Waldbrände, Abholzung, Hochwasser, Dürre – der Druck auf den Amazonas wächst Jahr für Jahr. Die größte Bedrohung ist die rücksichtslose und meist illegale Zerstörung der Wälder für Viehweiden, Landwirtschaft (vor allem Sojaanbau), Bergbau oder zur Holzgewinnung. Hinzu kommen die Klimakrise, dramatische Wetterphänomene und die Folgen jahrelang verfehlter Politik, die den Amazonas immer näher an den Kollaps bringen.

Der Amazonas-Regenwald ist einzigartig und reich an Superlativen: Er ist der größte Regenwald der Erde, mehr als 40.000 Pflanzenarten gibt es hier, über 400 Säugetierarten, unzählige Vögel, Reptilien und Insekten – noch immer werden regelmäßig neue Arten entdeckt. Doch sie alle – und die Menschen, die hier leben – sind bedroht.

An dieser Stelle versuchen wir einen möglichst aktuellen Überblick über den Zustand des Amazonas-Regenwaldes zu geben. Bitte beachten Sie auch die aktuelle Tagespresse und abonnieren Sie den Newsletter des WWF Deutschland.

Der aktuelle Stand im Amazonas:

2025: Leichte Entwarnung – aber der Druck auf das Amazonasgebiet kommt von allen Seiten

Die jüngsten Daten des Nationalen Instituts für Raumforschung (INPE) geben Anlass zu einer leisen Hoffnung: Im Zeitraum zwischen August 2024 und Ende Juli 2025 ist die Entwaldungsrate im Amazonas um 11,08 Prozent gesunken. Das ist die niedrigste Rate seit elf Jahren. Dabei gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Amazonas-Bundesstaaten: Den größten Rückgang verzeichneten Roraima (- 37,39 Prozent), Rondônia (-33,61 Prozent), Acre (-27,62 Prozent) und Maranhão (-26,06 Prozent). In Mato Grosso als einzigem Bundesstaat stieg die Rate um 25,05 Prozent.

„Die Daten beweisen, dass sich die Wiederaufnahme der Pläne zur Bekämpfung der Entwaldung auszahlt“, sagt Alexandre Prado, Klimawandel-Experte bei WWF-Brasilien. „Und dass es möglich ist, wirtschaftliche Entwicklung und den Schutz der Biome miteinander zu verbinden.“

Seit 2023 ergreift Brasilien erneut Maßnahmen, um die beiden wichtigsten Biome des Landes, Amazonas und Cerrado, besser zu schützen. Allein durch die Wiederaufnahme des Aktionsplans zur Verhinderung und Kontrolle der Entwaldung in der Amazonasregion (Plano de Ação para Prevenção e Controle do Desmatamento na Amazônia – PPCDAm) wurden vier Gigatonnen CO₂-Emissionen eingespart. Dazu wurde unter anderem ein Bundessekretariat für Entwaldungskontrolle eingerichtet, Umweltauflagen verschärft und die Vollzugsmaßnahmen durch Behörden der Umweltkontrolle wieder aufgenommen, die zwischen 2018 und 2022 stark eingeschränkt worden waren.

Trotz der Fortschritte drohen auch Rückschläge hinsichtlich nachhaltiger Produktion und Landnutzung. Aktuell größte Bedrohung ist der Angriff auf das Soja-Moratorium, das 2006 zwischen Händlern, Produzentenverbänden und Umweltorganisationen vereinbart wurde. Seitdem darf nur noch Soja aus dem Amazonas-Biom gehandelt werden, das bereits auf vor 2008 gerodeten Flächen angebaut wurde – ein wirksames und international anerkanntes Instrument zur Senkung der Entwaldungsrate. Gesetzesinitiativen auf Bundes- wie auch Landesebene drohen nun, dieses Moratorium zu schwächen oder sogar aufzuheben.

Der Kampf um das Amazonasgebiet geht in die nächste und womöglich entscheidende Runde.

Waldbrände vernichten den Amazonas

Brandrodung für Sojaanbau im Cerrado © Andre Dib / WWF Brazil
Brandrodung für Sojaanbau im Cerrado © Andre Dib / WWF Brazil

Jahr für Jahr brennt es im Amazonas und leider zeigen die aktuellen Daten des INPE auch, dass sich die Bedrohungslage für die Amazonasregion dramatisch verschiebt: Waren 2022 Baumfällungen noch die Hauptursache (92 Prozent) für die Entwaldung – und konnten diese in den letzten Jahren durch strengere Gesetze und Kontrollen reduziert werden – so sind nun immer häufiger Waldbrände die Ursache (aktuell bereits 38 Prozent). Auslöser hierfür ist die Klimakrise und damit einhergehende Dürren und ausgetrockneten Böden. Und die Brände geraten immer weiter außer Kontrolle (siehe Reiter oben zum Jahr 2024).

