Grasland und Savannen bedecken mehr als 50 Prozent der Erdoberfläche. Angesichts von sich ausbreitender Wüstenbildung, Bodenerosion und Dürre verdienen diese Landschaften mehr Aufmerksamkeit. Von den Trockengebieten Nordkenias bis zu den Graslandschaften und Savannen Südamerikas arbeitet der WWF mit Indigenen Völkern und lokalen Gemeinschaften zusammen, um ihr angestammtes Wissen zu bewahren und sie dabei zu unterstützen, ihr Land für zukünftige Generationen zu schützen.

Hirten in Kenia © Nature and People as One / WWF
Hirten in Kenia © Nature and People as One / WWF

In Nordkenia arbeitet der WWF mit Nature and People as One (NaPO) zusammen. Die Organisation ist ein großartiges Beispiel dafür, wie das generationenübergreifende Wissen und die Erfahrung von Hirtengemeinschaften genutzt werden können.

NaPO wurde 2018 von jungen Menschen aus Karare, Marsabit, gegründet. Die Organisation arbeitet eng mit Viehzüchter:innen zusammen, um die Herausforderungen, denen sie gegenüberstehen, konstruktiv anzugehen. Gemeinsam wollen sie Weideland und die wertvollen Ökosystemleistungen, die es bietet, schützen, verwalten und wiederherstellen.

„Es gibt Wildtierarten, die wir schützen möchten, darunter Giraffen, Elefanten und Zebras. Dabei ist es uns wichtig, dass dies auf eine Weise geschieht, die die Lebensgrundlage der Viehzüchter:innen anerkennt und respektiert.“

Adrian Leitoro, CEO von NaPO

Eine existenzbedrohende Situation

Viehzucht ist eine uralte Lebensweise in den Trockengebieten Kenias. Insbesondere im Norden gibt es sie seit Urzeiten. Trotz aller Herausforderungen, vor denen Viehzüchter:innen schon immer standen, sind die Gemeinden nun bedroht – durch die zunehmende Häufigkeit aufeinanderfolgender Regenausfälle, die Ausweitung großer Energieprojekte und die anhaltende politische Instabilität.

Sich kümmern – gemeinsam

Ein Ansatz, den NaPO verfolgt, heißt „Ramat“. Der Begriff stammt aus der lokalen Samburu-Sprache und bedeutet „sich kümmern“. Der damit verbundene Ansatz steht für verstärkte Bemühungen der Gemeinde, das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer nachhaltigen Ökosystemwiederherstellung zu schärfen. Dazu gehört die Ausweisung von zu schützenden Bäumen und Sträuchern, um sicherzustellen, dass sie nicht für die Holzkohleproduktion oder als Rohstoff für den Bau von Zäunen gefällt werden.

Diskussion der Dorfältesten Hirten in Kenia © Nature and People as One / WWF
Diskussion der Dorfältesten Hirten in Kenia © Nature and People as One / WWF

Anstatt sie zu fällen, werden sie bewirtschaftet, sodass sie weiterhin zur Reduzierung der Bodenerosion, zur Schaffung eines günstigen Mikroklimas und zur Unterstützung der Artenvielfalt beitragen können. Ein wichtiger Aspekt dabei ist, die Gemeinde zusammenzubringen, um gemeinsam ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, warum es wichtig ist, Weideland wiederherzustellen.

In der gemeinsamen Diskussion einigen sich die Gemeindemitglieder darauf, wo diese Wiederherstellung stattfinden kann. Diese Diskussionen werden von Dorfältesten geleitet, die innerhalb der Gemeinde hohes Ansehen genießen.

Die jungen Bäume und Sträucher werden mit Farbe an ihren Stämmen markiert, um den Hirten zu signalisieren, dass sie diese mindestens zwei Jahre lang vor Weidetieren schützen müssen. Lokale Verordnungen, die von den Ältesten und der Gemeinschaft durchgesetzt werden, sorgen dafür, dass die markierten Bäume wachsen dürfen. Wer dabei erwischt wird, wie er einen markierten Baum oder Strauch fällt oder abweiden lässt, muss im Sinne der von der Gemeinschaft durchgesetzten Verordnung eine Ziege als Ausgleich zahlen.

