Es war eine Zitterpartie: Luiz Inácio Lula da Silva ist neuer Präsident von Brasilien, Jair Bolsonaro ist abgewählt. Letzterer war mit dem Leitspruch angetreten, „keinen Quadratzentimeter indigenes Land mehr auszuweisen“. Während seiner Amtszeit verlor das brasilianische Amazonasgebiet eine Waldfläche, die größer ist als Belgien. Auf Bolsonaros Rechnung geht die höchste Entwaldungsrate der letzten 15 Jahre. Nun liegt alle Hoffnung auf Wahlsieger Lula.

Luiz Inácio Lula da Silva war bereits von 2003 bis 2010 brasilianischer Präsident. Während seiner zwei Amtszeiten konnte er einen Rückgang der Entwaldung um 80 Prozent erreichen. Er bekräftigt, die Abholzung und die kriminellen Machenschaften im Amazonasgebiet bekämpfen zu wollen.

Bolsonaro hinterlässt ein Trümmerfeld

Jair Bolsonaro, amtierender Präsident und Gefahr für den Amazons © imago Fotoarena Antonio Molina
Jair Bolsonaro, amtierender Präsident und Gefahr für den Amazons © imago Fotoarena Antonio Molina

Die Umweltbilanz Brasiliens der letzten Jahre ist verheerend. Dank Jair Bolsonaro sind Waldbrände und Abholzungen im brasilianischen Amazonas derzeit auf ungebremstem Rekordkurs. Er kürzte die Budgets für Umwelt- und indigene Behörden und schwächte ihre Überwachungsfunktion. Zahlreiche Gesetze, Gesetzesentwürfe, Verordnungen und ministeriale Anweisungen ermunterten geradezu, den Regenwald auszubeuten. Darunter Straffreiheit für Landraub, gelockerte Umweltauflagen und die Öffnung indigener Gebiete für das Erschließen von Bodenschätzen und landwirtschaftlichen Flächen.

Was ist vom neuen Präsidenten Lula zu erwarten?

Lula da Silva, Herausforderer von Bolsonaro und Hoffnungsträger für den Amazonas © imago Fotoarena Roberto Casimiro
Lula da Silva, Herausforderer von Bolsonaro und Hoffnungsträger für den Amazonas © imago Fotoarena Roberto Casimiro

Als neuer Präsident will Lula – so hat er es bereits mehrfach angekündigt – einen „Schock der Legalität im Amazonasgebiet“ auslösen, Bergbau und Landraub auf indigenen Territorien verhindern und die Umweltbehörden wieder stärken, damit sie Umweltverbrechen besser ahnden können. Lula strebt laut eigener Aussage eine „Null-Abholzung“ an, nennt dafür allerdings keinen konkreten Zeitrahmen. Und auch er hat sich in der Vergangenheit zugunsten der Wirtschaft gegen die Natur entschieden. Zum Beispiel mit seiner Genehmigung für den Bau des Riesenstaudammes Belo Monte, der enorme Umweltauswirkungen hat und worunter nicht nur Zehntausende Indigene gelitten haben.

Wie geht es weiter nach der Wahl?

Doch trotz aller Kritik, die man auch an Lula üben kann, ist sein Wahlsieg ein Signal der Hoffnung für den Amazonasregenwald und für die indigenen und traditionellen Völker! Von ihm wird nun erwartet, dass er Bolsonaros häufig inkompetentes und in Umweltverbrechen verwickeltes Personal ersetzt. Prominente Unterstützerin Lulas ist die brasilianische Umweltschützerin und ehemalige Umweltministerin Marina Silva. Ihren Plan für eine nachhaltige Entwicklung Brasiliens will Lula als Präsident umsetzen. Dazu sollen Treibhausgase drastisch reduziert und indigene Territorien und Schutzgebiete eingerichtet werden – was unter Bolsonaro völlig zum Erliegen gekommen war.

Indigene Gebiete im Fokus

Wollen ihr Brasilien zurück: Indigenes Protestcamp 2022 © Jaqueline Lisboa / WWF
Wollen ihr Brasilien zurück: Indigenes Protestcamp 2022 © Jaqueline Lisboa / WWF

Indigene Territorien belegen insgesamt 13 Prozent der Fläche Brasiliens, beherbergen einen unschätzbaren kulturellen Reichtum und sind von zentraler Bedeutung für die biologische Vielfalt der Amazonasregion. Denn in den indigenen Territorien sind 97 Prozent der natürlichen Vegetation noch erhalten. Unter der Bolsonaro-Regierung der letzten Jahre hat der Druck auf die Indigenen und ihre Gebiete erheblich zugenommen. Bleibt zu hoffen, dass Lula hier nun tatsächlich eine deutliche Wende einleitet. Denn der neue Präsident steht vor riesigen Herausforderungen: Das konservative Parlament ist von der Agrarlobby dominiert, die Wirtschaftsmächte sind stark und das Land ist gespalten.

Stellen Sie sich mit dem WWF an die Seite der indigenen Bevölkerung

Der WWF Brasilien hat während der letzten Jahre kontinuierlich politische Lobbyarbeit betrieben, um ausbeuterische Gesetze zu blockieren und indigene Territorien zu schützen. Der WWF stellt sich auch weiterhin an die Seite der Indigenen in Brasilien – denn bis zu Lulas Amtsantritt am 1. Januar 2023 kann der scheidende Präsident Jair Bolsonaro noch viel Schaden anrichten! Wir bleiben wachsam und unterstützen die indigene Bevölkerung bei der Verteidigung ihrer Gebiete, aber zum Beispiel auch durch das gemeinsame Schaffen nachhaltiger Einkommensquellen und den Schutz vor giftigem Quecksilber, das beim Goldabbau im Amazonas eingesetzt wird.

Helfen Sie dem WWF, den größten zusammenhängenden Regenwald unserer Erde für Natur und Menschen zu erhalten! 

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