  • Auch die prächtigen Papageien im Cerrado sind durch die Abholzung bedroht © imago images / Leonardo Merçon/ VWPics Der bedrohte Nachbar des Amazonas: Cerrado

    So wie das Amazonas-gebiet ist auch der Cerrado ein Hotspot der Lebensraumvernichtung. Brände und Entwaldung sorgen für bedrohliche Zustände. Weiterlesen...

Warum brennt der Amazonas?

Jedes Jahr aufs Neue werden die meisten Brände absichtlich gelegt, um Land für Aktivitäten wie Landwirtschaft und Viehzucht zu roden, aber auch um Holz zu gewinnen. „Im Amazonasgebiet sind Brände das letzte Stadium der Entwaldung. Sie stehen in engem Zusammenhang mit Landraub, Invasion und illegaler Besetzung von öffentlichem Land“, so Mariana Napolitano, wissenschaftliche Leiterin des WWF-Brasilien.

„Die Verantwortung für den Landraub liegt aber nicht nur in Brasilien, denn das auf den gerodeten Flächen produzierte Soja geht in den Export. Auch für unsere maßlose Fleischproduktion in Deutschland und Europa werden lebenswichtige Ökosysteme nach und nach vernichtet.“

Roberto Maldonado, Bereichsleitung Lateinamerika beim WWF Deutschland

Der Verlust des Amazonas bedroht Menschen weltweit

Weideflächengewinnung in Kolumbien © Luis Barreto WWF-UK
Weideflächengewinnung in Kolumbien © Luis Barreto WWF-UK

Die Umwandlung von Wald in Weideflächen ist eine ökologische Katastrophe, denn der Regenwald ist dann für immer zerstört. Selbst, wenn der Wald nicht ganz gerodet und abgebrannt wird, bleibt ein degradierter Wald zurück. Die abgebrannten Gebiete haben weniger große Bäume, eine leicht entflammbare, trockene Biomasse und sind sehr anfällig für Brände.

Die Brände im Amazonas haben unmittelbare Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt und sie wirken sich auch auf die Gesundheit der Bevölkerung in der Region aus. Doch nicht nur für die Region, sondern auch für die ganze Welt ist die Entwicklung gefährlich. „Der Amazonas kann eine solche Zerstörung nicht mehr verkraften“, warnt Edegar de Oliveira, Direktor für Naturschutz und Wiederherstellung beim WWF Brasilien. Der baldige Kipppunkt für das Weltklima droht.

  • Brände in Amazonien © Araquem Alcantara / WWF Brasilien Der Amazonas vor dem Kollaps: Höchste Zeit zu handeln

    Die Regenwälder des Amazonas brennen wie lange nicht mehr. Dahinter stecken Kalkül und das ganz große Geld. Mensch und Tier bleiben auf der Strecke – und das nicht nur in Südamerika. Weiterlesen...

Die Klimakrise bringt Extremwetter-Ereignisse

Rio Negro im Oktober 2023 © Jacqueline Lisboa / WWF Brazil
Rio Negro im Oktober 2023 © Jacqueline Lisboa / WWF Brazil

Schon jetzt zeigt sich, dass sich das Klima in der Amazonas-Region verändert. Angeheizt durch die weltweite Klimakrise, befeuert durch verheerende Brände und verstärkt durch das Wetterphänomen El Niño, das im Sommer 2023 begann und das Wetter am Amazonas verrückt spielen lässt.

Städte leiden unter extremen Wetterereignissen wie Dürren und Überschwemmungen, die auf Veränderungen des Klimas in der Region zurückzuführen sind. Beispielsweise ist es in den letzten Jahren und Jahrzehnten etwa durch die stärkere Erwärmung des atlantischen Ozeans zu immer häufigerem und intensiverem Hochwasser am Amazonas gekommen.

So wie im Juli 2023 als der Fluss Rio Negro im Bundestaat Amazonas mit 30 Metern den höchsten Wasserstand seit 1902 führte und über die Ufer trat. Auch die Amazonas-Metropole Manaus wurde von den Wassermassen überflutet. Überdurchschnittliche Regenfälle hatten in dieser Saison dem Fluss den höchsten Pegelstand seit 120 Jahren eingebracht. Die Zahlen zeigen, dass extreme Überschwemmungen immer häufiger auftreten und der Raubbau an der Natur die Situation noch verschlimmern wird.

