Was am Amazonas geschieht, hat Auswirkungen auf Wetter und Wasser, Böden und Klima weltweit. Auch hier in Deutschland. Ein Beitrag von WWF-Klimachefin Viviane Raddatz zur Klimakonferenz COP30.

Am Amazonas wurden riesige Waldgebiete unter Schutz gestellt © Ricardo Lisboa /WWF-US
Der Amazonas-Regenwald ist einzigartig und reich an Superlativen. © Ricardo Lisboa / WWF-US

Der Amazonas ist ein Hotspot für Artenvielfalt, für Klimaschutz und Klimakrise, für wirtschaftliche Interessen und für den Schutz traditioneller Kulturen. Genau hier, im Amazonasgebiet, findet die Weltklimakonferenz COP30 statt, in Belém, dem „Tor zum Amazonas“.

Das Klima steht bei der COP im Fokus. Aber auch der Schutz der Wälder ist ein zentrales Thema. Dabei gilt es, indigene und ökonomische Interessen zu berücksichtigen.

Dies geschieht vor dem Hintergrund zahlreicher globaler Herausforderungen. Multiple Krisen von anti-demokratischen Rollbacks bis hin zu bewaffneten Kriegen erschüttern unser Miteinander. Waldbrände vernichten ganze Regionen in Europa, aber auch den Amazonas. Im Jahr 2024 entsprach die durch Brände zerstörte Fläche etwa der Größe Italiens. Die Klimakrise begünstigt die Brände, diese wiederum verschärfen die Klimakrise.

Dialog als Chance

Ein großer Bagger für Braunkohle in einem Tagebau © Alexander Semenov / iStock / Getty Images
Ein großer Bagger für Braunkohle in einem Tagebau © Alexander Semenov / iStock / Getty Images

Die COP30 ist für uns trotz allem ein Grund für Optimismus. Andernorts wird Zusammenarbeit infrage gestellt, bei der COP kommt die Welt zusammen, um gemeinsam Antworten zu finden. Auseinandersetzungen sind dabei unvermeidlich, Kompromisse notwendig, doch die Möglichkeit zum Dialog ist eine Chance und ein deutliches Zeichen für den Multilateralismus, den Schutz unserer Lebensgrundlagen und eine lebenswerte Zukunft.

Primäres Ziel der COP30 muss sein, den weltweiten Ausstieg aus fossilen Energien voranzubringen. Die Nutzung fossiler Energien hat die Klimakrise maßgeblich verursacht und weiter verschlimmert. Bei der Klimakonferenz in Dubai wurde vor zwei Jahren erstmals eine historische Einigung auf die Abkehr von fossilen Energien erzielt. Dennoch schreiten sowohl der Abschied von den klima- und gesundheitsschädlichen fossilen Energien als auch der Ausbau erneuerbarer Energien und Elektrifizierung nicht schnell genug voran.

Auch die neue deutsche Bundesregierung hat bislang eher Rückschritte verkündet als Fortschritte umgesetzt. Die COP30 ist ihr erster internationaler Auftritt in der Klimadiplomatie. Wir fordern ein klares Bekenntnis zur multilateralen Zusammenarbeit und zum Klimaschutz ohne fossile Kompromisse. Es braucht starke politische Signale und einen Plan für eine gerechte Abkehr von Kohle, Öl und Gas.

Klimaschutz rechnet sich

Windräder am Wattenmeer © Hartmut Jungius / WWF
Förderung eneuerbarer Energien © Hartmut Jungius / WWF

Dazu gehören Investitionen in den internationalen Klimaschutz. Zwar hat die alte Regierung ihr Versprechen 2024 eingehalten und sechs Milliarden Euro bereitgestellt (nachdem sie das Ziel im Jahr zuvor verfehlt hatte). Die aktuellen Haushaltsplanungen der neuen Regierung lassen jedoch vermuten, dass gerade bei der Finanzierung zukunftsweisender Maßnahmen gespart werden soll.

Jeder Euro, den wir heute investieren, eröffnet neue Chancen. Wird dagegen an falscher Stelle gespart oder in fossile Energien investiert, steigen die Kosten für zukünftige Schadensbegrenzung erheblich. Die COP30 muss einen Rahmen schaffen, um globale Finanzströme auf das Pariser Klimaziel auszurichten. Das würde den Anreiz erhöhen, Mittel, die heute noch in fossile Energien fließen, in Zukunft für erschwingliche und saubere Mobilität und Energie einzusetzen.

