Es gibt hierzulande wohl kaum jemanden, der nicht weiß, wie süß Schokolade auf der Zunge zergehen kann. Unser Pro-Kopf-Verbrauch liegt höher als in den meisten anderen europäischen Ländern, und auch weltweit steigt jährlich die Nachfrage. Ebenfalls steigen tun die Preise für Kakao: Die Importpreise sind im Januar 2024 um 73,4 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen. Doch wie nachhaltig ist unsere Lieblingsschokolade? Und unter welchen Bedingungen wurde sie produziert? Welche Schokoladenhersteller sind vorbildlich, und welche sollte man meiden?

Schokolade: Ein undurchsichtiges Geschäft

Einkaufswagen im Supermarkt © iStock
Einkaufswagen im Supermarkt © iStock

Welche Schokolade man guten Gewissens kaufen kann, ist nicht immer leicht zu beantworten. Viele Schokoladenhersteller können ihre komplizierten Lieferketten selbst nicht einmal einwandfrei zurückverfolgen und sicher sein, dass bei der Produktion nicht gegen Menschenrechte verstoßen oder die Umwelt illegal zerstört wurde.

Um Licht in das dunkle Geschäft mit der Schokolade zu bringen und Verbraucher:innen bei ihrer Kaufentscheidung zu unterstützen, bewertet die sogenannte Schokoladen-Scorecard jährlich die größten Schokoladenhersteller unter Gesichtspunkten der Umweltfreundlichkeit und fairen Produktion.

  • Schokolade © Katrin Havia / WWF-Finland Die Schokoladen-Scorecard 2024

    Bessere Schokolade ist besser für Menschen und den Planeten! Die Schokoladen-Scorecard findet heraus, was wirklich in der Schokolade steckt. Zur Schokoladen-Scorecard Website

Schokoladenhersteller unter der Lupe

Die Schokoladen-Scorecard wird – unterstützt vom WWF – von der Organisation Be Slavery Free herausgegeben und ihre Grundlage sind Befragungen der Hersteller und Kakaoverarbeiter.

Insgesamt 47 Firmen (38 große und mittlere Unternehmen und neun kleine Unternehmen) und 16 Einzelhändler wurden angefragt, und einige der Unternehmen haben sich dieser Herausforderung tatsächlich gestellt. Letztendlich wurden insgesamt 63 Firmen und Einzelhändler in der Schokoladen-Scorecard 2024 analysiert.

Die einzelnen Kriterien, nach denen die Schokoladen-Scorecard die Unternehmen beurteilt und in einer Rangliste sortiert, sind Transparenz, Einkommen, Kinderarbeit, Entwaldung, Pestizideinsatz und Anbau im Agroforstsystem. Letzteres ist eine besonders naturnahe Anbaumethode, wie unten genauer erklärt wird.

Nachhaltige und faire Schokolade: Die besten Hersteller 2024

Auf den besten Plätzen der Punkte-Karte für nachhaltige Schokolade landen in diesem Jahr bei den mittleren bis großen Herstellern Tony's Chocolonely aus den Niederlanden, Ritter Sport und HALBA aus der Schweiz. Tony's Chocolonely – bekannt durch knallbunte Verpackungen – verliert nur beim Pestizid-Einsatz Punkte. Das Unternehmen zeichnet sich zusätzlich dadurch aus, dass sie sich den Anspruch gesetzt haben, die Schokoladenindustrie insgesamt weltweit verändern zu wollen.

Bei den kleinen Herstellern landet Original Beans wieder auf Platz eins – die Schweizer Marke schneidet in allen Punkten sehr gut ab. Die Plätze zwei und drei belegen hier Beyond Good aus den USA und Chocolatemakers aus den Niederlanden.

Ganz okay bis stark verbesserungswürdig

Im vorderen Mittelfeld auf den Plätzen sieben bis zehn befinden sich die Unternehmen Nestlé, Unilever und Ferrero, die in manchen Punkten schon sehr gut abschneiden und in den anderen Punkten Fortschritte machen.

Nestlé auf Platz acht allerdings beginnt gerade erst, seinen Pestizideinsatz zu verbessern. Im hinteren Mittelfeld liegt zum Beispiel der Hersteller der „Alpia“-Schokolade Stollwerk. Doch selbst dieser beginnt langsam Verbesserungen umzusetzen.

Die Nachfrage nach umweltfreundlicher und fair produzierter Schokolade und dass der Schokoladenindustrie genauer auf den Zahn gefühlt wird, scheint Wirkung zu zeigen. Das ist bitter nötig, denn noch immer fällt die Produktion des süßen Genussmittels viel zu oft zu Lasten der Natur – und ebenfalls zu Lasten der Menschen, die den Kakao dafür pflücken.

