Im südlichen Afrika in der Grenzregion von Angola, Sambia, Simbabwe, Botswana und Namibia liegt das zweitgrößte Land-Schutzgebietsnetzwerk der Erde: KAZA, kurz für Kavango-Zambezi Transfrontier Conservation Area. Über 520.000 Quadratkilometer erstreckt sich der Schutzgebietsverbund – eine Fläche größer als Deutschland und Österreich zusammen.

Seit einigen Jahren baut die KAZA Impact Monitoring Group – bestehend aus dem KAZA-Sekretariat, den Partnerländern, dem WWF und seinen Partnern, der Peace Parks Foundation und der Nelson Mandela University – ein Wirkungsmonitoring auf, das die Entwicklung von KAZA in den Kernbereichen Biodiversität, Landnutzungswandel und sozio-ökonomische Bedingungen der lokalen Gemeinden dokumentiert und beobachtet.

Nun wurden verschiedene neue Tools entwickelt, die noch bessere Möglichkeiten bieten, Naturschutzmaßnahmen schnell an sich verändernde Gegebenheiten anzupassen.

Ausgebildete Mitarbeiter erheben im Rahmen des KAZA-weiten Monitoringsystems sozioökonomische Daten in den Gemeinden @ WWF Deutschland
Ausgebildete Mitarbeiter erheben im Rahmen des KAZA-weiten Monitoringsystems sozioökonomische Daten in den Gemeinden @ WWF Deutschland

„Das Projektkarten-Tool ist ein wichtiger Schritt, um die fast 70 Projekte und rund 40 Kooperationspartner in KAZA wirksamer zu koordinieren und Dopplungen zu vermeiden“, erläutert Brit Reichelt-Zolho, Referentin für das südliche und östliche Afrika beim WWF Deutschland.

Hinter diesem Tool verbirgt sich eine Datenbank mit allen Projekten und Kooperationspartnern, die derzeit in KAZA aktiv sind. Klickt man auf ein bestimmtes Projektgebiet auf der interaktiven Karte, zeigt ein Pop-up-Fenster alle wichtigen Informationen wie Projektname, Ziel und Budget sowie Donor:innen und Umsetzungspartner an.

Auch Analysen und Statistiken lassen sich mit dem Tool erstellen – beispielsweise welche Themengebiete und Projekte bereits ausreichend finanziert sind, wo es noch fehlt und welcher Donor, welche Donorin helfen könnte.

„Zum ersten Mal steht uns ein umfangreiches Datenerhebungs- und Monitoringsystem zur Verfügung, um komplexe sozioökologische Entwicklungen zu beobachten, zu begleiten und entsprechende Handlungsempfehlungen geben zu können.“

Brit Reichelt-Zolho, Referentin für das südliche und östliche Afrika, WWF Deutschland

KAZA-Wirkungsmonitoringsystem: Vergleichsdaten für ein adaptives Management

Die Karte ist ein wichtiger Schritt hin zu einer effektiven Koordination von fast 70 Kooperationspartnern, die in KAZA arbeiten © WWF Deutschland
Die Karte ist ein wichtiger Schritt hin zu einer effektiven Koordination von fast 70 Kooperationspartnern, die in KAZA arbeiten © WWF Deutschland

Perspektivisch soll ein für alle zugängliches Wirkungsmonitoringsystem mit hochwertigen Basis- und Vergleichsdaten geschaffen werden, mit dem untersucht werden kann, ob die Projekte und Initiativen der Kooperationspartner in KAZA tatsächlich der Vision einer nachhaltigen Entwicklung durch Naturschutz und Tourismus gerecht werden.

In Abstimmung mit den fünf beteiligten Staaten Angola, Sambia, Simbabwe, Botswana und Namibia wurden dafür 60 Indikatoren in den drei Kernbereichen Biodiversität, Landnutzungswandel und sozioökonomische Bedingungen definiert und Basisdaten erhoben. Nun hat der WWF Deutschland die Finanzierung sichergestellt, mit der Vergleichsdaten für zwei der Kernbereiche längerfristig generiert werden können.

Das KAZA-Wirkungsmonitoringsystem ermöglicht eine ständige Anpassung der Maßnahmen und Strategien an sich verändernde Gegebenheiten. „Es hilft uns und allen Partnern in KAZA dabei, Entscheidungen im Sinne des adaptiven Managements zu treffen, die auf einer standardisierten Datenerhebung beruhen“, beschreibt Brit Reichelt-Zolho den Gewinn.