„Seit 2009 häufen sich die extremen Wetterphänomene in Amazonas, Brasilien – die Abstände zwischen den Überflutungen des Rio Negro werden immer geringer. Das liegt an den Folgen des Klimawandels wie zum Beispiel der Erwärmung des Atlantik und der damit einhergehenden stärkeren Verdunstung sowie der Entwaldung des Amazonas.“

Roberto Maldonado, Bereichsleitung Lateinamerika beim WWF Deutschland

Das andere Extrem sind Dürren. Ende 2023 traf eine Jahrhundertdürre die Amazonas-Region. Sie schuf nicht nur dramatisch günstige Bedingungen für Waldbrände, die extreme Trockenheit gefährdete Menschen und Tiere ganz direkt. Die Wassertemperaturen überschritten im November 2023 stellenweise die 40-Grad-Marke, zahllose Fische und Flussdelfine verendeten, Flüsse trockneten so stark aus, dass sie unpassierbar waren, Trinkwasser und Lebensmittel wurden knappeine akute Bedrohung für die Menschen vor Ort.

  • Ein verendeter Flussdelfin im Tefé-See © Adriano Gambarini WWF startet Rettungsaktion für bedrohte Flussdelfine

    Im Lago de Tefé, einem See an einem der Amazonaszuflüsse, sind innerhalb kurzer Zeit mehr als 228 Tiere der bedrohten rosa Flussdelfine verendet. Weiterlesen...

Wir müssen den Raubbau am Amazonas stoppen!

Indigene aus ganz Brasilien kamen zur Indigenen Woche zusammen © WWF Brasilien
Indigene aus ganz Brasilien kamen zur Indigenen Woche zusammen © WWF Brasilien

Seit 2007 unterstützt der WWF die lokale Bevölkerung im Amazonas-Gebiet und konnte seither über 50 Schutzgebiete und indigene Territorien mit insgesamt weit über 10 Millionen Hektar Fläche schützenDieser Schutzgebietsgürtel steht der größten Entwaldungsfront der Welt gegenüber und schützt auch diejenigen, die vom und mit dem Wald leben.

Die Zusammenarbeit mit den Indigenen ist für den WWF von immenser Bedeutung, denn indigene Territorien sind bisher eine der wichtigsten Barrieren gegen die Abholzung. Nur 1,6 Prozent der Entwaldung zwischen 1985 und 2020 entfielen auf indigenes Land. 98 Prozent der natürlichen Vegetation in den indigenen Gebieten der Amazonas-Region sind noch erhalten. Deshalb stellt sich der WWF auch weiterhin an die Seite der Indigenen in Brasilien und betreibt weiter kontinuierlich politische Lobbyarbeit, um ausbeuterische Gesetze zu blockieren.

Die Errichtung von Schutzgebieten und die Unterstützung für die lokale Bevölkerung zählen ebenso zu möglichen Lösungen, um den Amazonas zu retten, wie den Druck auf deutsche Unternehmen bei ihren Lieferketten zu erhöhen. Fleisch, Kakao, Soja und andere Agrarrohstoffe, die in Deutschland produziert und gehandelt werden, verursachen Entwaldung weltweit – auch im Amazonas.

  • Erkundungsteam der Uru Eu Wau Wau auf dem Jamari Fluss © Marizilda Cruppe / WWF-UK Gemeinsam für den Wald: Indigene Territorien schützen

    Der WWF Deutschland stellt sich mit seinem größten Projekt in Südamerika an die Seite der indigenen und traditionellen Völker in Brasilien: Ein Bündnis für den Wald! Weiterlesen...

  • Feuer im Pantanal 2020 © Silas Ismael / WWF Brazil Der Amazonas brennt

    Im Amazonas und im angrenzenden Pantanal wüten aktuell so viele Feuer wie seit Jahrzehnten nicht! Grund dafür ist vor allem die hohe Trockenheit durch Klimawandel und El Niño, aber auch vom Menschen gelegte Feuer. Doch es zeigt sich auch: Feuer in Schutzgebieten und indigenen Territorien sind seltener. Weiterlesen...

  • Regenwald am Amazonas © Luis Barreto / WWF-UK Amazonien

    Das Amazonas-Becken bedeckt mit seinem Regenwald eine Fläche mit einer Ausdehnung, die der Entfernung von Berlin nach Bagdad entspricht. Weiterlesen ...

  • Regenwald am Amazonas © Luis Barreto / WWF-UK Ihre wichtige Spende für die Natur

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