Wilderei in Deutschland - Welche Tiere sind betroffen?
Stand: 24.07.2023
Folgenschwere Wilderei betrifft nicht nur entfernte Länder und exotische Tiere wie Tiger, Jaguare oder Elefanten in Afrika, Asien oder Südamerika. Wilderei findet auch direkt vor unserer Haustüre statt. Insbesondere Luchse, Wölfe und Greifvögel sind in Deutschland von illegalen Tötungen betroffen. Neben den dokumentierten Fällen vermutet man eine hohe Dunkelziffer nicht erfasster Tötungen.
Gewilderte Wölfe in Deutschland
Insgesamt sind ganze 79 Fälle illegal getöteter Wölfe seit dem Jahr 2000 in Deutschland bestätigt. Zu den jüngsten Wildereifällen gehören Ende 2022 ein getöteter Altwolf im Kreis Görlitz in Sachsen und ein Altwolf, der im Landkreis Oder-Spree in Brandenburg in der Spree gefunden wurde. Todesursache war ein Trauma infolge eines zweifachen Beschusses.
Trauriger Rekordhalter gewilderter Wölfe in Deutschland ist mit Brandenburg das Bundesland, in dem auch die meisten Wölfe leben. Allein seit 2010 wurden hier 26 Wölfe illegal getötet. Trotz der großen Anzahl an Wildereifällen kam es jedoch lediglich zu vier Ermittlungsverfahren. Strafen wurden keine verhängt. Solange aber die illegale Tötung eines Wolfes oder anderen geschützten Tieres kaum Strafverfolgung befürchten lässt und damit fast als Kavaliersdelikt gilt, werden in unserem Land entschieden die falschen Zeichen gesetzt.
Abgetrennter Kopf: Wenn Wilderei auf Wölfe zur Demonstration wird
Am Karfreitag, den 7. April 2023 machten Spaziergänger:innen in Niedersachsen eine grausame Entdeckung. Vor dem Nabu-Artenschutzzentrum in Leiferde im Kreis Gifhorn fanden sie einen abgetrennten Wolfskopf. Bereits kurz zuvor, am 23. März 2023 wurde nicht weit entfernt auf einem Pendlerparkplatz in Gifhorn ein toter Wolf mit schweren Kopfverletzungen entdeckt.
Die Taten sind wahrscheinlich eine Reaktion auf den neuen Schutzstatus der Tiere: Seit die Wölfe im September 2021 auf die europäische Liste besonders geschützter Arten aufgenommen wurden, eskaliert der Streit um die Daseinsberechtigung der Wölfe in Deutschland. Im Vorfeld waren bereits 2017 mehrere tote Wölfe an öffentlichen Plätzen abgelegt worden. Ähnliche Taten sind im europäischen Ausland, zum Beispiel in Asturien in Nordspanien zu beobachten.
Wo wurden Wölfe in Deutschland getötet?
Unsere Karte zeigt die nachgewiesenen illegalen Tötungen von Wölfen in Deutschland und ihre Verteilung. Tatsächlich gibt es jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit wesentlich mehr Fälle. Die Dunkelziffer der Wilderei auf Wölfe in Deutschland ist hoch.
Luchse: Wildereifälle in Deutschland
Seit einigen Jahrzehnten sind Luchse wieder heimisch in Deutschland. Doch ähnlich wie bei den Wölfen ist dies nicht von allen Menschen gern gesehen. Teilweise äußerst brutal werden Luchse immer wieder illegal getötet. Die Wilderei zusammen mit Verkehrsunfällen und zerstückelten Lebensräumen gefährdet die Bestände so sehr, dass der Luchs kürzlich in der Roten Liste Deutschlands von „stark bedroht“ auf „vom Aussterben bedroht“ hochgestuft wurde.
Zuletzt verendete Anfang Juni 2023 ein Luchs im thüringischen Eichsfeld qualvoll, nachdem ihm offensichtlich ein Vorderbein abgeschossen worden war. Ebenfalls in Thüringen wurde an einer Bahnstrecke im Kreis Sömmerda Anfang 2022 ein weiterer erschossener Luchs gefunden. Ein gutes halbes Jahr zuvor, Ende Mai 2021, war ein etwa ein- bis zweijähriger männlicher Luchs bei St. Blasien in Baden-Württemberg an einer Schussverletzung verblutet.
