Tausende Tonnen Stickstoff und Phosphor gelangen jedes Jahr über die Flüsse und die Luft in die Ostsee. Sie stammen aus Abwässern von Kommunen und Industrie, aus Kraftwerken, Straßenverkehr, Schifffahrt, aber auch aus der Landwirtschaft. Seit 2009 zeichnet der WWF mit seinem Preis „Ostsee-Landwirt:in des Jahres“ in Deutschland und anderen Ostsee-Anrainerstaaten Landwirt:innen aus, die sich in besonderer Weise um die Minimierung des Nährstoffeintrags in küstennahe Gewässer bemühen.

Ostsee-Küstengewässer in schlechtem Zustand

Das Naturschutzgebiet Schoritzer Wiek © Florian Hoffmann / WWF
Das Naturschutzgebiet Schoritzer Wiek © Florian Hoffmann / WWF

Nährstoffe aus Düngung und Tierproduktion werden über Bäche und Flüsse in die Ostsee geschwemmt und verursachen dort ein verstärktes Algenwachstum. Die Algen wiederum verbrauchen Sauerstoff und Licht und in der Folge gerät das Meeresökosystem durcheinander. Die Zusammensetzung des Planktons verändert sich, Bodentiere sterben und auch bestimmte Wasserpflanzen geraten in Bedrängnis. Sogenannte Todeszonen entstehen, in denen weder Pflanzen noch Tiere ausreichend Sauerstoff zum Überleben haben. Die Ausmaße dieser Todeszonen werden mittlerweile auf die doppelte Größe Dänemarks geschätzt.

Die Ostsee reagiert besonders empfindlich auf die Überdüngung ihrer Küstengewässer, weil sie als Binnenmeer nur über einen geringen, ausgleichenden Wasseraustausch mit der Nordsee verfügt. Laut Untersuchungen des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2020 ist der ökologische Zustand der Ostsee-Küstengewässer immer noch schlecht. Insbesondere in der Landwirtschaft seien weitere Anstrengungen erforderlich, um die Nährstoffüberschüsse zu senken, heißt es in der Analyse der Wissenschaftler:innen.

Auszeichnung „Ostsee-Landwirt:in des Jahres“

Weizen Feld Husum © Mauri Rautkari / WWF
Weizen Feld Husum © Mauri Rautkari / WWF

Doch was kann „die Landwirtschaft“ tun, um Nähstoffüberschüsse zu senken? „Die Landwirtschaft“ setzt sich zusammen aus unterschiedlichsten Landwirt:innen, unterschiedlichen Strukturen, Betrieben, Ideen und Realitäten. Rund um die Ostsee spielen sie alle zusammen und jeder einzelne eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, die Natur und somit unsere Lebensgrundlagen zu schützen. Sie haben es in der Hand, die Nährstoffverluste auf ihren Betrieben zu vermindern und gleichzeitig Raum für Artenvielfalt zu schaffen

Mit der Auslobung des Titels „WWF-Ostsee-Landwirt:in des Jahres“ möchte der WWF Landwirt:innen im gesamten Ostseebereich dazu anregen, eine aktive Rolle im Kampf gegen die Überdüngung einzunehmen. Die Landwirt:innen, die sich bereits durch ein vorbildliches Nährstoffmanagement und den Schutz der Fließgewässer auszeichnen und vielleicht sogar zusätzliche Umweltschutzmaßnahmen zum Erhalt der Biodiversität durchführen, wollen wir unterstützen.

Sie beweisen, dass Landwirtschaft und Umweltschutz zusammen gelingen können – und das ist heute wichtiger denn je. Denn nicht nur die Natur und das Klima sind bedroht, sondern auch die Landwirt:innen selber stehen vor enormen Herausforderungen. Die WWF-Ostsee-Landwirt:innen sind Botschafter:innen für eine umweltfreundliche Landwirtschaft und wir hoffen, dass sie andere Landwirt:innen inspirieren können, ihrem Beispiel zu folgen. 

