Unter der Erde und in den Flüssen Amazoniens lockt das große Geld. Genauer gesagt: Hier liegt Gold. Doch das begehrte Edelmetall wird mit gefährlichem Quecksilber aus dem Schlamm gewaschen. Vergiftungen von Menschen und Tieren vor Ort sind erwiesen, besonders hart trifft es die indigene Bevölkerung. Trotzdem herrscht mehr denn je Goldgräberstimmung im Amazonas, einhergehend mit unheilbaren Krankheiten und massiver Zerstörung.

Lähmendes Gift

Goldgräberschiff im Rio Tapajòs © Adriano Gambarini / WWF-Brazil
Goldgräberschiff im Rio Tapajòs © Adriano Gambarini / WWF-Brazil

Irene Munduruku ist 38 Jahre alt, als sie plötzlich weder Arme und Beine bewegen, noch sprechen oder die Augen öffnen kann. Im Krankenhaus stellt man eine extrem hohe Konzentration von Quecksilber in ihrem Blut fest. Irenes Arzt vermutet als Grund dafür belastete Gewässer durch den Goldbergbau, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet.

Die Munduruku sind ein indigenes Volk, das an den Ufern des Rio Tapajós im Norden Brasiliens lebt. Allein hier bauen illegale Goldschürfer jährlich schätzungsweise 30 Tonnen des Edelmetalls ab. Doch die Munduruku sind längst nicht die einzigen Betroffenen. Im gesamten Amazonasgebiet leiden Bevölkerung und Natur unter den Folgen des schmutzigen Goldabbaus.

Werden Sie aktiv und schützen den Amazonas:

Keine Heilung möglich

Quecksilber ist ein starkes Nervengift. Es greift das Gehirn an und lagert sich in den Organen ab. Für eine Quecksilbervergiftung gibt es keine Heilung. Die Symptome sind vielfältig, eine Vergiftung kann zu einem niedrigeren IQ führen, zu Verhaltensauffälligkeiten oder gar zum Tod. Hören, Sehen, die Sprache und der Gleichgewichtssinn können geschädigt werden. Bei Kindern der Munduruku, die in Tests zu Gedächtnis, Redegewandtheit und rationalem Denken am schlechtesten abschnitten, waren auch die Quecksilberwerte am höchsten. So schlimm die Folgen der Vergiftung also im Einzelfall sind, so sehr beeinträchtigen sie ebenfalls die gesamte Zukunft der betroffenen indigenen Völker.

Txai Suruí © Mboakara Uru eu wau wau / WWF-Brazil
Txai Suruí © Mboakara Uru eu wau wau / WWF-Brazil

„Die Erde sagt uns, dass wir keine Zeit mehr haben!“

Txai Suruí ist Indigene vom Volk der Paiter Suruí, Häuptlingstochter, Jurastudentin und Umweltaktivistin. „Wir Indigene stehen im Kampf gegen den Klimawandel an vorderster Front“, sagt sie. „Die Tiere verschwinden, Flüsse sterben und unsere Pflanzen blühen nicht mehr wie früher.“ Txai Surui ist seit diesem Jahr offizielles Mitglied des Beratungsgremiums (conselho deliberativo) des WWF Brasilien.

Wie gelangt das Gift in den Körper?

Das Quecksilber vergiftet Flüsse und damit auch die Tiere und Menschen © picture alliance/ASSOCIATED PRESS/Edmar Barros
Das Quecksilber vergiftet Flüsse und damit auch die Tiere und Menschen © picture alliance/ASSOCIATED PRESS/Edmar Barros

Quecksilber wird beim Goldschürfen eingesetzt, weil es das Edelmetall bindet. Dann lässt sich das Gold leichter aussieben. Doch das Gift landet anschließend fast immer in der Natur und verunreinigt Flüsse und Seen. Für das Leben der indigenen Gemeinschaften im Amazonasgebiet haben die Flüsse zentrale Bedeutung und Fisch ist eine ihrer wichtigsten Proteinquellen. Doch die Quecksilbermengen in den Fischen sind sogar um ein Vielfaches höher als im Wasser. Denn das Nervengift baut sich nicht nach und nach ab, sondern hat im Gegenteil die ungewöhnliche Eigenschaft, sich immer stärker zu konzentrieren, je höher es in der Nahrungskette wandert. Es sammelt sich und reichert sich an, während es von einem Tier ins nächste – und schließlich in den Menschen gelangt. WWF-Studien weisen gefährliche Konzentrationen des Nervengiftes auch in den stark bedrohten Rosa Flussdelfinen nach.

Die verheerenden Spuren der Goldgräber

Eine illegale Goldmine im Juruena Nationalpark © WWF-Brazil / Adriano Gambarini
Eine illegale Goldmine im Juruena Nationalpark © WWF-Brazil / Adriano Gambarini

In Teilen Amazoniens sieht es aus wie auf dem Mond: Mitten im Urwald klaffen riesige, braun-graue Kraterfelder. Um ein Gramm Gold zu fördern, muss durchschnittlich eine Tonne Erde und Gestein abgebaut werden – vorher fallen entsprechend viele Bäume. Die Straßen, die für den Goldabbau in den Dschungel geschlagen werden, öffnen weiterer Ausbeutung Tür und Tor. In Indigenen Territorien ist Bergbau eigentlich verboten. Doch derzeit liegen in Brasilien für 6,2 Millionen Hektar Goldabbauanträge großer Bergbauunternehmen auf indigenem Land und in Schutzgebieten vor.