Das mysteriöse Verschwinden der Luchse
Besonders betroffen von der Wilderei sind die Luchse im Bayerischen Wald. Die Tiere sind Teil der bayerisch-tschechisch-österreichischen Luchspopulation. Auf tschechischer Seite, im heutigen Šumava Nationalpark, wurden zwischen 1982 und 1989 insgesamt 17 Luchse im Rahmen eines Wiederansiedelungsprojektes freigelassen. In den ersten Jahren entwickelte sich das Luchsvorkommen positiv, doch seit Ende der 1990er Jahre stagniert der Bestand weitgehend.
Der Bayerische Wald ist noch längst nicht vollständig durch Luchse besiedelt, obwohl er mit seinen ausgedehnten Wäldern eigentlich ein Paradies für die Tiere sein müsste. Selbst bei einer hohen natürlichen Jungensterblichkeit, die beim Luchs bis zu 75 Prozent betragen kann, müsste das besiedelte Gebiet in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben. Untersuchungen legen nahe, dass der Grund für die fehlende Ausbreitung Wilderei ist.
Immer wieder verschwinden Luchse, die vorher in Fotofallen nachgewiesen werden konnten, plötzlich aus den Wäldern. Zwischen 2015 und 2020 gab es mindestens 14 solcher Vermisstenfälle. Illegale Tötungen können nicht ausgeschlossen werden.
Von welchen gewilderten Luchsen wir definitiv wissen
Findet man die getöteten Luchse, lässt sich häufig ein ungewöhnlich brutales Vorgehen feststellen. Das sorgt für eine große, öffentliche Aufmerksamkeit auch über die Grenzen Bayerns hinaus. Allein seit 2012 sind in Bayern mindestens neun Luchse nachweislich illegal getötet worden. Jedoch nur einem Täter konnte das Tötungsdelikt nachgewiesen werden. Er hatte sich selbst angezeigt und habe den Luchs angeblich mit einem Wildschwein verwechselt. In allen anderen Fällen wurden die Ermittlungen eingestellt, ohne einen Täter dingfest zu machen.
Wie auch bei den Wölfen sendet die laxe Strafverfolgung der Wilderei in Deutschland ein falsches Signal. Ein Signal, das die Luchspopulation im Bayerischen Wald ernsthaft gefährdet.
Insgesamt fielen seit der Wiederansiedelung 1982 im Bayerisch-Böhmischen Wald mindestens 64 Luchse der Wilderei zum Opfer. Eine derart hohe Quote illegaler Tötungen und verschwundener Luchse könnte zum Aussterben der wichtigen Luchspopulation führen.
In Deutschland seit dem Jahr 2010 gefundene, illegal getötete Luchse
Bundesland
Jahr
Todesursache
Bayern
2012
Führendes Weibchen vergiftet mit einem durch Carbofuran (verbotenes Insektizid) präparierten Rehkadaver
Bayern
2013
Trächtiges Weibchen durch Schrotschuss geötet
Bayern
2015
Fund von vier abgeschnittenen Vorderläufen, die einem bekannten Weibchen und einem Männchen zugeordnet werden konnten
Bayern
2015
Weiblicher Jungluchs offensichtlich erdrosselt und am Straßenrand abgelegt
Bayern
2017
Männchen ausgeweidet sowie ohne Schädel aufgefunden, Geschosspartikel nachgewiesen
Bayern
2018
Subadultes Weibchen in Folge eines Beschusses verhungert
Bayern
2021
Subadultes Weibchen verhungert nach schwerer Pfotenverletzung durch Beschuss
Bayern
2015-2020
14 Fälle im Bereich des Bayerischen Waldes, in denen Luchse verschwunden sind und eine illegale Tötung nicht ausgeschlossen werden kann
Sachsen-Anhalt
2016
Trächtiges Luchsweibchen wird im Harz erschossen
Baden-Württemberg
2021
Subadultes Männchen durch Streifschuss verletzt und verblutet
Thüringen
2022
Toter Luchs mit Schussverletzungen gefunden
Thüringen
2023
Luchs mit abgeschossenem Bein verendet
Weit verbreitet: Wilderei auf Greifvögel in Deutschland
Trotz strenger gesetzlicher Zugriffsverbote und hoher Strafandrohung, werden geschützte Greifvögel und Eulen in Deutschland massiv illegal verfolgt und getötet. Dreiviertel aller deutschen Landkreise sind davon betroffen. Allein zwischen 2005 und 2021 wurden ganze 1.653 Fälle von illegaler Greifvogelverfolgung mit insgesamt 2.238 Opfern dokumentiert.