Plätze sieben bis 13 (mittlere bis große Unternehmen) der Schokoladen-Scorecard 2024 © BeSlaveryFree
Plätze sieben bis 13 (mittlere bis große Unternehmen) der Schokoladen-Scorecard 2024 © BeSlaveryFree

Kellogg’s: Verlierer der Schokoladen-Scorecard 2024

Auf dem vorletzten Platz der Schokoladen-Bewertung rangiert die Firma Kellanova, früher Kellogg’s, gefolgt nur vom japanischen Unternehmen Daito Cacao. Beide sind absolute Verlierer in diesem Jahr, schneiden in allen Punkten schlecht ab und haben hier großen Nachholbedarf in ihrer Firmenpolitik. Einschließlich der Entwaldung, des Pestizideinsatzes und der Kinderarbeit.

Undurchsichtig bis zum Schluss

Leider gibt es immer noch genügend Firmen, die nicht offenlegen wollen oder können, ob ihre Schokolade frei von Kinderarbeit, Armut und Abholzung ist und unter welchen Bedingungen der Kakao dafür angebaut wurde.

Nachhaltiger Kakao ohne moderne Sklaverei? Auch Supermärkte wurden bewertet

Welche Supermarktketten zeigen Initiative für Kakao und Schokolade aus besserem Anbau? Welche Rolle spielen entsprechende Siegel in der Eigenmarken-Produktpalette und geht das Engagement durch eigene Programme und Partnerschaften sogar noch darüber hinaus? Unter diesen Fragestellungen bewertet die Schokoladen-Scorecard 2024 auch Einzelhändler.

Die ersten drei Plätze belegen dabei Coop, Lidl und WWF-Partner EDEKA! Bei allen drei Unternehmen liegt eine gelbe Gesamtbewertung, das heißt sie sind in einigen Aspekten schon fortschrittlich, aber es gibt noch Luft nach oben. Aldi Süd und Aldi Nord, die 2023 noch den ersten bzw. zweiten Platz belegten, sind auf den vierten bzw. sechsten Platz abgerutscht. Die letzten Plätze gehen an ausländische Ketten wie zum Beispiel Kmart aus Neuseeland.

Mehr als die Hälfte der angefragten Supermarktketten haben aber auch gar nicht geantwortet – darunter REWE, Metro und die französische Kette Casino.

Plätze eins bis sieben (Einzelhändler) der Schokoladen-Scorecard 2024 © BeSlaveryFree
Plätze eins bis sieben (Einzelhändler) der Schokoladen-Scorecard 2024 © BeSlaveryFree

Armut und Umweltzerstörung: Die bittere Kehrseite der Schokolade

Kakao ist ein wertvoller Rohstoff. Sein Anbau gehört zu den größten Verursachern von Entwaldung weltweit und befeuert damit den Klimawandel. Dazu kommen ein enormer Wasserverbrauch und der Einsatz hochgefährlicher Pestizide.

Obwohl die Schokoladenindustrie hohe Gewinne einstreicht, leben außerdem viele Kakaobäuer:innen unter dem Existenzminimum. Sie erhalten nur einen winzigen Bruchteil des Erlöses und sind nicht selten darauf angewiesen, ihre Kinder in die schwere Arbeit einzubinden, um die Familie gerade eben ernähren zu können.

Agroforstsystem: Wie Schokoladenanbau nachhaltig funktionieren kann

Kleinbäuerin Magdalena Vargas bei Kakao-Ernte © Gabriel Vanerio / WWF Ecuador
Kleinbäuerin Magdalena Vargas bei Kakao-Ernte © Gabriel Vanerio / WWF Ecuador

Immer noch bleibt also oft im Dunkeln, wie der Kakao für unsere Schokolade angebaut wurde und welche Wege er genommen hat. Und immer noch übernehmen zu wenige Unternehmen die Verantwortung für saubere, entwaldungsfreie Lieferketten.

Doch der Kakaoanbau kann nachhaltiger und fairer gelingen, als auf großen Plantagen. Eine Alternative sind Agroforstsysteme.

Nachhaltige Anbaumethode: Das Agroforstsystem

In Agroforstsystemen werden Landwirtschaft und Forstwirtschaft kombiniert, wachsen also Bäume neben Acker- und Gemüsepflanzen. Im Fall der Schokolade bedeutet Agroforstwirtschaft, dass die Kakaobäume gemeinsam mit anderen Bäumen und Nutzpflanzen angebaut werden. Plantagen aus Monokulturen werden vermieden und der Pflanzenmix fördert die Widerstandsfähigkeit und Produktivität.

Der WWF arbeitet mit verschiedenen indigenen Kakaokooperativen in Südamerika zusammen, die nach diesem Jahrhunderte alten Prinzip anbauen. Wir empfehlen außerdem Initiativen wie Fairafric oder Paccari, die darüber hinaus die Schokolade im Anbauland produzieren, um die Wertschöpfung vor Ort zu belassen.

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