Was wir essen, hat gewaltige Folgen für Natur und Klima. Der WWF Österreich stellt nun mit der Ernährungspyramide 2.0 konkrete Verzehrempfehlungen vor, die unseren Planeten weniger belasten. Die Empfehlungen sind Ergebnis einer Studie der Wirtschaftsuniversität Wien und gelten für Österreich, sind jedoch ganz allgemein auf Deutschland übertragbar. Halb so viel Fleisch zu essen, ist eine der Empfehlungen. 

Wie unsere Ernährung die Umwelt belastet

Gemüse und Kräuter im eigenen Garten © GettyImages
Gemüse und Kräuter im eigenen Garten © GettyImages

Unsere Essgewohnheiten überschreiten die Belastungsgrenzen der Erde massiv. So verbraucht der Agrar- und Nahrungsmittelsektor rund 70 Prozent des Wassers, während er etwa ein Viertel der klimaschädlichen Treibhausgase erzeugt. Auch 70 Prozent des Verlustes biologischer Vielfalt an Land und 80 Prozent der Entwaldung entstehen durch die Produktion, den Transport und die Lagerung von Lebensmitteln. Kurzum: Was wir (aktuell) essen, bedroht die Natur beträchtlich.

Gesunde Ernährung: Empfehlungen als Ernährungspyramide

Wie wir uns gesund ernähren, dafür gibt es in vielen Ländern Empfehlungen – häufig verpackt als anschauliche Pyramide aus Nahrungsmitteln und Getränken. Ihr Prinzip ist einfach: Je weiter unten ein Lebensmittel in der Pyramide steht, desto häufiger sollten wir es in unseren Speiseplan einbauen. 

Die österreichische Ernährungspyramide besteht aus sechs Lebensmittelgruppen sowie Getränken und gilt seit 2010. Die offizielle Lebensmittelpyramide in Deutschland ist seit 2005 dreidimensional und verknüpft qualitative und quantitative Aussagen: Auf ihren vier Seiten finden wir Informationen zur Wertigkeit pflanzlicher und tierischer Lebensmittel sowie von Ölen und Fetten, aber auch Getränken. Der Ernährungskreis auf der Unterseite indes veranschaulicht, welchen Anteil verschiedene Lebensmittelgruppen in unserem Speiseplan haben sollten. 

So unterschiedlich die aktuellen Ernährungspyramiden beider Länder zunächst erscheinen, geben sie doch ähnliche Verzehrempfehlungen.

Ernährungspyramide 2.0 © WWF Österreich
Ernährungspyramide 2.0 © WWF Österreich

Was ist neu an der Ernährungspyramide 2.0?

Hülsenfrüchte und Nüsse © pexels / Vanessa Loring
Hülsenfrüchte und Nüsse © pexels / Vanessa Loring

Die im März 2023 vorgestellte Ernährungspyramide 2.0 berücksichtigt erstmals die Belastungsgrenzen der Erde und versucht die ökologischen Folgen unserer Ernährung zu verringern. Sie wurde auf Grundlage einer von der Wirtschaftsuniversität Wien im Auftrag des WWF Österreich durchgeführten Studie erarbeitet. 

Im Vergleich zur aktuell geltenden Ernährungspyramide empfiehlt die Studie für Österreich sowohl den Verzehr von Fleisch und Fisch als auch von Eiern um die Hälfte zu senken. Milchprodukte sollten sogar zu zwei Dritteln seltener auf den Tisch kommen, dafür jedoch mehr Hülsenfrüchte, Nüsse und pflanzliche Fette.

