Der Kaukasus-Maral (Cervus elaphus maral), eine im Kaukasus endemische Unterart des Rotwildes, steht symbolisch für viele Wildarten, die durch direkte Verfolgung wie Wilderei und durch Lebensraumzerstörung stark dezimiert oder lokal ausgerottet wurden. Der WWF siedelt die seltenen Hirsche in Armenien wieder an und hat im Mai 2025 bereits zum dritten Mal Tiere ausgewildert.

Auswilderung in Armenien

Maral vor Transportbox © WWF Armenien / Umweltministerium Armenien
Maral vor Transportbox © WWF Armenien / Umweltministerium Armenien

Im Mai 2025 erobern neun Marale ihre neue Freiheit in den Laubmischwäldern Armeniens. Die sieben Hirsche und zwei Kühe stammen aus einem vom WWF eigens dafür eingerichteten Zucht-Zentrum im Diljan-Nationalpark im Norden des Landes.

In speziellen Transportboxen wurden die neun Marale zum Auswilderungsplatz gebracht. Fünf der Tiere haben wir zuvor mit GPS-Halsbändern besendert, um sie im Laufe der kommenden zwei Jahre zu überwachen und den Fortschritt der Auswilderung messen zu können. 

Die ersten Schritte des seltenen Rotwildes in Freiheit sind vielversprechend. Nun muss sich zeigen, ob die Tiere sich an den Lebensraum gewöhnen und hoffentlich im nächsten Jahr die ersten Kälber bekommen.

Was Marale mit Persischen Leoparden zu tun haben

Der einst im Kaukasus weit verbreitete Maral gilt seit den 1950er Jahren in Armenien als lokal ausgestorben. In anderen Regionen des Kaukasus gibt es noch fragmentierte Rückzugsgebiete, wie zum Beispiel den Borjomi-Kharagauli-Nationalpark in Georgien.

Im Norden Armeniens arbeitet der WWF seit 2014 an der Wiederansiedlung des Maralhirsches. Die Wiederansiedlung ist auch ein wichtiges Instrument, um die Bestände des Persischen Leoparden in Armenien wieder aufzubauen. Denn Marale sind neben anderen Schalenwildarten eine wichtige Beute für die Großkatze.

Aufwändige Vorarbeit zur Auswilderung der Marale

 Maral-Hirsche mit GPS-Halsband im Diljan-Nationalpark © WWF Armenien
Maral-Hirsche mit GPS-Halsband im Diljan-Nationalpark © WWF Armenien

Bereits 2015 begann der WWF zusammen mit dem armenischen Umweltministerium ein Konzept für die Wiederansiedlung des lokal ausgestorbenen Kaukasus Maral in Armenien zu entwickeln. In einem ersten Schritt untersuchte der WWF in einer Machbarkeitsstudie, ob sich verschiedene potenzielle Wiederansiedlungsgebiete in Armenien für das Vorhaben eignen.

Der über 24.000 Hektar große Diljan-Nationalpark im Norden Armeniens wurde als mögliches Wiederansiedlungsgebiet für den Maral identifiziert.

Seine Laubmischwälder mit vielen Buchen und Eichen und anderen unterschiedlichen Waldbiotopen bieten nach Einschätzung von Expert:innen einen idealen Lebensraum für mindestens 400 bis 500 Marale. Zudem verfügt der Nationalpark über die notwendigen personellen Kapazitäten, um die Wiederansiedlung in diesem Gebiet langfristig zu betreuen.

Nachdem das Wiederansiedlungsgebiet im Diljan-Nationalpark feststand, plante der WWF ein knapp zehn Hektar großes Wildgatter mit angrenzendem Maral-Zuchtzentrum sowie einer dazugehörigen Touristeninformation und weiterer notwendiger Infrastruktur, wie zum Beispiel Winterfutterstellen. Im Frühjahr 2017 wurde das Auswilderungsgatter mit Mitteln des WWF, des Caucasus Nature Fund (CNF) und vielen anderen fertiggestellt.

Erste Marale streifen durch die Wälder

Auswilderung 2025 © WWF Armenien / Umweltministerium Armenien
Auswilderung 2025 © WWF Armenien / Umweltministerium Armenien

Im März 2018 traf die erste Zuchtgruppe in der Auswilderungsstation ein. Seitdem werden die Tiere erfolgreich aufgezogen und die Nachkommen in den Nationalpark und angrenzende Wälder der staatlichen Landesforstverwaltung ausgewildert.

2025 wurden neun weitere Tiere in den wenige Kilometer entfernten Staatswald in Yeghegnut in der Provinz Lori transportiert und dort in die Laubmischwälder entlassen. Ihr Auswilderungsplatz liegt weit ab von Straßen und Siedlungen, um menschliche Störungen zu minimieren.

Einige der Tiere sind mit GPS-Halsbändern ausgestattet. So können wir den Erfolg der Auswilderung überprüfen und wichtige wildbiologische Daten sammeln – zum Beispiel über die Raumnutzung der Tiere und über die Interaktionen mit anderen Wildtieren, insbesondere Großraubtieren.

Systematisches Monitoring bedeutend für den Erfolg

Die von den Halsbändern generierten GPS-Daten zusammen mit der gleichzeitigen terrestrischen Überwachung durch die Wildhüter:innen des Nationalparks und die Wildbiolog:innen des WWF sind für den Schutz und das Überleben der Marale besonders in der Anfangsphase der Auswilderung und insbesondere im Winter von großer Bedeutung.

Um das Risiko der Inzucht innerhalb der Maral-Population zu minimieren, werden außerdem Marale aus verschiedenen Regionen des Kaukasus die Zuchtgruppen im Diljan-Nationalpark bilden. Neben dem vom WWF geschulten Personal des Nationalparks begleiten ein Tierarzt des Eriwaner Zoos und ein Wildbiologe des WWF die Aufzucht und spätere Auswilderung.

Maral-Auswilderung 2025 © WWF Armenien / Umweltministerium Armenien
Maral-Auswilderung 2025 © WWF Armenien / Umweltministerium Armenien

Für den Kaukasus Maral gibt es wie für viele andere Wildarten - zum Beispiel Wisente, Persische Kropfgazellen oder Persische Leoparden - kein internationales Zuchtprogramm (wie das Erhaltungszuchtprogramm der EAZA, der European Association of Zoos and Aquaria).

Deshalb ist die Wiederansiedlung des Marals eine besonders große Herausforderung.

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