Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) werden derzeit 1,3 Milliarden Tonnen essbare Lebensmittel unnötigerweise weggeworfen. Damit einher geht eine Ressourcenverschwendung von ungeheurem Ausmaß. Dies betrifft auch Deutschland: über 18 Millionen Tonnen an Lebensmitteln landen hier pro Jahr in der Tonne. Dies entspricht fast einem Drittel des aktuellen Nahrungsmittelverbrauchs von 54,5 Millionen Tonnen in Deutschland. Von dieser Lebensmittelverschwendung wären bereits heute fast zehn Millionen Tonnen vermeidbar. Umgerechnet werden 313 Kilogramm genießbare Nahrungsmittel pro Sekunde entsorgt – ob nach der Ernte, bei der Weiterverarbeitung, im Großhandel, im Restaurant oder bei uns zu Hause.

Lebensmittelverschwendung ist schlecht für Umwelt und Klima

Ackerfeld © Zbynek Burival / Unsplash
Ackerfeld © Zbynek Burival / Unsplash

Alle Lebensmittel, die wir in Deutschland verbrauchen, werden angebaut und benötigen für ihre Erzeugung eine bestimmte Fläche an Ackerland bzw. Grünland. Rechnet man die fast zehn Millionen Tonnen an vermeidbarer Lebensmittelverschwendung in den damit einhergehenden Flächenfußabdruck um, so wird eine Fläche von über 2,6 Millionen Hektar mit Agrarrohstoffen angebaut, nur um diese nach der Ernte irgendwo entlang der Wertschöpfungskette zu entsorgen. Dies entspricht fast 15 Prozent der gesamten Fläche, die wir für die Erzeugung der Agrarrohstoffe für unsere Ernährung benötigen.

Außerdem sind alle Lebensmittel, die „umsonst“ produziert werden, mit einem spezifischen, je nach Produkt unterschiedlich hohen Klimafußabdruck verbunden – angefangen bei Treibhausgasemissionen, die bei der Düngung frei werden, über den Transport, die Lagerung, die Kühlung, die Weiterverarbeitung bis hin zur Entsorgung. Umgerechnet sind diese zehn Millionen Tonnen mit einem Ausstoß von Treibhausgasen von fast 22 Millionen Tonnen verbunden, was in etwa dem Doppelten des Klimagasausstoßes der deutschen Abfallwirtschaft entspricht.

Ursachen für Lebensmittelverschwendung

 Frisch geerntete Kartoffeln © Ola Jennersten / WWF-Sweden
Frisch geerntete Kartoffeln © Ola Jennersten / WWF-Sweden

Die Ursachen für Lebensmittelverschwendung sind vielfältig. Dies fängt schon auf dem Acker an. Aufgrund der strengen Handelsnormen und hohen Anforderungen der Supermärkte oder der weiterverarbeitenden Lebensmittelindustrie wird ein Teil der Ernte bereits auf dem Feld aussortiert. 

Während der Weiterarbeitung entstehen Verluste durch Transportschäden, falsche Lagerung oder technische Ursachen. In der Gastronomie liegen die Gründe z.B. an der schlechten Planbarkeit, der Überproduktion für Buffets oder den zu großen Portionen. Oft fehlt den Betrieben das Wissen, an welcher Stelle wie viele Lebensmittelabfälle anfallen und wie viel dies in der Gesamtheit pro Tag, pro Woche oder pro Monat ist.

Ebenso werden im Groß- und Einzelhandel große Mengen Lebensmittel aussortiert. Ist eine Orange im Netz oder eine Tomate in der Kiste verdorben, wird alles weggeschmissen. Ein weiterer Grund liegt in dem Umgang mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD). Ist das MHD bald erreicht, gilt die Ware nicht mehr als verkäuflich. Anreize an die Verbraucher:innen, mehr und größere Packungen zu kaufen, sorgen wiederrum dafür, dass Abfälle in den Privathaushalten anfallen. 

Auch im privaten Haushalt sind die Gründe für Lebensmittelverschwendung vielfältig. Hier liegt es oft an der falschen Lagerung, der mangelhaften Einkaufsplanung oder daran, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum als Wegwerfdatum gesehen wird.

Was können wir gegen Lebensmittelverschwendung tun?

Acker mit Wildblumen © photonaj / iStock / Getty Images Plus
Acker mit Wildblumen © photonaj / iStock / Getty Images Plus

Auf der Ebene des Groß- und Einzelhandels sowie der Großverbraucher, wie etwa in der Gastronomie oder den Betriebskantinen, beläuft sich die Lebensmittelverschwendung auf fast 6 Millionen Tonnen mit einem Vermeidungspotential von 70 bis 90 Prozent. Der weitaus überwiegende Teil der Nahrungsmittel wäre durch ein verbessertes Management entlang der Wertschöpfungskette, ein anderes Verbraucher:innenverhalten sowie veränderte Marketingstrategien vermeidbar. 

Beispiele aus anderen Ländern zeigen, dass bereits durch einfache Maßnahmen, z.B. durch die transparente Erfassung des Lebensmittelabfalls oder das Angebot verschiedener Portionsgrößen, die Lebensmittelabfälle bis zu 40 Prozent reduziert werden konnten. Eine besondere Vorbildfunktion haben hier die Bildungseinrichtungen (Kindergärten, Schulen, Universitäten) sowie die öffentlichen Kantinen.

