermarktung. Eine wichtige Rolle in diesem WWF-Programm spielen Gemeindeschutzgebiete. Obwohl die fünf Gemeinden um den Amboseli mit diesen Schutzgebieten einen großen Teil ihres Landes der Natur überlassen, können sie über verschiedene nachhaltige Tourismusansätze davon profitieren. 

Dieses vielfältige Engagement schafft eine Basis für bessere Perspektiven – für die Wälder wie für die Menschen auf dem afrikanischen Kontinent.