Marginalisierte Gemeinschaften tragen unverhältnismäßig stark die Kosten des Lebenszyklus von Kunststoffen. Verbrennungsanlagen, Öl- und Gasraffinerien werden überwiegend in Regionen mit einkommensschwacher und marginalisierter Bevölkerung gebaut. Die Menschen werden dadurch gesundheitlichen und wirtschaftlichen Risiken ausgesetzt.
Die Produktion, der Verbrauch und die Entsorgung von Kunststoffen haben erhebliche negative Auswirkungen auf die Gesellschaft, die Umwelt und die Wirtschaft.
Die Menschheit produziert heute jährlich mehr als 200 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle. Das entspricht etwa 523 Billionen Plastikstrohhalmen, die man, wenn man sie der Länge nach auslegt, etwa 2,8 Millionen Mal um die Erde wickeln könnte.
Plastik ist günstig – so scheint es. Doch die Auswirkungen auf fast alle Bereiche unseres Lebens werden derzeit nicht im Preis von Kunststoffen berücksichtigt. Für jeden Dollar, den die Hersteller für Plastik bezahlen, müssen Regierungen und die Gesellschaft mindestens zehnmal so viel bezahlen, um die zahllosen negativen Auswirkungen zu beheben.
Laut einem neuen Bericht des WWF und der Beratungsfirma Dalberg werden die Lebenszeitkosten von Plastik, das 2019 produziert wird, auf 3,7 Billionen US-Dollar geschätzt, das ist mehr als das Bruttoinlandsprodukt von ganz Indien.
Die Spitze des Eisbergs
Die derzeit bezifferbaren gesellschaftlichen Kosten von Plastik sind beträchtlich, aber dies könnte nur die Spitze des Eisbergs sein. „Die Kosten der Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit sowie auf die Ökosysteme an Land konnten bislang noch nicht oder nur schwer quantifiziert werden und könnten die Zahlen in Zukunft noch weiter in die Höhe treiben.“ erklärt Bernhard Bauske, Experte für Plastikmüll beim WWF Deutschland.
In dem Plastik-Bericht wird davor gewarnt, dass sich die Kunststoffproduktion bis 2040 verdoppeln und die Kunststoffverschmutzung verdreifachen wird, wenn es nicht gelingt, die wahren Kosten von Kunststoffen zu erkennen und zu beseitigen. Dass diese Kosten momentan nicht berücksichtigt und einkalkuliert werden, liegt an uneinheitlichen Regulierungsansätzen, falschen Anreizen, fehlenden technischen Kapazitäten und finanzieller Unterstützung an falscher Stelle.
„Erstmals gibt es eine so klare Bewertung der nicht bezifferten langfristigen Kosten, die die Gesellschaft durch die Plastikverschmutzung zu tragen hat. So wird auch deutlich, dass in etlichen Ländern, zum Beispiel in Südostasien, die Kosten für Abfallentsorgung von der Allgemeinheit getragen werden, nicht von den Herstellern. Um dieses Ungleichgewicht zu beenden, brauchen wir in diesen Ländern dringend einen gesetzlichen Rahmen für eine erweiterte Produzentenverantwortung.“
Explodierende Lebensdauerkosten
Die gesellschaftlichen Lebensdauerkosten des für 2040 prognostizierten Neuplastiks könnten sich auf mehr als 7,1 Billionen US-Dollar belaufen, was etwa 85 Prozent der weltweiten Gesundheitsausgaben im Jahr 2018 entspricht und größer ist als das Bruttoinlandsprodukt von Deutschland, Kanada und Australien im Jahr 2019 zusammen.
Plastik und seine Auswirkungen sind eine grenzüberschreitende Angelegenheit mit internationalen Verursachern. Wir benötigen deshalb eine globale Antwort auf dieses Problem!
Die Politik ist gefragt
Um diese Krise auf einer systemischen Ebene anzugehen und die Kosten, die Plastik der Gesellschaft verursacht, effektiv zu reduzieren, fordert der WWF von den Regierungen, auf der UN-Umweltversammlung im Februar 2022 ein rechtsverbindliches globales Abkommen gegen die Plastikverschmutzung der Meere zu initiieren.
Ein globaler Vertrag muss sich mit allen Phasen des Lebenszyklus von Plastik befassen und die Verschmutzung der Meere durch Plastik bis 2030 stoppen. Bisher gelangen mehr als 11 Millionen Tonnen Plastik jedes Jahr in die Ozeane. Falsch entsorgter Plastikmüll kann die Fähigkeit der Meere gefährden, als Kohlenstoffsenke zu fungieren, und damit die Klimakrise weiter verschärfen.
Mehr als 2,1 Millionen Menschen aus der ganzen Welt haben eine WWF-Petition unterzeichnet, in der ein globaler Vertrag über die Verschmutzung der Meere durch Plastik gefordert wird. 75 Unternehmen haben ihre Unterstützung für das Abkommen bekundet. Nach einer Ministerkonferenz zu dem UN-Abkommen haben sich bereits 119 Staaten – also die Mehrheit der UN-Mitglieder – für ein globales Abkommen gegen die Plastikflut ausgesprochen. Es ist jetzt an der Zeit, dass auf diese Worte endlich Taten folgen!
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