In Kenia herrscht derzeit eine extreme Dürre, die das Leben der Menschen, ihres Viehs und das der Wildtiere in nie gekanntem Maße bedroht. Nach zwei aufeinanderfolgenden Jahren mit unterdurchschnittlichen Niederschlägen gab es auch 2022 viel zu wenig Regen. Mit verheerenden Folgen: Wasserstellen sind ausgetrocknet, Weideflächen verbrannt, der Boden nur noch Staub.

Im dünn besiedelten, ländlichen Norden des Landes leben die meisten Menschen von Viehzucht. Aufgrund der anhaltenden Dürre haben sie mancherorts inzwischen mehr als 60 Prozent ihrer Nutztiere verloren – den Vereinten Nationen zufolge sind in Kenia bereits 1,5 Millionen Rinder und Ziegen umgekommen.

Auch Wildtiere verdursten qualvoll. Mehr als 80 Giraffen, hunderte Zebras und Gnus und über 200 Elefanten sind der Dürre schon zum Opfer gefallen.

Die Lage ist ernst: Bereits im September 2021 hat der damalige kenianische Präsident Uhuru Kenyatta die Dürre zu einer nationalen Katastrophe erklärt. Und ein Ende der Trockenheit ist nicht in Sicht.

Wie sollen Mensch und Tier überleben?

Auch dieses Warzenschwein hat die Dürre nicht überlebt © WWF Kenia
Auch dieses Warzenschwein hat die Dürre nicht überlebt © WWF Kenia

Die wenigen Niederschläge, die noch fallen, reichen nicht aus, um die Wasserstellen wieder aufzufüllen. Das stellt die Menschen vor Ort vor enorme Probleme, denn nicht nur ihr Vieh ist auf Wasser angewiesen, auch sie selbst brauchen Wasser zum Überleben. Das UN-Welternährungsprogramm (WFP) geht davon aus, dass in Kenia knapp drei Millionen Menschen von einer Hungersnot bedroht sind.

Die letzten verbliebenen Quellen werden zu gefährlichen Konfliktherden: Auf der Suche nach Wasser drängen Elefanten, Giraffen und andere Wildtiere in die Siedlungen der Menschen ein und richten dort Schaden an. Es kommt zu Zusammenstößen, die für die Menschen oft und für die Tiere fast immer tödlich enden. Löwen und andere Raubtiere greifen aus Mangel an Beutetieren das ohnehin geschwächte Vieh der Menschen an.

Eine ganze Generation Elefanten bedroht

Jungtiere und kleine Elefanten sind besonders von der Dürre bedroht © WWF Kenia
Jungtiere und kleine Elefanten sind besonders von der Dürre bedroht © WWF Kenia

Erschreckende Bilder von verendeten Elefanten zeigen, wie drastisch die Situation in Kenia ist. Eine ganze Generation der Dickhäuter ist in Gefahr, denn besonders Jungtiere und säugende Elefantenkühe sind von der Dürre betroffen. „Das Land verliert in kurzer Zeit eine große Zahl Elefanten“, so Johannes Kirchgatter, Afrika-Referent beim WWF Deutschland. „Wenn wir nicht eingreifen und die Dürre weiter anhält, steht das Leben vieler weiterer Tiere auf dem Spiel. Die Todesrate ist dermaßen alarmierend, dass das Land eine ganze Generation von Elefanten verlieren könnte.“

Sofortige Hilfe für Menschen, Vieh und Wildtiere

Eine Nothilfe-Maßnahme: Wasser dorthin bringen, wo es am nötigsten gebraucht wird, z.B. zu den Vieherden. © WWF Kenia
Eine Nothilfe-Maßnahme: Wasser dorthin bringen, wo es am nötigsten gebraucht wird, z.B. zu den Vieherden. © WWF Kenia

Mensch und Tier sind dringend auf Hilfe angewiesen. Der WWF Kenia hat deshalb ein Nothilfeprogramm für die von der Dürre besonders betroffenen Regionen Marsabit und Garissa ins Leben gerufen: Mit 100 Lastkraftwagen wurden dort mehr als 1.500 Haushalte mit Lebensmitteln versorgt und 200.000 Liter Trinkwasser und 2.000 Heuballen bereitgestellt.

Im Bor’ana-Gemeindeschutzgebiet im Bezirk Garissa füllt der WWF Kenia derzeit regelmäßig Wasserstellen auf und verteilt Heu und Akazienschoten, um dem Vieh und den Wildtieren zu helfen. Die Ranger:innen wurden mit Motorrädern, Zelten, Ferngläsern und Kameras ausgestattet, um das 50.000 Hektar große Schutzgebiet noch effizienter überwachen und Wildtierpopulationen, die Wasser brauchen, schnell helfen zu können.

Mit nachhaltigen Strategien der Klimakrise begegnen

Aber auch langfristig brauchen die Menschen Unterstützung, denn durch die globale Erhitzung werden die Dürren häufiger und schwerer. Damit sich die lokale Bevölkerung an die klimatischen Veränderungen anpassen kann, bedarf es langfristiger und nachhaltiger Strategien. In den nächsten Monaten wird der WWF in der Region Wassertanks und Rohrleitungen errichten, solarbetriebene Brunnen installieren und neue Wasserbecken bauen. Die Wasserbecken fangen während der Regenzeit Wasser auf, das in Dürreperioden genutzt werden kann, die Brunnen fördern auch nach längeren Trockenzeiten noch Wasser.

Damit sich die ausgelaugten Böden regenerieren können, schult der WWF Kenia die Bäuerinnen und Bauern außerdem in nachhaltiger Weidelandbewirtschaftung und in Herdenmanagement: Mit ökologischen Anbaumethoden lassen sich nicht nur bessere Erträge erzielen, sie verhindern auch eine Übernutzung der Böden und halten der Klimakrise besser stand. Und weniger, aber besser ernährtes Vieh sichert den Lebensunterhalt der Menschen langfristig.

„Diese Dürre ist nicht nur eine Krise für die Wildtiere, sie ist eine Krise für alle Menschen. Jetzt geht es darum, eine ganze Generation von Elefanten zu retten und den Menschen vor Ort zu helfen, ihre Lebensgrundlagen zu sichern und der Klimakrise zu begegnen“

Johannes Kirchgatter, Afrika-Referent WWF Deutschland.

Mehr Platz für Wildtiere: Korridore öffnen

Davon profitieren auch Elefanten und andere Wildtiere: Weil nachhaltiger Ackerbau und kleinere Vieherden deutlich weniger Fläche beanspruchen, bleibt für sie mehr Platz. Zäune, die bisher die angestammten Wanderrouten der Wildtiere versperrt haben, können entfernt werden. Das reduziert nicht nur Mensch-Wildtier-Konflikte, sondern ermöglicht den Wildtieren auch das Abwandern in Gebiete, in denen sie Wasser und Nahrung finden.

Elefant & Co sichern den Lebensunterhalt vieler Menschen

Der WWF unterstützt die Menschen vor Ort außerdem dabei, alternative Einkommensquellen neben Ackerbau und Viehzucht zu erschließen – beispielsweise im naturnahen Tourismus. Umso wichtiger ist es deshalb, jetzt dafür zu sorgen, dass die Wildtiere Kenias diese Dürre überstehen. Denn ohne Elefanten und Giraffen, ohne Zebras und Gnus keine Touristinnen und Touristen – und keine Einnahmen für die lokale Bevölkerung.

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