Umso wichtiger ist es, das neue internationale Finanzierungsziel (New Collective Quantified Goal - NCQG), das im letzten Jahr in Baku verabschiedet wurde, in die Umsetzung zu bringen. Bei der COP30 sollten die Grundlagen geschaffen werden, damit ein Aktionsplan mit konkreten Zwischenschritten entstehen kann, um das Ziel von 1,3 Billionen US-Dollar bis 2035 zu erreichen, ohne die Schuldenlast des globalen Südens weiter zu erhöhen.

Fonds zum Schutz von Tropenwäldern

Abgeholzter Regenwald © Sonja Ritter / WWF Germany
Abgeholzter Regenwald © Sonja Ritter / WWF Germany

Aufmerksam verfolgt wird auf der COP30 der von Brasilien ins Leben gerufene Tropenwaldfonds Tropical Forest Forever Facility (TFFF). Die Grundidee: Länder und indigene Gemeinschaften, die tropische Wälder bewahren, bekommen Direktzahlungen aus dem Fonds, finanziert durch Renditen privater Investitionen. So entstehen wirtschaftliche Anreize für den Waldschutz.

Die gemeinsame Zielhöhe aus öffentlichem Kapital und privaten Investitionen liegt bei 125 Milliarden US-Dollar. Daraus könnten Länder, deren Wälder von dem Fonds erfasst sind, laut Rechnung Brasiliens jährlich vier Dollar pro Hektar Tropenwald erwirtschaften. Bedingung ist, dass diese Länder ihre Abholzungsraten auf ein Minimum beschränken. Halten sie sich nicht daran, werden die Zahlungen ausgesetzt.

Der Fonds wäre der erste weltweite Mechanismus, der den Erhalt intakter Tropenwälder finanziell belohnt – und damit auch zur Artenvielfalt und zum Klimaschutz beiträgt. Öffentlich mobilisierte Gelder dürfen dabei allerdings nicht weitere Klimafinanzierungen ersetzen oder schmälern. Auch andere wichtige Instrumente, wie die europäische Entwaldungsverordnung EUDR, darf der Fonds nicht in den Hintergrund drängen.

Klima- und Biodiversitätsschutz zusammen denken

Amazonas-Regenwald in Französisch-Guayana © Roger Leguen / WWF
Amazonas-Regenwald in Französisch-Guayana © Roger Leguen / WWF

Überhaupt sollten Natur- und Klimaschutz auf der COP und generell in der internationalen, bilateralen und auch nationalen Zusammenarbeit künftig viel stärker zusammengedacht werden. Der Schutz der Biodiversität und der Schutz unseres Klimas gehören zusammen. Der WWF fordert, Synergien zwischen Klima- und Biodiversitätsschutz gezielt zu adressieren und durch gemeinsame Arbeitsstränge in den COPs zu verstetigen. Das wäre auch dem Austragungsort angemessen: Im Amazonas zeigt sich die enge Verbindung von Klimakrise und Artenverlust besonders deutlich.

Als politischer, wirtschaftlicher und klimarelevanter Akteur ist die EU gefordert, auf der COP30 konkrete Fortschritte zu erzielen. Die nationalen Klimabeiträge (NDCs) sind das Herzstück des Pariser Klimaabkommens und sollen die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzen. Alle fünf Jahre müssen sie aktualisiert werden. Der Klimabeitrag der EU für 2035 ist aber leider hinter dem Notwendigen zurückgeblieben.

Sicherung unserer Zukunft

Amazonas-Fluss-Expedition 2021 © Gustavo Carrasco / WWF Peru
Amazonas-Fluss-Expedition 2021 © Gustavo Carrasco / WWF Peru

Politik, Wirtschaft und Gesellschaft müssen jetzt handeln, um die Folgen der Klimakrise zu verringern und die Chancen für eine nachhaltige Zukunft zu nutzen. Investitionen in Klima- und Naturschutz helfen nicht nur Menschen und der Natur, sondern sichern auch unsere Märkte und Lieferketten für die Zukunft.

Der Amazonas steht sinnbildlich für diese Zusammenhänge. Er wirkt weit über sein Gebiet hinaus und ist unsere grüne Lunge – auch für die EU und Deutschland. Was dort geschieht, betrifft unser Klima und unsere Ernährung. Wer den Amazonas schützt, schützt auch das eigene Zuhause. Wir sind Teil eines großen Ganzen, und die Entscheidungen der COP30 werden überall spürbar sein.

Autorin

Viviane Raddatz © Daniel Seiffert / WWF
Viviane Raddatz © Daniel Seiffert / WWF

Viviane Raddatz

Viviane Raddatz leitet seit 2021 den Klima- und Energiebereich beim WWF Deutschland und arbeitet intensiv zu klimafreundlichen Rahmenbedingungen seitens der Politik und der Transformation unserer Wirtschaft.

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