Plastik gilt als billig, schnell hergestellt und unglaublich praktisch. Doch das Material ist alles andere als günstig. Seine Herstellung, vor allem aber seine Entsorgung und die von ihm verursachte Verschmutzung sind mit hohen sozialen, ökologischen und ökonomischen Kosten verbunden. Und auf diesen bleiben vor allem die ärmeren Länder sitzen, so ein aktueller Bericht des WWF.

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Der WWF-Bericht „Who pays for Plastic Pollution“, zeigt: Vor allem ärmere Länder zahlen den Preis für den weltweiten Überkonsum von Plastik. In Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen sind die „wahren Kosten“ von Plastik acht- bis zehnmal höher, obwohl pro Kopf fast dreimal weniger Plastik genutzt wird als in Ländern mit hohem Einkommen.

Plastik auf Kosten der Gesundheit

Illegale Müllhalde in Vietnam © Bernhard Bauske / WWF
Illegale Müllhalde in Vietnam © Bernhard Bauske / WWF

Neben den direkten Umweltschäden sind es vor allem gravierende Gesundheitsrisiken, die die weltweite Plastiknutzung in armen Ländern verursacht: In Laos beispielsweise ist die giftige Luftverschmutzung durch das Verbrennen von Kunststoffen unter freiem Himmel inzwischen für fast zehn Prozent der jährlichen Todesfälle verantwortlich.

Insgesamt verursachen Krankheiten im Zusammenhang mit unsachgemäßem Abfallmanagement jährlich bis zu einer Million Todesfälle, vor allem in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Hinzu kommen die oft prekären Arbeitsbedingungen in der Abfallwirtschaft.

Strukturelle Schieflage – von Anfang an

Müllsammler auf Deponie in Vietnam © Denise Stilley / WWF Vietnam
Müllsammler auf Deponie in Vietnam © Denise Stilley / WWF Vietnam

Der Bericht zum Preis der Plastikverschmutzung zeigt auch, dass sich dieses Ungleichgewicht durch die gesamte Wertschöpfungskette zieht: von der Produktion bis zur Entsorgung. Es ist ein strukturelles Problem – und die Kosten tragen die Länder, die am wenigsten zur Plastikverschmutzung beitragen.

„Unser 'Take, Make, Waste'-Plastiksystem ist so konzipiert, dass es die schwächsten und am meisten benachteiligten Länder der Welt am stärksten belastet“, so Alice Ruhweza, Senior Director of Policy, Influence and Engagement bei WWF International. Anstatt die globale Plastikverschmutzungskrise auf die effizienteste Art und Weise anzugehen, wälzt das System den Großteil der Kosten auf diejenigen ab, die am wenigsten dazu in der Lage sind, sie zu bewältigen – ohne dass diejenigen zur Rechenschaft gezogen werden, die die Produkte überhaupt erst herstellen und verwenden.

Der WWF-Bericht identifiziert drei wesentliche strukturelle Ungleichheiten, die das derzeitige Plastiksystem antreiben und Ungleichheiten fördern:

  1. Mangel an Einflussmöglichkeiten: Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen haben nur minimalen Einfluss auf die Produktion und das Design von Kunststoffprodukten, obwohl von ihnen erwartet wird, diese Produkte am Ende ihres Lebenszyklus zu recyclen oder zu entsorgen. 
  2. Begrenzte Kapazitäten: Die rasche und exponentiell steigende Produktion von Kunststoffen, insbesondere von Einwegartikeln, übersteigt die verfügbaren Ressourcen für das Abfallmanagement in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. 
  3. Mangelnde Rechenschaftspflicht: Das derzeitige System enthält keine Mechanismen, um Länder und Unternehmen für ihr Handeln oder Nichthandeln in Bezug auf die Plastikverschmutzung und deren Auswirkungen auf unsere Gesundheit, die Umwelt und die Wirtschaft zur Rechenschaft zu ziehen. 

„Unser 'Take, Make, Waste'-Plastiksystem ist so konzipiert, dass es die schwächsten und am meisten benachteiligten Länder der Welt am stärksten belastet.“

Alice Ruhweza, Senior Director of Policy, Influence and Engagement bei WWF International

Das Problem wird sich verschärfen

Das Fehlen globaler Regeln, Vorschriften und koordinierter Maßnahmen verschärft die grenzüberschreitende Plastikverschmutzungskrise. Die globale Kunststoff-Wertschöpfungskette ist unreguliert und die Produktion und der Verbrauch von Plastik erreichen Rekordhöhen, ebenso die Plastikverschmutzung. Allein im Jahr 2019 gelangten zwei Millionen Müllwagenladungen Plastikmüll in die Weltmeere.

Ohne klare Vorgaben, was die Länder tun müssen, um die Plastikverschmutzung zu stoppen, wird die Menge an unsachgemäß entsorgtem Plastikmüll bis 2040 voraussichtlich um fast 90 Prozent steigen. Hochriskante und vermeidbare Einwegplastikprodukte werden weiterhin in Rekordmengen produziert und in Umlauf gebracht – trotz der immensen Risiken für Umwelt und Gesellschaft.

Wir brauchen ein faires Abkommen

Einweg-Plastikverpackungen © GettyImages
Einweg-Plastikverpackungen © GettyImages

Der aktuelle WWF-Bericht unterstreicht, wie wichtig es ist, ein globales Plastik-Abkommen mit weltweit einheitlichen und verbindlichen Regeln zu schaffen und umzusetzen.

„Ärmere Länder sind schlechter gegen die grenzüberschreitende Plastikflut gewappnet und zahlen einen überproportional hohen Preis, obwohl sie nur für einen Bruchteil des Verbrauchs verantwortlich sind“, so Laura Griestop, Expertin für Plastik und Verpackungen beim WWF Deutschland. „Ein starkes UN-Abkommen mit verbindlichen und harmonisierten Regeln für Produktion und Konsum kann ein gerechteres System schaffen und ärmere Länder im Kampf gegen Plastikmüll stärken.“

Für ein wirksames Plastikabkommen fordert der WWF daher, Plastikprodukte mit hohem Verschmutzungsrisiko sowie besonders problematische oder giftige Polymere und Chemikalien zu verbieten oder ihre Produktion auslaufen zu lassen. Ebenso muss das Plastikmüllabkommen globale Regeln für das Produktdesign enthalten, die die Wiederverwendbarkeit und Recyclingfähigkeit verbessern und zu einer Kreislaufwirtschaft führen.

Vom 13. bis 19. November 2023 trafen sich die UN-Mitgliedsstaaten in Nairobi, Kenia, zur dritten von fünf Verhandlungsrunden für das neue Plastikabkommen. Der WWF appelliert an die Regierungen aller Länder, ein Abkommen mit verbindlichen Regeln zu verhandeln, das der weltweiten Plastikverschmutzung ein Ende setzt!

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