Die Verwendung von Mehrweglösungen ist ein entscheidender Hebel im Kampf gegen die weltweite Plastikverschmutzung. Wenn mehr Verpackungen wiederverwendet werden, bevor sie schlussendlich recycelt werden, reduziert dies sowohl den Eintrag von Plastik in die Umwelt als auch die Nutzung von Ressourcen wie Papier oder Kunststoff. Der Gemeinschaftsbericht von WWF und der Ellen MacArthur Foundation „Reuse in the Global South“ beleuchtet, wie Unternehmen im Globalen Süden bei der Nutzung von Mehrwegsystemen bereits vorangehen und erfolgreich sind.
Reuse steht in diesem Fall für Re-Use, also Wiederverwendung. Die Nutzung von Mehrwegsystemen ist im Globalen Süden kein neues Phänomen, sondern hat eine lange Tradition. Weltweit bekannt ist beispielsweise das indische Dabbawala-System: Lieferant:innen bringen anderen Menschen privat gekochtes Essen oder Essen aus Großküchen in mehrteiligen Metallbehältern an den Arbeitsplatz.
Auch auf den Philippinen kennt man Mehrweg schon lange: Die Tingi-Kultur etwa, also der Verkauf von Waren in kleinen, erschwinglichen Mengen, hat ihren Ursprung im Nachfüllen von Mehrwegbehältern wie Taschen oder Körben auf lokalen Märkten. Erst in jüngerer Zeit wurden diese Mehrwegverpackungen durch Einwegverpackungen ersetzt.
Dennoch ist das Mehrwegkonzept im globalen Süden nach wie vor stark: Der asiatisch-pazifische Raum hat beispielsweise einen Anteil von 35 Prozent am weltweiten Markt für Mehrweg-Glasflaschen, der für 2022 auf 5,24 Milliarden US-Dollar geschätzt wird und bis 2032 um sechs Prozent wachsen soll.
Fallstudien-Bericht "Reuse in the Global South"
Der Bericht „Reuse in the Global South“ zeigt in zwölf Fallstudien, aufgeteilt in vier Produktkategorien, dass Mehrwegansätze überall schon heute funktionieren können: Getränkeflaschen, Essen vor Ort und zum Mitnehmen, Haushaltswaren und Körperpflegeprodukte sowie B2B-Verpackungen.
Für den Bericht führte Circular Economy Consultant Brian Bauer Interviews mit 20 Mehrweg-Start-ups aus dem Globalen Süden sowie mit internationalen Unternehmen, die in der Region tätig sind. Die Interviews geben einen aktuellen Einblick in den Stand der Dinge sowie die Herausforderungen und Chancen für Mehrwegmodelle im Globalen Süden:
Getränke wurden als einer der Bereiche identifiziert, in denen die Mehrwegnutzung am schnellsten ausgeweitet werden könnte. In einigen Ländern des globalen Südens ist der Markt für Mehrweggetränke bereits entwickelt, mit bestehender Infrastruktur und funktionierenden und skalierten Geschäftsmodellen. Eine Ausweitung des Mehrweganteils hätte enorme Wirkung: Eine Steigerung des Mehrweganteils bei Getränken um 10 Prozent bis 2030 könnte 1 Billion Einwegflaschen ersetzen.
Die zunehmende Nutzung von Essen zum Mitnehmen, Lieferdiensten und Restaurants hat zu einem entsprechenden Anstieg bei der Verwendung von Einweg-Lebensmittelverpackungen geführt. Die Umstellung auf wiederverwendbare Verpackungen ist ein vielversprechender Hebel, um der wachsenden Umweltbelastung durch schnelllebige Einwegverpackungen entgegenzuwirken. Die rasche Zunahme des Konsums von Fertiggerichten in den Ländern des Globalen Südens bietet die Chance, den Einsatz von Mehrwegverpackungen schnell auszuweiten.
Im globalen Süden werden Haushalts-, Körperpflege- und Lebensmittelprodukte häufig in klein portionierten Einwegverpackungen verkauft. Derzeit werden in Südostasien jährlich 146 Milliarden Kunststoffbeutel für Haushalts- und Körperpflegeprodukte verwendet. Ursprünglich sollten Portionsbeutel den ländlichen Markt und Haushalte mit geringen Einkommen erschließen, doch mit steigender Kaufkraft wuchs die Nachfrage. Bleibt alles unverändert, könnten bis 2040 etwa 40 Billionen Einwegverpackungen in den Meeren landen. Die Steigerung des Mehrweganteils in diesen Bereichen ist von entscheidender Bedeutung, um dieser ökologischen Herausforderung zu begegnen.
Wiederverwendbare Verpackungen im B2B-Umfeld sind bereits heute eine vielgenutzte Alternative zu Einwegverpackungen. Transportverpackungen werden häufig innerhalb eines Unternehmens wiederverwendet, aber es gibt auch branchenweite Mehrwegsysteme, bei denen mehrere Unternehmen einen gemeinsamen Satz standardisierter Mehrwegverpackungen verwenden. So hat beispielsweise ein Unternehmen in Lateinamerika allein 30 Millionen Mehrwegpaletten im Umlauf.
Mehrwegmodelle funktionieren weltweit und bieten – wenn sie skaliert sind – sowohl ökologische als auch ökonomische Vorteile. Sie kommen jedoch nicht ohne Herausforderungen: Häufig fehlt der Zugang zu Finanzmitteln, um in die notwendige Mehrweg-Infrastruktur zu investieren, und es fehlen einheitliche Richtlinien und Standards. Diese sind jedoch wichtig, da sie die Zusammenarbeit erleichtern und auch das Vertrauen der Verbraucher in neue Mehrwegansätze stärken.
Diese Herausforderungen können am besten gemeinsam gemeistert werden. Ein einheitlicher Rahmen bietet Orientierung und kann den Fortschritt beschleunigen.
Das globale Plastik-Abkommen bietet jetzt die Chance, eben diese Rahmenbedingungen wie gemeinsame Definitionen, Kriterien und Ziele für mehr Mehrwegsysteme zu setzen. Da die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind, haben die Regierungen jetzt die Möglichkeit, sich für ein ehrgeiziges Abkommen einzusetzen, das globale Regeln für den gesamten Lebenszyklus von Kunststoffen festlegt und die Verwendung von Mehrwegprodukten stärker in den Vordergrund rückt.
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