Welche Vogelarten gewildert wurden
Insgesamt sind 17 Greifvogel- und 6 Eulenarten betroffen:
Mäusebussard: 1082
Rotmilan: 327
Habicht: 211
Turmfalke: 112
unbestimmte Greifvögel:106
Wanderfalke: 74
Seeadler: 68
Sperber: 60
Uhu: 59
Rohrweihe: 37
Schwarzmilan: 19
Waldohreule: 19
Waldkauz: 12
Fischadler: 11
Wiesenweihe: 10
Baumfalke: 8
Raufußbussard: 6
Kornweihe: 5
Schleiereule: 4
Schreiadler: 3
Gänsegeier: 2
Steinadler: 1
Sumpfohreule: 1
Die Aufklärungsquote der Wildereifälle an Greifvögeln ist leider mehr als gering. In nur etwa sieben Prozent aller registrierten Fälle zwischen 2005 und 2021 gelang es den ermittelnden Behörden, einen Täter festzustellen. Gefängnisstrafen wurden in Deutschland im Zusammenhang mit nationaler Greifvogelverfolgung noch nie ausgesprochen, allenfalls Geldstrafen verhängt oder Jagdscheine entzogen. Darüber hinaus liegt die geschätzte Dunkelziffer von nicht nachgewiesenen Fällen der Wilderei an Greifvögeln bei etwa 90 Prozent. Um das Ausmaß, die räumliche Verteilung und die möglichen Auswirkungen der illegalen Greifvogel-Verfolgung besser überblicken zu können, erfasst das Projekt E.D.G.A.R. seit 2015 bundesweit alle bekannten Fälle. Die Abkürzung steht für „Erfassungs- und Dokumentationsstelle Greifvogelverfolgung und Artenschutzkriminalität“.
Fischotter: Beinahe ausgestorben und immer noch gejagt
Der Fischotter gehört zu den am stärksten bedrohten Säugetieren Europas und ist in Deutschland streng geschützt. Lange wurden Fischotter bei uns für ihr Fell, als Nahrung und als Schädling für Fischzuchten systematisch bejagt und dadurch beinahe ausgerottet. Das haben nur wenige Vorkommen – vor allem im Osten Deutschlands – überlebt. Von hier breitet sich der Fischotter wieder nach Norddeutschland aus und ist seit 2009 auch wieder im Münsterland zu finden. Im Bayerischen Wald konnte sich ebenfalls eine Restpopulation halten, die sich trotz illegaler Nachstellung nach Westen ausbreitet.
Abgesehen von Verkehrsunfällen und zu wenig geeigneten Lebensräumen, werden Fischotter nach wie vor verbotenerweise bejagt. So wurden in Brandenburg zwischen 2014 und 2017 nachweislich fünf Fischotter illegal getötet. Verschiedene weitere Fälle sind aus den Landkreisen Deggendorf und Cham in Bayern bekannt, wo 2014 gar zwei Tiere in einem Sack ertränkt in einem Fluss gefunden wurden. Die Gründe für die illegalen Tötungen sind unklar, jedoch beschweren sich immer wieder Betreiber:innen von Teichanlagen über wirtschaftliche Schäden, für die die Fischotter verantwortlich sein sollen.
