Manchmal steht der Sieg am Ende einer Kette von Niederlagen. Das gilt auch für Naturschützer:innen. Der Rückbau des Nothafens Darßer Ort an der Ostsee ist ein solches Beispiel. Anstelle von gestrandeten Wassersportler:innen, Fischer:innen und einsatzbereiten Seenotrettenden tummeln sich dort künftig vor allem wieder Fischotter, Eisvögel und Co. Im September 2023 wurde mit dem Abriss der Hafenanlagen begonnen. Damit endet ein jahrzehntelanger Kampf für die Wiederherstellung eines einmaligen Biotops mit einem Happy End.

Doch der Reihe nach: 1962 richtete die Nationale Volksarmee den Hafen an der Nordspitze der Halbinsel Darß nahe ihrer Seemanövergebiete ein. Dazu baggerte die DDR-Armee den natürlichen Strandsee fünf Meter tief aus, befestigte die Ufer und grub sich eine 500 Meter lange Fahrrinne bis zum Meer.

Der Bau von Spundwänden, Ufereinfassungen und Zugangswegen in der bis dahin weitgehend unberührten Anlandungsküste an der Ostsee verstieß zwar schon damals gegen geltendes Naturschutzrecht. Die Verantwortlichen kümmerte es aber wenig, dass die Lebensgemeinschaften des Strandsees verschwanden.

Natur wurde zerstört

Hafen Darßer Ort als Nothafen an der Meeres- Küste in Born am Darß im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, Deutschland
Darßer Nothafen 2017 © picture alliance / ZB euroluftbild.de / Bernd Clemens

Gift für die Natur waren vor allem die regelmäßigen Baggerungen. Die waren nötig, weil in diesem Küstenabschnitt ständig riesige Sandmassen von Nordwesten und Osten durch die Strömung angespült werden. Dadurch versandet der Zugang zum Strandsee, erschwert die Einfahrt für Boote oder macht sie unmöglich. „Auf Dauer zu aufwendig“, fand die Marine und gab den Standort in den 80er Jahren wieder auf.

Trotzdem wurde weitergebaggert. An die Stelle von Kriegsschiffen rückten Segler und Motoryachten. Selbst als 1990 der Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft eingerichtet wurde und klar war, dass der Bereich Darßer Ort ein Herzstück des Schutzgebietes sein würde, lief der Betrieb weiter.

Aus Mangel an Alternativen wurde der Standort als Not- und Sporthafen geduldet. Nach den Kanonenbooten und Fregatten zog ein Seenotkreuzer der Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger ein und der Deutsche Seglerverband baute Steganlagen, um einen „Natur-Etappenhafen“ zu etablieren.

Völlig überlastet bis der WWF eingriff

Schon bald war der Hafen mit 200 bis zu 400 Booten völlig überlastet. Um Hygiene und Naturschutzanforderungen zumindest halbwegs zu gewährleisten, ließ die Nationalparkverwaltung einen „ordentlichen Nothafenbetrieb“ einrichten. Der WWF sprang 1993 als Betreiber des Nothafens ein, mit dem Ziel, möglichst wenige Boote aufzunehmen. Ein Provisorium, das 30 Jahre überlebte.

Denn die Suche nach einer Hafen-Alternative außerhalb der Nationalparkkernzone blieb schwierig und der Widerstand der Wassersportler:innen hartnäckig. Ein Streit, der im Landtag, in den Gemeinderäten, an den Stammtischen und vor Gericht ausgetragen wurde.

Eines der ausschlaggebenden Argumente für einen neuen Hafen dürfte der finanzielle Aspekt gewesen sein. Denn die Baggerei ging allmählich ins Geld. Seit den 90er Jahren musste die Zufahrt zum Hafen fast jährlich vertieft werden, zuletzt mehrmals im Jahr. Da zugleich die Küstenlinie aufgrund der Strömung pro Jahr circa 20 Meter in Richtung Meer anwächst, wurde der zu baggernde Graben immer länger und die Kosten immer höher.

Gemeinsames Engagement führt zum neuen Hafen

Bauarbeiten für neuen Inselhafen auf dem Darß © picture alliance / dpa / Jens-Büttner
Bauarbeiten für neuen Inselhafen auf dem Darß © picture alliance / dpa / Jens-Büttner

Vor diesem Hintergrund entschied die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern nach umfangreichen Vergleichsstudien rund 42 Millionen Euro für den Bau und den Betrieb eines neuen Hafens zu investieren. 2015 entschied man sich für einen Standort im rund fünf Kilometer entfernten Seebad Prerow. Zuvor hatten sich die Seenotretter:innen mit den Naturschützer:innen und der Gemeinde auf eine schon vor zwei Jahrzehnten vorgelegte Variante des WWF geeinigt.

Zwischen 2016 und 2022 wurde geplant, genehmigt und umgesetzt. Im Sommer 2024 wird der neue Hafen in Form einer Insel am Ende der Seebrücke von Prerow seinen Betrieb für Seenotretter, Fischer:innen und Etappensegler aufnehmen. Der alte Nothafen wird noch 2023 zu einem Strandsee zurückentwickelt. Dann ist an dieser Stelle wieder Natur live erlebbar. Die Dünen und der Strandsee werden das Bild bestimmen, bis nach einigen Jahrzehnten Erlenbrüche und Wälder das Gebiet zurückerobern.

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