Es gibt hierzulande wohl kaum jemanden, der nicht weiß, wie süß Schokolade auf der Zunge zergehen kann. Unser Pro-Kopf-Verbrauch liegt höher als in den meisten anderen europäischen Ländern und auch weltweit steigt jährlich die Nachfrage. Doch wie nachhaltig ist unsere Lieblingsschokolade? Und unter welchen Bedingungen wurde sie produziert? Welche Schokoladenhersteller sind vorbildlich und welche Sorten sollte man meiden?
Welche Schokolade man guten Gewissens kaufen kann, ist nicht immer leicht zu beantworten. Viele Schokoladenhersteller können ihre komplizierten Lieferketten selbst nicht einmal einwandfrei zurückverfolgen und sicher sein, dass bei der Produktion nicht gegen Menschenrechte verstoßen oder die Umwelt illegal zerstört wurde. Um Licht in das dunkle Geschäft mit der Schokolade zu bringen und Verbraucher:innen bei ihrer Kaufentscheidung zu unterstützen, bewertet die sogenannte Schokoladen-Scorecard jährlich die größten Schokoladenhersteller unter Gesichtspunkten der Umweltfreundlichkeit und fairen Produktion.
Die Schokoladen-Scorecard wird, unterstützt vom WWF, von der Organisation Be Slavery Free herausgegeben und ihre Grundlage sind Befragungen der Hersteller und Kakaoverarbeiter. Insgesamt 43 Firmen und 29 Einzelhändler wurden angefragt und einige der Unternehmen haben sich dieser Herausforderung tatsächlich gestellt. Letztendlich wurden insgesamt 53 Firmen und Einzelhändler in der Schokoladen-Scorecard 2023 analysiert.
Die einzelnen Kriterien, nach denen die Schokoladen-Scorecard die Unternehmen beurteilt und in einer Rangliste sortiert, sind Transparenz, Einkommen, Kinderarbeit, Entwaldung, Pestizideinsatz und Anbau im Agroforstsystem. Letzteres ist eine besonders naturnahe Anbaumethode, wie unten genauer erklärt.
Nachhaltige und faire Schokolade: Die besten Hersteller 2023
Auf den beiden besten Plätzen der Punkte-Karte für nachhaltige Schokolade landen in diesem Jahr die Schweizer Marke Original Beans und Tony's Chocolonely aus den Niederlanden. Original Beans schneidet in allen Punkten sehr gut ab. Tony's Chocolonely – bekannt durch knallbunte Verpackungen - zeichnet sich zusätzlich dadurch aus, die Schokoladenindustrie insgesamt weltweit verändern zu wollen.
Im vorderen Mittelfeld auf den Plätzen sechs bis zwölf befinden sich die Marken Ritter Sport, Ben & Jerry's, Nestlé und Ferrero, die in manchen Punkten schon sehr gut abschneiden und in den anderen Punkten Fortschritte machen. Nestlé auf Platz zehn allerdings beginnt gerade erst, seinen Pestizideinsatz zu verbessern. Im hinteren Mittelfeld liegt zum Beispiel der Hersteller der „Alpia“-Schokolade Stollwerk. Doch selbst dieser beginnt, in allen Punkten Verbesserungen umzusetzen.
Die Nachfrage nach umweltfreundlicher und fair produzierter Schokolade und dass der Schokoladenindustrie genauer auf den Zahn gefühlt wird, scheint Wirkung zu zeigen. Das ist bitter nötig, denn noch immer fällt die Produktion des süßen Genussmittels viel zu oft zu Lasten der Natur – und ebenfalls zu Lasten der Menschen, die den Kakao dafür pflücken.
Kellogg’s: Verlierer der Schokoladen-Scorecard 2023
Auf dem vorletzten Platz der Schokoladen-Bewertung rangiert die Firma Kellogg’s, gefolgt nur vom japanischen Unternehmen Daito Cacao. Beide sind absolute Verlierer in diesem Jahr, schneiden in allen Punkten schlecht ab und haben hier großen Nachholbedarf in ihrer Firmenpolitik. Einschließlich der Entwaldung, des Pestizideinsatzes und der Kinderarbeit.
Leider gibt es immer noch genügend Firmen, die nicht offenlegen wollen oder können, ob ihre Schokolade frei von Kinderarbeit, Armut und Abholzung ist und unter welchen Bedingungen der Kakao dafür angebaut wurde.
Mit der Auszeichnung „faules Ei“ – in Anlehnung an den Erscheinungstermin kurz vor Ostern – kürt die Schokoladen-Scorecard in diesem Jahr das Milliardenunternehmen General Mills, das zum Beispiel die Eiscreme Haagen-Dazs vertreibt, für seine mangelnde Transparenz.
Nachhaltiger Kakao ohne moderne Sklaverei? Auch Supermärkte wurden bewertet
Welche Supermarktketten zeigen Initiative für Kakao und Schokolade aus besserem Anbau? Welche Rolle spielen entsprechende Zertifikate in der Produktpalette und geht das Engagement durch eigene Programme und Partnerschaften sogar noch darüber hinaus? Unter diesen Fragestellungen bewertet die Schokoladen-Scorecard 2023 auch Einzelhändler.
Die ersten beiden Plätze belegen dabei Aldi Nord und Aldi Süd! Mit dem sechsten Platz im vorderen Mittelfeld kann auch der Discounter Lidl punkten. Die letzten Plätze gehen an ausländische Ketten wie zum Beispiel Walgreens aus den USA.
Armut und Umweltzerstörung: Die bittere Kehrseite der Schokolade
Kakao ist ein wertvoller Rohstoff. Sein Anbau gehört zu den größten Verursachern von Entwaldung weltweit und befeuert damit den Klimawandel. Dazu kommen ein enormer Wasserverbrauch und der Einsatz hochgefährlicher Pestizide. Obwohl die Schokoladenindustrie hohe Gewinne einstreicht, leben außerdem viele Kakaobäuer:innen unter dem Existenzminimum. Sie erhalten nur einen winzigen Bruchteil des Erlöses und sind nicht selten darauf angewiesen, ihre Kinder in die schwere Arbeit einzubinden, um die Familie gerade eben ernähren zu können.
Agroforstsystem: Wie Schokoladenanbau nachhaltig funktionieren kann
Immer noch bleibt also oft im Dunkeln, wie der Kakao für unsere Schokolade angebaut wurde und welche Wege er genommen hat. Und immer noch übernehmen zu wenige Unternehmen die Verantwortung für saubere, entwaldungsfreie Lieferketten. Doch der Kakaoanbau kann nachhaltiger und fairer gelingen, als auf großen Plantagen. Eine Alternative sind Agroforstsysteme.
Nachhaltige Anbaumethode: Das Agroforstsystem
In Agroforstsystemen werden Landwirtschaft und Forstwirtschaft kombiniert, wachsen also Bäume neben Acker- und Gemüsepflanzen. Im Fall der Schokolade bedeutet Agroforstwirtschaft, dass die Kakaobäume gemeinsam mit anderen Bäumen und Nutzpflanzen angebaut werden. Plantagen aus Monokulturen werden vermieden und der Pflanzenmix fördert die Widerstandsfähigkeit und Produktivität.
Der WWF arbeitet mit verschiedenen indigenen Kakaokooperativen in Südamerika zusammen, die nach diesem Jahrhunderte alten Prinzip anbauen. Wir empfehlen außerdem Initiativen wie Fairafric oder Paccari, die darüber hinaus die Schokolade im Anbauland produzieren, um die Wertschöpfung vor Ort zu belassen.
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