Der Preis des Goldes

Unter menschenunwürdigen Bedingungen dringen illegale Kleinbergbauern mit der stetig wachsenden Nachfrage nach dem Edelmetall in immer abgelegenere Regionen vor. Nicht alle von ihnen graben den Dschungel ab. Häufig versuchen sie auch, das Gold mit Booten direkt aus dem Fluss zu pumpen. In der Folge verschlammen einst klare Flüsse, ihr Ökosystem wird zerstört und umfangreiche Ausbaggerung erhöht die Gefahr von Erosionen. Immer wieder kommt es zu gefährlichen Konflikten zwischen Indigenen und den illegalen Goldgräbern. Und selbst wenn die Goldschürfungen außerhalb der Indigenen Territorien stattfinden, gefährden sie die Gesundheit der Menschen und verschmutzen die Natur bis weit flussabwärts.

Gold-Nuggets aus dem Tapajos in Brasilien © Adriano Gambardini / WWF-Brazil
Gold-Nuggets aus dem Tapajos in Brasilien © Adriano Gambardini / WWF-Brazil

Schmutzige Geschäfte

Heute schon zerstören vor allem illegale Goldgräber die geschützten Gebiete. Denn ein großer Teil des Goldes aus dem Amazonas wird unerlaubt gefördert. Ein mafiöses Geschäft voll Ausbeutung, Korruption und eng verbunden mit anderer organisierter Kriminalität wie dem Drogenhandel.

Wie kann man der Gefahr begegnen?

Haus an Haus reihen sich die Behausen und Arbeitsstätten der illegalen Goldgräber © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Edmar Barros
Haus an Haus reihen sich die Behausen und Arbeitsstätten der illegalen Goldgräber © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Edmar Barros

Im brasilianischen Amazonasgebiet – dem größten Teil der so wertvollen und artenreichen Regenwälder – haben die Goldschürfungen während der letzten Jahre drastisch zugenommen, geradezu ermutigt durch die Regierung Bolsonaro. Immer mehr Regionen und ethnische Gruppen sind betroffen. Zusammen mit den indigenen Gemeinden entwickelt der WWF verschiedene Strategien, um Quecksilbervergiftungen vorzubeugen. Bestimmte Fischarten und Fischgründe sollten zum Beispiel dringend gemieden werden, genau wie das Oberflächenwasser. Wasser aus tiefen Brunnen ist sicherer. Mit besonders betroffenen Gemeinden wie den Munduruku am Tapajos-Fluss in Nordbrasilien plant und verwirklicht der WWF deshalb den Bau von Brunnen und Wasserverteilungssystemen.

Weil vielen Gemeinden das Problem noch gar nicht bewusst ist, klären wir gemeinsam mit indigenen Organisationen über die Ursachen und Folgen der Quecksilberbelastung auf und fördern den Austausch verschiedener Indigener Territorien über ihre Erfahrungen und Maßnahmen.

Alle Mittel nutzen

Durch wissenschaftliche Studien will der WWF die Gesundheitsbelastung klar feststellen und zum Beispiel auch bewerten, wie stark Schwangere und Neugeborene gefährdet sind. Das Gesundheitssystem vor Ort ist bei Weitem nicht ausreichend vorbereitet! Der WWF schult Ärzt:innen und anderes medizinisches Personal darin, Quecksilbervergiftungen überhaupt zu erkennen und anschließend richtig zu behandeln. Mithilfe von Satellitenbildern spürt der WWF außerdem illegale Goldgräber auf und bildet Staatsanwaltschaft und Verteidigung fort, um die Strafverfolgung zu verbessern.

Der Goldbergbau bedroht Natur und Menschen schwer, aber er wird sich nicht von heute auf morgen stoppen lassen. Deshalb fordert der WWF, zumindest die Lieferketten sauberer zu gestalten. Durch politische Lobbyarbeit will der WWF ein Verbot von Quecksilber beim Goldschürfen erreichen und neue Gesetze blockieren, die Bergbau in indigenen Gebieten erlauben sollen. Der WWF ermöglicht den Indigenen, an internationalen Konferenzen zum Thema teilzunehmen und ihre Interessen zu vertreten. Und der WWF informiert Konsument:innen und Juweliergeschäfte am Ende der Lieferkette über die verheerenden Folgen des Bergbaus. Denn der WWF möchte kein Mittel ungenutzt lassen, um gegen das schmutzige Gold anzugehen.

Helfen Sie dem WWF, die Natur im Amazonas zu retten und die Menschen vor den schweren Quecksilbervergiftungen zu bewahren.

Retten Sie den Amazonas

Der Amazonas-Regenwald beschützt zahlreiche Arten und auch unser Leben. Schützen wir ihn!

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