Portionsempfehlungen laut Ernährungspyramide 2.0

Die Ergebnisse der Studie schlagen sich in deutlich veränderten Portionen nieder:  

  • maximal eine Portion rotes Fleisch alle zwei Wochen 
  • höchstens eine Portion fettarmes, weißes Fleisch sowie ein bis zwei Eier pro Woche
  • eine Portion Milch oder Milchprodukte täglich
  • je zwei Portionen Obst und Gemüse sowie eine Portion Hülsenfrüchte täglich  
  • generell: Steigerung des Anteils von Getreide (Brot, Müsli, Couscous, Hirse, …), Kartoffeln, Hülsenfrüchten, Nüssen und Pflanzenölen
  • Reduktion von Kaffee, Tee, Kakao von täglich 3 Tassen auf 1 bis 2 Tassen
  • wie bisher: selten süße, salzige, fettige Snacks

Hand in Hand: Ernährungspyramide 2.0 und Besseresser:innen

Mit dem Projekt „Besseresser:innen – planetarisch kulinarisch“ hat der WWF Deutschland 2021 aufgezeigt, wie nachhaltige Wochenmenüs aussehen können. Nun macht der WWF Österreich einen Vorstoß in Richtung umweltschonender und gesunder Ernährung. Wie passt das zusammen?

Die Initiativen beziehen sich zwar auf verschiedene Länder, ein genauer Blick fördert jedoch viele Gemeinsamkeiten zutage. Beide Studien stützen sich auf die Planetary Health Diet (PHD) der EAT-Lancet-Kommission. Sowohl für Deutschland als auch für Österreich wird klar, dass die aktuelle Ernährung im Vergleich zur flexitarischen – also fleischhaltigen – PHD übermäßig viel Fleisch enthält, dagegen aber zu wenig Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und Nüsse. Beide Berechnungen zeigen große Chancen auf, die Umwelt zu entlasten: Würde die Bevölkerung auf die umweltschonende Ernährung umsteigen, könnten wir den Flächenbedarf in Deutschland um 18 Prozent bzw. 23 Prozent in Österreich verringern und deutlich weniger Treibhausgasemissionen verursachen (27 Prozent in Deutschland und 51 Prozent in Österreich).

„Auch mit der Ernährungspyramide 2.0 überschreiten wir weiterhin planetare Grenzen, allerdings in deutlich geringerem Ausmaß. Wir unterstützen unsere Kolleg:innen vom WWF AT bei dem Vorstoß, die aktuellen Ernährungsempfehlungen zu reformieren. Ebenso begrüßen wir, dass die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) aktuell an neuen Empfehlungen für Deutschland arbeitet, die zukünftig Nachhaltigkeitsdimensionen berücksichtigen sollen. Wir hoffen, dass dadurch das Bewusstsein für eine nachhaltige Ernährung gesteigert werden kann und zu einem veränderten Essverhalten führt.“

Rebekka Adkins, Referentin für gesunde und nachhaltige Ernährung beim WWF Deutschland

Nachhaltig essen – Was der WWF empfiehlt

Auch wenn die offiziellen nachhaltigen Ernährungsempfehlungen noch ausstehen, ist es höchste Zeit etwas zu ändern. Der WWF fasst Möglichkeiten zusammen:

Handlungsempfehlungen für die Politik
Einkaufen im Supermarkt © Shutterstock
Einkaufen im Supermarkt © Shutterstock

Einer der stärksten Einflussfaktoren für die Umweltbelastung ist der Fleischanteil unserer Ernährung. Um die Natur zu schonen, sollten wir vor allem pflanzliche Produkte essen. Allerdings wird – für Deutschland – aktuell nicht einmal die Hälfte des Obst- und Gemüsebedarfs durch den Anbau im Land gedeckt. Die Politik sollte hiesige Erzeuger:innen fördern, mehr Obst und Gemüse, aber auch Nüsse und Hülsenfrüchte (nachhaltig) anzubauen

Konsument:innen müssen die Umweltfreundlichkeit eines Produkts schnell erfassen können. Ein Nachhaltigkeitslabel für Lebensmittel kann ihnen dabei Orientierung bieten. Ziel sollte es sein, auf nationaler und europäischer Ebene ein Label zu entwickeln, das beispielsweise Wasserrisiken, Biodiversitätsverlust, aber auch Sozial- und Gesundheitsaspekte beinhaltet.

