Daran lassen auch die hellen Flecken auf den Satellitenbildern keinen Zweifel: Von Norden her frisst sich eine ausgedehnte Entwaldungsfront immer näher an Bajo Caguán und die angrenzenden Schutzgebiete heran. Die Entwaldung im kolumbianischen Teil des Amazonas ist im Jahr 2017 sprunghaft angestiegen und hat sich von 70.074 auf 144.147 Hektar sogar mehr als verdoppelt. Grund dafür ist eine im Grunde gute Nachricht: 2016 schloss die kolumbianische Regierung einen Friedensvertrag mit der FARC Guerilla, die von 1964 bis 2016 einen bewaffneten Kampf gegen den kolumbianischen Staat führte. Doch mit dem Abschluss des Friedensvertrages kamen plötzlich Holzfäller und Viehzüchter in den Wald, den sie zuvor aus Angst vor der FARC gemieden hatten.
Die Region Bajo Caguán im kolumbianischen Amazonas ist Teil der Pufferzone des größten tropischen Nationalparks der Welt, des Chiribiquete Nationalparks. Bajo Caguán bildet im Amazonas zusammen mit dem Chiribiquete Nationalpark im Osten und dem Nationalpark La Paya im Westen einen grünen Gürtel von der Größe Dänemarks. 2018 wurde der Chiribiquete Nationalpark, der als besonders artenreich gilt, zum UNESCO Weltnaturerbe erklärt. Doch der grüne Gürtel hat Lücken, denn anders als die beiden Nationalparks ist Bajo Caguán kein eigenes Schutzgebiet und deshalb besonders von der fortschreitenden Abholzung des Regenwaldes bedroht.
Bajo Caguán muss Schutzgebiet werden
Inzwischen gehört das Gebiet zu den Regionen mit den höchsten Entwaldungsraten im Amazonas. Durch die fortschreitende Abholzung gehen nicht nur wertvolle Naturschätze verloren. Der Wald, der ein wichtiger Kohlenstoffspeicher ist, wird durch die Abholzung auch zum gigantischen CO2-Emittenten. Die Ausweisung von Bajo Caguán als regionales Schutzgebiet ist extrem wichtig, um die Entwaldung zu stoppen und die Lücke im Gürtel aus Schutzgebieten zu schließen.
Um den Wald vor den Kettensägen zu schützen, hat der WWF Kontakt mit der lokalen Bevölkerung in dem Gebiet aufgenommen und die Initiative "Forest Guardians" gestartet, die Familien und Kleinbauern aktiv in den Waldschutz einbindet.
Vom Holzfäller zum Waldschützer
Menschen, die früher Koka anbauten oder den Wald rodeten, um damit ihre Existenz zu sichern, werden in diesem Projekt zu Waldhütern ausgebildet. Sie spüren illegale Rodungen auf, kartieren den Artenreichtum in einem Gebiet und suchen gemeinsam mit Viehzüchtern und Farmern nach Lösungen, den bestehenden Wald zu erhalten. Dass diese Strategie erfolgreich ist, hat der WWF bereits in anderen Regionen nachweisen können: Überall dort, wo Forest Guardians – Waldhüter – aktiv sind, ist die Entwaldung um 50 Prozent zurückgegangen.
Um Einfluss auf die Definition des Schutzgebietes nehmen zu können, führt der WWF außerdem gemeinsam mit lokalen NGOs aktiv Gespräche mit dem kolumbianischen Umweltministerium.
Auch Forschung und Umweltbildung sind wichtige Faktoren bei der Einbindung der Bevölkerung in den Waldschutz. Der WWF unterstützt deshalb in Kooperation mit dem Museum für Naturkunde Berlin den Aufbau eines Forschungs- und Trainingszentrums im Chiribiquete Nationalpark.
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