Die dramatische Zunahme bewaffneter Anschläge zwingen den WWF Mosambik zu einem Rückzug aus seinen Projektgebieten in der Provinz Cabo Delgado, im Norden Mosambiks. Eine Verlegung der Projekte in sichere Regionen wird durch die Einschränkungen aufgrund der Corona-Maßnahmen erschwert. Trotzdem geben die Mitarbeiter:innen des WWF Mosambik nicht auf.

Seit 2002 ist der WWF im Norden Mosambiks aktiv, vor allem in der Region des heutigen Quirimbas Nationalparks. Zusammen mit der Regierung arbeitete der WWF viele Jahre an der Etablierung des Nationalparks, welcher endlich im Jahre 2006 gegründet wurde. Seitdem unterstützt der WWF den Park und die lokalen Gemeinden im nachhaltigen Ressourcenmanagement und dem Schutz der Biodiversität.  Im Jahre 2016 begann der WWF ein BMZ Bengo finanziertes Projekt um die empfindlichen marinen Ökosysteme vor den Einflüssen des Klimawandels und der Überfischung zu schützen. Zugleich wurde eine nachhaltige Fischerei gefördert und damit Existenzgrundlagen für die von Armut betroffene Bevölkerung geschaffen. Ressourcenschonende Nutzungsmethoden wie Tintenfisch Schonzeiten und verbesserte Reusen wurden eingeführt. Die Einrichtung und der Erhalt zeitlich und örtlich begrenzter Meeresschutzzonen wurden unterstützt. Dadurch hat sich der Bestand von Fischen und Meerestieren in den letzten Jahren etwas erholen können.

Davon profitierten auch die lokalen Gemeinde-Fischereien des südostafrikanischen Landes, das eine Vielzahl bedrohter Tierarten beherbergt und von einer 2.700 Kilometer langen Küstenlinie geprägt ist. Insbesondere für von Armut betroffene Frauen ist der Fang und anschließende Verkauf von Fischen und Oktopussen oft die einzige Einnahmequelle.

Seit April 2020 eskaliert die Situation in Cabo Delgado

Schon seit 2017 gab es immer wieder gewalttätige Angriffe von bewaffneten Banditen/Kriminellen im Norden der Provinz Cabo Delgado, bei denen Häuser und Fahrzeuge niedergebrannt und sogar Menschen getötet wurden. Der WWF beobachtet die Situation seit Jahren sehr genau und hatte schon damals Instrumente zum Schutz der Mitarbeiter:innen und Projektpartner:innen entwickelt und eingesetzt. Bis Anfang 2020 waren jedoch die Standorte der WWF-Projekte nicht direkt betroffen. Doch jetzt hat sich die Sicherheitslage dramatisch verschlechtert.

Seit Januar 2020 hat die Zahl der Anschläge stark zugenommen. Im April schließlich eskalierte die Situation mit über 100 gewalttätigen Übergriffen und rund 300 Todesopfern, darunter mehr als 200 Zivilist:innen. Auch Projektstandorte des WWF Mosambik und seiner Partner sind davon betroffen, unter anderem in Bilibiza, Quissanga sede, Arimba und die Insel Quirimba.

Soziale Unruhen gepaart mit islamistischem Terror

Die bewaffneten Überfälle gründen zum Teil in der instabilen sozialen und politischen Situation Mosambiks und einer wachsenden Unzufriedenheit mit der Regierung. In den letzten Monaten wurde aber auch der Verdacht bestärkt, dass Verbindungen zu islamistischen Kämpfern des IS bestehen. Darauf deuten zum Beispiel Stellungsnahmen auf IS Video-Plattformen hin. Gegenmaßnahmen der mosambikanischen Sicherheitskräfte waren bislang wenig erfolgreich. Nach unbestätigten Berichten sind auch hierbei Zivilist:innen zu Tode gekommen, was wiederum die Unzufriedenheit mit der Regierung befeuert und die Aufständischen gestärkt haben dürfte.

Um seine Mitarbeiter:innen und Projektpartner:innen vor solchen Gewalttaten zu schützen, musste das WWF Büro in Mosambik in Absprache mit seinen lokalen Partnern, Gemeinden und den zuständigen Ministerien nun schwere Entscheidungen treffen: Alle Aktivitäten im Quirimbas Nationalpark wurden bis auf weiteres ausgesetzt. Auf der Insel Ibo wurde eine Außenstelle des WWF geschlossen und das Personal in die Stadt Pemba evakuiert. Die Suche nach alternativen Standorten für einzelne Projekte gestaltet sich schwierig oder unmöglich.

Umzug statt Schließung?

Fischer in Mosambik © WWF - US / James Morgan
Fischer in Mosambik © WWF - US / James Morgan

Doch es gibt auch Hoffnung: Ein Anschlussprojekt, das erst im Juli 2019 startete, kann voraussichtlich in die Provinz Inhambane im Süden des Landes verlegt werden, wo die Lage als sicher eingestuft wird. Auch hier können Mensch und Natur von nachhaltiger Fischerei und Artenschutz profitieren. 70 Prozent der Bevölkerung in Inhambane sind von der Kleinstfischerei abhängig. Diese wiederum ist stark von der industriellen Überfischung im indischen Ozean betroffen. Entlang der mosambikanischen Küste, also auch hier, nesten fünf stark gefährdete Arten an Meeresschildkröten, außerdem gibt es hier die letzte überlebensfähige Population der Dugongs (eine seltene Seekuhart) im westlichen indischen Ozean.  Auch Wal-, Delfin- und Haifischarten tummeln sich in den warmen Fluten. Dass die Wahl auf Inhambane fiel, ist kein Zufall: Hier bestehen bereits gute Kontakte des WWF zu lokalen Gemeinden und Behörden und eine weitgehend intakte Infrastruktur. In den 1990er Jahren war der WWF stark an der Etablierung des Bazaruto Archipel Nationalparks in der Inhambane Provinz beteiligt. Bis Mitte der 2000er Jahre unterstützte der WWF den Aufbau des Parkmanagements sowie das Biodiversitätsmonitoring. Es wird also ein „Home-coming“ werden.

Trotzdem bringt eine solche Verlegung natürlich enorme logistische Herausforderungen mit sich, zumal während der Coronakrise weitgehende Beschränkungen den Umzug zusätzlich erschweren. Ein neues Büro muss gefunden und aufgebaut werden, neue Strukturen etabliert und Mitarbeiter:innen müssen eingestellt und geschult werden. Ein wahrer Kraftakt in einem Land, in dem aufgrund der Corona Pandemie zur Zeit der Ausnahmezustand gilt und alle öffentlichen und privaten Veranstaltungen verboten sind. Doch der WWF Mosambik gibt nicht auf und wird auch unter diesen schwierigsten Bedingungen weiter für den Schutz der Meere und der Menschen in den Küstengebieten Mosambiks kämpfen.

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