Einst waren Eurasische Biber weit verbreitet in Europa. Wegen ihres warmen Fells, als Nahrungsquelle und weil Biber zur Reviermarkierung ein Sekret ausstoßen, das schmerzlindernd wirkt und als Wundermittel galt, wurden die schweren Nagetiere bis ins 19. Jahrhundert vom Menschen verfolgt. Nachdem die Biber deshalb aus fast ganz Deutschland verschwunden waren, konnten Auswilderungsprojekte im 20. Jahrhundert die Bestände wieder stärken.
Doch die Rückkehr der Biber wird zum Politikum. Während Naturschutzverbände sie als Erfolg feiern, gelten Biberbauten vor allem der traditionellen Landwirtschaft als Problem.
Kaum ein Tier vermag so sehr in die Landschaft einzugreifen, wie der Biber. Die Dämme der Tiere können Überschwemmungen und dadurch Ernteeinbußen verursachen, ihre ausgedehnten Tunnelsysteme sind eine Gefahr für Landmaschinen. Die landwirtschaftliche Nutzung reicht heute häufig bis auf wenige Meter an die Gewässergrenzen heran und dem Biber fehlen unberührte Auenlandschaften. Aus Mangel an Nahrung vergreifen die Nager sich in Folge gelegentlich auch an Obstbäumen oder Mais.
Seltene Wisente: Ebenfalls Ziel der Wilderei in Deutschland
Wisente sind die größten Landsäugetiere Europas, aber waren in freier Wildbahn hier durch Bejagung lange ausgestorben. Nach europaweiten Zucht- und Wiederansiedelungsprojekten, gibt es inzwischen wieder eine Herde Wisente im Rothaargebirge im Sauerland und wird die Zuwanderung von Wisenten aus Polen immer wahrscheinlicher. Doch die Akzeptanz in der deutschen Bevölkerung dafür ist teilweise gering. Zu groß sind häufig die Ängste vor Schäden an Wäldern und Äckern und vor den Tieren selbst. Deshalb ist es zum Beispiel wichtig, dass Landnutzer:innen vor Ort Unterstützung erfahren. Denn Wisente sind als große Pflanzenfresser wichtig für unsere Natur und wir können das Zusammenleben mit ihnen wieder erlernen.
Aufsehen erregend: Zwei illegal getötete Wisente in Deutschland
Für ein bundesweites Medienecho sorgte im September 2017 der Abschuss eines aus Polen eingewanderten männlichen Wisentes bei Lebus in Brandenburg. Zwar wurde der Wisent auf Anordnung des Amtsdirektors in Lebus erschossen, jedoch ohne entsprechende Befugnis. Wisente sind streng geschützt. Die Landesregierung und das Justizministerium Brandenburg sehen den Abschuss als illegale Tötung an. Eine Verurteilung erfolgte aber nicht, da die Ermittlungen eingestellt wurden.
Leider blieb die illegale Tötung des Wisents aus Lebus im Märkisch-Oderland kein Einzelfall. Im Juni 2022 wurde im Westerwald ein völlig entkräfteter Wisentbulle gefunden und von einem Jäger erschossen. Zwar mit Zustimmung der örtlichen Behörden, doch selbst ein Gnadenschuss wie dieser bedarf bei streng geschützten Tieren wie den Wisenten zwingend einer Ausnahmegenehmigung des zuständigen Ministeriums, die laut Medienberichten nicht vorlag. Vor allem aber zeigte die anschließende Obduktion, dass auf den Wisent schon Monate zuvor geschossen wurde. Die alte Verletzung hatte sich entzündet, sodass der Wisent kaum auf Nahrungssuche gehen konnte und völlig abgemagert war. Die Schussverletzung ist ein Verstoß gegen das Bundesnaturschutz‑ und das Bundesjagdgesetz. Der Wisentbulle gehörte zum Auswilderungsprojekt bei Siegen-Wittgenstein im Rothaargebirge.
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Andreas Hoppe führt gemeinsam mit Wissenschaftler:innen und Naturschützer:innen durch diesen Kurs. Zum Kurs
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