Ostseelandwirt 2025: Gut Bad Sülze

Der Gewinner Ostsee-Landwirt des Jahres 2025: Christian Rohlfing vor seiner Rinderherde.
Der Gewinner Ostsee-Landwirt des Jahres 2025: Christian Rohlfing vor seiner Rinderherde © Christian Rohlfing

Christian Rohlfing bewirtschaftet zusammen mit seiner Familie und Mitarbeitenden das Bio Gut Bad Sülze und einen konventionellen Ackerbaubetrieb in der Nähe von Grammendorf. Er wurde vom WWF Deutschland als „Ostseelandwirt 2025“ ausgezeichnet. Es ist einer der Betriebe, die nicht stehenbleiben, sich den Herausforderungen der Zukunft stellen und nach vorne denken. Die Folgen des Klimawandels, eine sich ändernde Nachfrage auf den Märkten, Anforderungen der Politik an Umwelt- und Klimaschutz, aber auch das Image der Landwirtschaft sind Themen, denen Christian Rohlfing und sein Team progressiv und aufgeschlossen begegnen.

So bewirtschaftet der Betrieb 800 Hektar Grünland auf einem nassen Niedermoor. Das bedeutet, dass das Moor nur zu den Zeiten der Mahd trockengelegt wird, so dass das Gras als Futter für die Rinder geerntet werden kann. Die restliche Zeit wird das Niedermoor wieder „geflutet“ und in seinen natürlichen Zustand versetzt. So werden bestimmte Pflanzen- und Tierarten geschützt, die genau auf diese Bedingungen angewiesen sind. Außerdem leistet der Betrieb dadurch einen großen Beitrag zum Klimaschutz und gilt zudem als Vorreiter. Moore sind nämlich enorme CO2-Quellen. Werden Moore trockengelegt, wird der über Jahrhunderte in ihnen gespeicherte Kohlenstoff abgebaut und emittiert in Form von CO2 in die Atmosphäre. In Deutschland tragen trockengelegte Moore zu etwa acht Prozent der gesamten deutschen Emissionen bei. Durch die Bewirtschaftung eines nassen Moores wird der Abbau des Kohlenstoffs verhindert und somit aktiv das Klima geschützt.

Durch Gepräche das Image der Landwirtschaft ändern

Aber auch über die Anpassung an die Folgen des Klimawandels machen sich Christian Rohlfing und sein Team Gedanken. So setzt sich der Betrieb intensiv mit der Etablierung von Agroforstsystemen auseinander. Bei diesen Systemen werden Baum- und Heckenstrukturen in bestehende Äcker integriert. Die Bäume und Hecken sorgen für Schatten, reduzieren die Verdunstung, fördern die Infiltration von Regenwasser in den Boden und bremsen die Erosion der Böden durch Wind. Für die Umwelt, insbesondere für angrenzende Gewässer, können Erosionen durch Wind und Wasser Belastungen hervorrufen, da mit dem Boden auch Nährstoffe transportiert werden, die sich dann beispielsweise in der Ostsee ansammeln und die beschriebenen Probleme verursachen. Auch für die Ansiedlung von Tier- und Pflanzenarten können Agroforstsysteme sehr förderlich wirken, da sie sowohl Habitat als auch Nahrungsangebot schaffen.

Die über 400 Rinder, die auf dem Betrieb ihr Zuhause haben, werden ausschließlich durch Futter ernährt, das auch auf dem Betrieb produziert wird. Die Ausscheidungen der Tiere werden in Form von Festmist wieder zurück auf die Felder gebracht. Durch diesen ausgeprägten Kreislaufansatz lassen sich Nährstoffausträge aus dem Betrieb in Gewässer und letztlich in die Ostsee reduzieren.  

Zu dem schlechten Zustand der Ostsee trägt auch die Landwirtschaft bei. Nur ein Grund, warum das Image der Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten immer schlechter geworden ist. Das möchte Christian Rohlfing gerne ändern, indem er über den Alltag der Landwirtschaft berichtet, versucht, das Berufsbild der Bevölkerung wieder näher zu bringen, oder Schulklassen auf den Betrieb einlädt. Jede und jeder, der oder die interessiert ist, sei herzlich Willkommen, mit Christian Rohlfing ins Gespräch zu kommen.

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