Kleinbäuerinnen und -bauern ernähren die Welt – sie produzieren ein Drittel unserer Lebensmittel. Schätzungen gehen davon aus, dass in Asien 80 Prozent der Nahrungsmittel auf kleinen Farmen erzeugt werden. Doch auch bäuerliche Kleinstbetriebe tragen zur Zerstörung der Wälder bei. Eine WWF-Studie zeigt nun, was es bedarf, damit Kleinbäuerinnen und Kleinbauern auf eine ökologisch nachhaltige Produktionsweise umstellen können: Nachhaltige Investitionen in die Transformation des Sektors.

In den letzten drei Jahrzehnten hat sich Südostasien zu einem der weltweit führenden Produzenten und Exporteur von Agrarrohstoffen wie Palmöl, Kautschuk, Kakao und Kaffee entwickelt – für die wirtschaftliche Entwicklung der Region ein Segen. Die Kehrseite der Medaille: Der Rohstoffboom hat den Verlust der biologischen Vielfalt massiv vorangetrieben. Denn für das Wachstum wurden immer mehr Anbauflächen erschlossen; die Produktion von Agrarrohstoffen ist für 70 Prozent der Tropenwaldverluste verantwortlich. Zwischen 2005 und 2015 gingen allein in Südostasien 80 Millionen Hektar Wald verloren. Das ist die achtfache Waldfläche Deutschlands.

Kleinbäuerliche Landwirtschaft nachhaltig gestalten

Brandrodung für Anbauflächen in den Philippinen © Jürgen Freund / WWF
Brandrodung für Anbauflächen in den Philippinen © Jürgen Freund / WWF

Obwohl sie oft nur kleine Parzellen zwischen einem und fünf Hektar Land bewirtschaften, treiben die rund 100 Millionen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in Südostasien diese Entwicklung voran: Nicht-nachhaltige Anbaumethoden laugen die Böden aus – ohne ein Entgegenwirken erzielen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern ein immer geringeres Einkommen pro Hektar.

Es fehlt zum Teil an Wissen, sowie an technischen und finanziellen Möglichkeiten und manchmal auch an Know-how, um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten und Plantagen länger produktiv zu halten. Das kompensieren die Landwirt:innen häufig, indem sie auf immer neue Flächen ausweichen – oftmals sogar illegal gerodet. Das wiederum gefährdet die Ökosysteme, die die Lebensgrundlage der ländlichen Gemeinden sind.

Damit die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern auf ihren Parzellen genug Einkommen erzielen können, bedarf es einer hohen Produktivität und Resilienz auf kleiner Fläche – die Lösung dafür lautet Agrarökologie. Die Umstellung auf ökologisch nachhaltige sowie diversifizierte landwirtschaftliche Praktiken hilft den Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, ein produktiveres und widerstandsfähigeres landwirtschaftliches System zu schaffen. Ein System, das auch für wirkungsorientierte Investor:innen interessant ist, die neben den finanziellen Renditen eine messbare soziale und ökologische Auswirkung zum Ziel haben.

Innovative Projekte zum Standard machen

Schon heute gibt es viele erfolgreiche Projekte für nachhaltige Kleinlandwirtschaft, die auf Agrarökologie setzen. Wenige kommen aber über den Pilotstatus hinaus. Nicht zuletzt auch deshalb, weil viele Anschub-Projekte finanziell und zeitlich limitiert sind. Um die kleinbäuerliche Landwirtschaft von der Umweltzerstörung zu entkoppeln, müssen diese vielversprechenden Ansätze dauerhaft und in großer Breite etabliert werden. Eine öffentliche Finanzierung reicht dafür nicht aus, es braucht das Interesse und das Vertrauen des Finanzsektors, es braucht nachhaltige Investitionen in die kleinbäuerliche Landwirtschaft.

Finanzströme in nachhaltige Entwicklung umleiten

Deshalb arbeitet der WWF daran, Innovationen voranzubringen und Finanzströme in ökologisch nachhaltige Investitionen umzuleiten und zu stärken. Das können ganz generell Investitionen sein, die die Widerstandsfähigkeit landwirtschaftlicher Wertschöpfungsketten stärken, die Lebensgrundlage und die Ernährungssicherheit der Landwirt:innen verbessern und die zu lokalen Umweltschutzmaßnahmen oder Entwicklungsbemühungen beitragen. Nach Ansicht des WWF bietet eine echte agrarökologische Transformation hier die beste Schnittmenge und Effizienz zur Erreichung dieser Ziele.

Prinzipien der Agrarökologie

Die Transformation der globalen Ernährungssysteme ist eine der wichtigsten Antworten für die großen Fragen dieser Zeit: Klimakrise, Verlust der biologischen Vielfalt, Ernährungsunsicherheit, wie auch das Risiko künftiger Pandemien. Die aktuelle Lebensmittelproduktion ist für ein Drittel der Treibhausgase, 80 Prozent der Entwaldung und 70 Prozent des Verlustes an terrestrischer Biodiversität verantwortlich.