Lebensmittel müssen wieder mehr wertgeschätzt werden. Dabei spielen unsere Konsumgewohnheiten eine große Rolle. Es ist gar nicht so schwer Lebensmittelabfälle zu vermeiden. Wir müssen uns erst einmal bewusst machen, dass Obst und Gemüse natürliche Produkte sind und es daher ganz selbstverständlich ist, dass sie nicht immer perfekt aussehen. Als Verbraucher:in ist es hilfreich, zu schauen, was man eigentlich wegwirft und dort sollte man ansetzen.

Wer häufig zu viel einkauft, könnte Listen schreiben und ganz genau planen. Ansonsten kann man Überschüssiges auch einfrieren, an Freund:innen und Nachbar:innen weitergeben oder einfach etwas Kreatives daraus kochen. Zudem sollte das Mindesthaltbarkeitsdatum nicht als Stichtag zum Wegwerfen gesehen werden. Durch Riechen oder Probieren kann die Verzehrbarkeit geprüft werden.

  • Beim Essen bleiben häufig Reste übrig © David Bebber / WWF-UK Tipps gegen Verschwendung: Lebensmittel retten. Umwelt schützen.

    Jedes dritte Lebensmittel in Deutschland wird weggeschmissen. Mit unseren Tipps machen Sie Schluss mit Verschwendung. So schonen Sie Ressourcen und die Umwelt. Zu den Tipps

Prioritäten zur Verwertung von Lebensmittelabfällen

  1. Vermeidung und Reduktion von Lebensmittelabfällen
  2. Verarbeitung von Lebensmittelresten zu anderen Lebensmitteln
  3. Verarbeitung von Lebensmittelresten zu Futtermitteln
  4. Nutzung von Lebensmittelresten als Bio-Rohstoff
  5. Nutzung von Lebensmittelresten zur energetischen Nutzung
  6. Nutzung von Lebensmittelresten zur Kompostierung

Das Ziel: Halbierung der Lebensmittelverschwendung bis 2030

Sowohl die EU als auch die Bundesregierung Deutschlands haben sich bis 2030 das Ziel gesetzt, die Lebensmittelabfälle auf Handels- und Verbraucher:innenebene zu halbieren, und entlang der gesamten Lieferkette zu reduzieren. Bislang hat die Bundesregierung jedoch keine Strategie vorgelegt, die aufzeigt, wie dieses Ziel erreicht werden kann und vor allem wie sie dieses messen und kontrollieren möchte.

Das tut der WWF gegen Lebensmittelverschwendung

Der WWF engagiert sich auf sehr vielfältige Weise zum Thema Lebensmittelverschwendung. Durch Kampagnen tragen wir das Thema in die breite Öffentlichkeit und versuchen die Aufmerksamkeit für die Problematik zu erhöhen. In verschiedenen Studien zeigen wir auf, wie sich unser alltäglicher Umgang mit Lebensmitteln auf die Umwelt auswirkt, blicken dabei aber auch auf die sozialen Konsequenzen. Darüber hinaus schauen wir auf die Politik. Welche internationalen Ziele gibt es und wie werden diese umgesetzt, wie spiegelt sich dies in der europäischen Politik wider und wie ist die Politik der Bundesregierung und der Bundesländer zu bewerten.

Durch die fortwährende Politikarbeit versucht der WWF politische Handlungsoptionen aufzuzeigen und umzusetzen, damit das Ziel der Halbierung der Lebensmittelabfälle bis 2030 auch erreicht wird.

Forderungen des WWF gegen Lebensmittelverschwendung

Forderungen an die Bundesregierung
  • Dem Beschluss des Bundesrates umgehend nachzukommen und für alle Wirtschaftsbeteiligten auf allen Herstellungs- und Handelsebene eine Pflicht zur Reduzierung der Lebensmittel umsetzen.
  • Bei Wirtschaftsbeteiligten darauf hinzuwirken, dass Standards für Obst und Gemüse, die auf ästhetischen Merkmalen basieren, keine Anwendung mehr finden. Voraussetzung dafür ist eine bessere Unterscheidung der auf EU-Ebene gesetzlich vorgegebenen Vermarktungs- und Qualitätsnormen von zusätzlichen freiwilligen Qualitätsstandards.
  • Sich in Brüssel im Rat dafür einzusetzen, dass die geplanten EU-weiten Ziele zur Reduktion von Lebensmittelverschwendung entlang der gesamten Lieferkette gelten – beginnend mit den Vorernteverlusten. Derzeit sind Vorernte- und Ernteverluste nicht Teil der offiziellen Statistik und fallen deshalb durchs Raster. 
  • Ein tiefgehendes und verbindliches Daten-Reporting entlang der gesamten Lieferkette für Unternehmen umzusetzen. Ein großes Problem bei der Reduzierung der Lebensmittelverschwendung ist derzeit die unsichere Datenlage, die ausgehend von der Politik verbessert werden muss. Besonders durch die ungenauen Daten auf den frühen Stufen der Lieferketten entsteht ein verzerrtes Bild und auch das politische Augenmerkt liegt oft auf den Verbraucher:innen.
Forderung an die Unternehmen
  • Erfassung und Ursachenanalyse der Lebensmittelverschwendung entlang der Wertschöpfungskette
  • Etablierung von Vermeidungsstrategien
  • Integration des Aspektes der Vermeidung von Lebensmittelabfällen in die Nachhaltigkeitsberichterstattung
  • Zusammenarbeit auf Augenhöhe und Prüfung der Bedingungen für Lieferanten im Hinblick auf die Verursachung von Lebensmittelabfällen
  • Externe und interne Kommunikationskampagnen zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen sowie Erhöhung der Wertschätzung für Lebensmittel

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