Der Kontext ist wichtig

Grasland im Pantanal © Leonie Meier / WWF
Grasland im Pantanal © Leonie Meier / WWF

Es ist wichtig, zu beachten, dass diese Art des Managements zwar für dieses spezielle Ökosystem geeignet ist, aber anderswo möglicherweise so nicht funktioniert. Im Süden Äthiopiens beispielsweise führt die Ausbreitung von Bäumen und Sträuchern dazu, dass das Gras für das Vieh knapp wird. Aus Sicht der lokalen Hirt:innen wird das Land so degradiert. Baum- und Strauchökosysteme, in denen NaPO tätig ist, eignen sich für die Kamel- und Ziegenherden, die sich von Bäumen und Sträuchern ernähren. Der Begriff „Landdegradierung“ muss daher mit Vorsicht und unter Berücksichtigung des Kontexts verwendet werden. 

„Wir sollten nicht versuchen, die Weidewirtschaft zu stoppen, da sie eine Möglichkeit ist, den Klimawandel zu bewältigen. Wir unterstützen lokale Viehzüchter:innen und ergänzen ihre Lebensweise, anstatt nach Alternativen zu suchen.“

Adrian Leitoro, CEO von NaPO

Grasland- und Savannenökosysteme in Südamerika

Der WWF arbeitet auch in Südamerika mit Indigenen Gemeinschaften, Viehzüchter:innen und Landbesitzer:innen zusammen, um Grasland- und Savannenökosysteme wiederherzustellen. Dazu gehören der Chaco, die Orinoquia, die Pampa und das Pantanal in Argentinien, Kolumbien und Paraguay. Ein Großteil der Weideflächen in diesen Ländern befindet sich in Privatbesitz.

Die Indigenen Gemeinschaften haben seit Tausenden von Jahren die Bodenerosion auf ihrem Land verhindert. Sie zu untersützen sowie Beziehungen zu Landbesitzer:innen aufzubauen, ist ein wichtiger Teil der Arbeit des WWF in der Region.

Diese Gemeinschaften sind auch wichtige Hüter:innen der Artenvielfalt: Sie stellen zerstörte Weiden wieder her und verbessern die Landproduktivität.

Balance zwischen Naturschutz und Produktion

Gran Chaco Region in Argentinien © Jason Houston / WWF-US
Gran Chaco Region in Argentinien © Jason Houston / WWF-US

Die Übergangszone zwischen dem trockenen und dem feuchten Chaco in Paraguay ist übersät mit Palmen, einheimischen Quebracho-Bäumen und Weiden. Der WWF arbeitet dort mit einem familiengeführten Bauernhof zusammen, der die schwierige Balance zwischen Naturschutz und Produktivität erfolgreich meistert – dank nachhaltiger Landbewirtschaftungspraktiken.

Kamerafallen, die Wildtiere auf der 4.000 Hektar großen Farm erfassen, haben erstaunliche Zahlen von Jaguaren, Gürteltieren, Großen Ameisenbären und Pumas gezeigt. Diese beeindruckenden Tiere leben dort in direkter Nachbarschaft zu Rindern und Schafen.

Erfolgreiches silvopastorales Agroforstsystem im Pantanal © Leonie Meier / WWF
Erfolgreiches silvopastorales Agroforstsystem im Pantanal © Leonie Meier / WWF

Die Kühe werden in Weidekoppeln gehalten und umhergetrieben, damit sich der Boden auf den nicht genutzten Flächen erholen kann. Die Tiere profitieren dabei vom Schatten, den die vielen auf dem Grundstück erhalten gebliebenen Bäume spenden. Im Chaco herrscht die Auffassung, dass unter dem Quebracho-Baum kein Gras wächst. Früher war diese einheimische Baumart weit verbreitet, heute wird sie auf den Weiden aber zunehmend gefällt.

Doch es gibt Bauern, die erfolgreich Wald- und Weidewirtschaftssysteme mit Quebracho-Bäumen eingeführt haben. Die Bäume spenden ihren Kühen während der langen Trockenzeit den dringend benötigten Schatten spenden und verbessern gleichzeitig das Wachstum einheimischer Gräser. Das ist ein kleiner, aber wichtiger Erfolg, wenn man bedenkt, dass Grasland- und Savannenökosysteme weltweit am stärksten von Umwandlung und Rodungen betroffen sind.

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