Erfahrungen aus aller Welt zeigen, dass es möglich ist, landwirtschaftliche Systeme produktiv, aber auch nachhaltiger zu gestalten. Das heißt, die Erzeugung von Lebensmitteln, Futtermitteln, Brennstoffen und Fasern mit dem Schutz der biologischen Vielfalt und klimaresilienteren und verbesserte Ökosystemleistungen unter einen Hut zu bringen. Auch ausgelaugte Flächen können so wieder landwirtschaftlich nutzbar gemacht werden.

Agrarökologische Ansätze sind eine Reihe ganzheitlicher und miteinander verbundener ökologischer und sozialer Herangehensweisen für die Gestaltung und Bewirtschaftung von Agrarsystemen. Die folgenden zehn Elemente der Agrarökologie zeigen, was sich hinter dem Thema verbirgt:

  1. Vielfalt ist der Schlüssel
  2. Wissensteilhabe für alle
  3. Synergien schaffen und nutzen
  4. Effizienz durch das Schließen von Kreisläufen
  5. Recycling und kein Abfall
  6. Resilienz heißt Widerstandfähigkeit
  7. Menschen und soziale Werte stärken
  8. Eine Bewegung für Kultur und Ernährungstraditionen
  9. Verantwortungsvolle Regierungsführung ist Voraussetzung für den Transformationsprozess
  10. Solidarisches Wirtschaften von Erzeugern und Verbraucher:innen

Finanzbedarf der kleinbäuerlichen Landwirtschaft in Südostasien

Gemüseanbau in Myanmar © Stephen Kelly / WWF-Myanmar
Gemüseanbau in Myanmar © Stephen Kelly / WWF-Myanmar

Der Finanzbedarf der kleinbäuerlichen Landwirtschaft in Südostasien beläuft sich momentan auf schätzungsweise 100 Milliarden US-Dollar jährlich (im Schnitt 1.000 US-Dollar pro Person) – weniger als ein Drittel der Nachfrage ist derzeit gedeckt. Dennoch versuchen immer mehr Partnerschaften aus Finanzdienstleistern, Agrarunternehmen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und öffentlichen Geldgebern, den Kapitalfluss in Richtung Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in der Region zu lenken. Wie sie das machen? Indem sie mit innovativen Dienstleistungsmodellen und Produktionsweisen den Geschäftsnutzen von Investitionen in eine nachhaltige Landwirtschaft stärken.

Kleinbäuerinnen und -bauern brauchen Zugang zu Kapital

Anhand fünf internationaler Projekte zeigt die WWF-Studie, wie solche Finanzierungsprogramme für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in Südostasien aussehen und wie sie umgesetzt werden können: In Indonesien beispielsweise unterstützt das „Sustainable Cocoa Production Program“ Kakaobäuerinnen und -bauern dabei, ihre Erträge zu verbessern und gleichzeitig eine ökologisch nachhaltige und diversifizierte Produktion zu gewährleisten. Das maßgeschneiderte Programm hilft den Landwirt:innen, Kapital freizusetzen, um es in ihre Farmen zu investieren. So können sie sich eine Zertifizierung sichern und bessere Preise für ihren Kakao erzielen.

Auch in Myanmar schwächen fehlendes Kapital und ein Mangel an qualitativ hochwertigen Produktionsmitteln die Effizienz und die Erträge der kleinbäuerlichen Landwirtschaft. Das Projekt „Impact Terra“ macht sich die hohe Mobilfunkabdeckung der ländlichen Regionen zunutze: Über eine digitale Plattform können sich Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in Echtzeit zu ökologisch nachhaltigen Anbaumethoden beraten lassen und werden mit aktuellen Wetter- und Schädlingswarnungen versorgt. Ziel der Plattform ist es, zukünftig auch Zugang zu individuell zugeschnittenen Mikrokrediten anzubieten.

Ein Gewinn für alle

Kautschuk-Ernte in Myanmar © Hkun Lat / WWF-Myanmar
Kautschuk-Ernte in Myanmar © Hkun Lat / WWF-Myanmar

Projekte dieser Art zeigen nicht nur den ökologischen Wert nachhaltiger Landwirtschaft: Die Umstellung auf nachhaltige Anbaumethoden verbessert auch die Lebensgrundlage und die Ernährungssicherheit der Landwirt:innen, weil sie die kleinbäuerliche Landwirtschaft produktiver und widerstandsfähiger macht. Und sie bietet die Möglichkeit, finanzielle Erträge zu erzielen und gleichzeitig zu einer positiven ökologischen und sozialen Entwicklung beizutragen.

Das wiederum macht die nachhaltige Landwirtschaft für langfristige grüne Finanzinvestitionen attraktiv – in der Theorie. Denn der Weg dorthin ist noch weit: Weil der Finanzmarkt bislang kaum Erfahrungen mit solchen Investitionen hat, ist die Skepsis groß. Die kleinbäuerliche Landwirtschaft wird als zu fragmentiert und risikobehaftet wahrgenommen – oft gibt es keine Businesspläne und manchmal sind die Projekte so klein, dass sich eine Investition nicht lohnt. Dennoch ist der Finanzsektor einer der wichtigsten Hebel für einen effektiveren Naturschutz. Deshalb stehen Entwicklung und Unterstützung grüner Finanzlösungen im Mittelpunkt der WWF-Strategie.

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