Noch immer sind gesunde und nachhaltige Lebensmittel teurer als ihre herkömmlichen Pendants. Eine veränderte Besteuerung der Nahrungsmittel kann eine sozial gerechte, gesundheitsfördernde und umweltverträgliche Ernährung unterstützen.

Öffentliche Einrichtungen sollten eine Vorreiterrolle übernehmen und neue offizielle Empfehlungen bei ihrer Verpflegung umsetzen. Gleichzeitig sollten Bund und Länder schnellstens Zielvorgaben und Mindestkriterien für eine nachhaltige Beschaffung und Verpflegung festlegen, die verpflichtend in die Ausschreibungen und Vergabeverfahren für öffentliche Einrichtungen eingehen.

Forderungen an die Wirtschaft
Fairtrade-Bananen © WWF / Richard Stonehouse
Fairtrade-Bananen © WWF / Richard Stonehouse

Ohne nachhaltige Erzeugung kein nachhaltiger Konsum: Es ist längst überfällig, dass Unternehmen verbindliche Nachhaltigkeitskriterien für die Produktion aller Rohstoffe entlang der gesamten Wertschöpfungskette berücksichtigen – ganz unabhängig von ihrer Nutzung als Lebens- oder Futtermittel oder bei der Energiegewinnung. Neben der Achtung sozialer und ökologischer Standards heißt das, dass Unternehmensaktivitäten die Ernährung der Menschen und Tiere in den Produktionsländern zu keiner Zeit gefährden oder einschränken dürfen. Eine entsprechende Kennzeichnung der Produkte ermöglicht Verbraucher:innen eine informierte Kaufentscheidung.

Orientierung für Konsument:innen
Veganer Eintopf mit Tomaten © Reetta Pasanen / WWF
Veganer Eintopf mit Tomaten © Reetta Pasanen / WWF

Jeder Happen zählt: Als Konsument:innen entscheiden wir mit jeder Mahlzeit darüber, wie Lebensmittel produziert werden und woher sie stammen.

  • Pflanzliche Eiweiße sind nicht nur gesünder für den Menschen, sondern auch besser für die Umwelt als tierische Proteine. Gleichzeitig gestalten wir unsere Mahlzeiten mit Bohnen, Lupinen, Linsen und Co. bunter.
  • Sonntagsbraten statt Werktagsschnitzel: Die Reduktion tierischer Lebensmittel ist der größte Hebel, um planetenfreundlich zu essen. Deshalb zählt jeder Schritt hin zu einer fleischärmeren Ernährung. Und dafür gibt es viele Wege. 
  • Genuss statt Masse bei Milchmahlzeiten: Auch Käse, Sahne und Butter, Jogurt und Milch zählen zu den tierischen Produkten. Inzwischen gibt es viele Alternativen wie Hafermilch oder Joghurt auf Kokosbasis, um Molkereiprodukte auf unserem Speiseplan zu reduzieren. 
  • Den richtigen Fisch auf den Tisch: Je nach Herkunft und Fangmethode unterscheidet sich der ökologische Fußabdruck von Fisch erheblich. Fangmethoden wie Hand- oder Angelleinen verursachen wenig Beifang. Der WWF-Fischratgeber informiert.
  • Heimische Leckerbissen statt Flugware: Im Vergleich zu einem Schiffstransport entstehen bei einem Flugtransport bis zu 170-mal mehr klimaschädliche Emissionen. Ein guter Grund, eher nach heimischen Lebensmitteln zu greifen.
  • Am besten regional und saisonal: Logisch, mit dem Kauf lokaler und saisonaler Produkte sorgen wir für kurze Transportwege und stärken die regionale Wirtschaft – eine wichtige Entlastung unseres Planeten. Doch „regional und saisonal“ heißt nicht gleich „nachhaltig“, auch hier gilt: Augen auf beim Einkauf. 

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