Die verschiedenen Tools und die Kernbereiche mit Basis- und Vergleichsdaten werden in Beziehung zueinander gesetzt, um beispielsweise folgende Fragen zu beantworten: Wie und aus welchen Gründen haben sich die sozioökonomischen Bedingungen in den lokalen Gemeinden verändert? Reduzieren agrarökologische Praktiken wirklich Wanderfeldbau und Lebensraumverluste? Hat sich die Zahl der Elefanten in einem bestimmten Gebiet verändert, und wie wirkt sich das auf Mensch-Wildtier-Konflikte aus?

„Das Monitoringsystem und die Daten sind eine Voraussetzung für Handlungsempfehlungen für viele Bereiche in KAZA wie zum Beispiel für den Schutz der Wildtierkorridore“, erklärt die Afrika-Referentin des WWF. „Zu diesem Zweck können die Landnutzungsdaten, die nun jährlich erhoben werden, mit den Tierzählungen und Ortungsdaten besenderter Tiere ins Verhältnis gesetzt werden. In den gleichen Gebieten kann anhand der sozioökonomischen Daten analysiert werden, ob unsere Projekte sich wie erwartet positiv auf die Biodiversität auswirken und wie sich die Lebensumstände der Menschen vor Ort dadurch verbessern.“

Nachhaltige Landwirtschaft statt Wanderfeldbau

Konsultation innerhalb der lokalen Community © WWF
Konsultation innerhalb der lokalen Community © WWF

Im südlichen Afrika fallen jährlich tausende Hektar Wildtierhabitat dem Wanderfeldbau zum Opfer. Weil es kaum Einkommensmöglichkeiten gibt, ist die Armut in den ländlichen Gemeinden groß, die Menschen sind von natürlichen Ressourcen und Subsistenzwirtschaft abhängig. Ausgelaugte Böden zwingen sie, immer neue Felder zu erschließen, um überhaupt etwas ernten zu können. Das beschneidet die Lebensräume der Wildtiere – doch es geraten nicht nur deren Bestände in Gefahr, es kommt auch immer wieder zu verhängnisvollen Konflikten zwischen Menschen und Wildtieren. Manchmal werden für den Wanderfeldbau Flächen auch durch Brandrodung urbar gemacht, was zu unkontrollierbaren Waldbränden führt. Das wiederum schwächt die Widerstandskraft der Ökosysteme und zerstört die Lebensgrundlagen der ländlichen Bevölkerung. Und damit auch ihre Ernährungssicherheit.

Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, geht der WWF im Sioma Ngwezi Management Complex, einem der sambischen KAZA-Gebiete, gemeinsam mit den Menschen vor Ort seit 2015 einen alternativen Weg: Die meisten Kleinbäuerinnen und Kleinbauern wirtschaften dort inzwischen mit nachhaltigen, agrarökologischen Methoden und nutzen die bereits bestehenden Felder langfristig. Schon der dritte Saatgutverband wurde hier gegründet und eine biologische Hühner- und Erdnussbutterproduktion aufgebaut. Das Projekt bietet rund 6.000 Landwirt:innen eine ökonomische Perspektive und bewahrt gleichzeitig wichtige Lebensräume der Wildtiere vor Umwandlung in landwirtschaftliche Nutzfläche.

Agrarökologie und Wirkungsmonitoring: KAZA-weites Roll-out gestartet

Dieses erfolgreiche Modell zur Ernährungssicherheit und zum Schutz von Lebensräumen wird nun auf mindestens weitere 3.000 Kleinbauernfamilien in sechs Projektgebieten in Namibia, Simbabwe und Sambia übertragen. Finanziert wird das Programm vom WWF und vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) mit dem Ziel, nachhaltige Landwirtschaft als tragfähiges Konzept für die ländliche Entwicklung in ganz KAZA zu etablieren.

Auch in diesen sechs Gebieten kommt das Wirkungsmonitoring zum Tragen – eine entscheidende Rolle spielt dabei ein weiteres Tool: Mittels einer standardisierten App können die teilnehmenden Gemeinden das Monitoring ihrer agrarökologischen Maßnahmen selbst übernehmen.

Die so erhobenen Daten werden automatisch in die Datenbank des Wirkungsmonitoringsystems eingespeist und anschließend von den Expert:innen der KAZA Impact Monitoring Working Group aufbereitet und visualisiert. Auch die sozioökonomische Bedingungen werden jährlich mittels Tablet- oder Smartphone-App von den Gemeinden selbst erfasst. Außerdem wird einmal im Jahr per Fernerkundung die Landumwandlung und -nutzung in diesen Gebieten dokumentiert.

„Damit können wir genau untersuchen, wie sich die Landnutzung in den Gemeinden verändert, die die neuen agrarökologischen Methoden anwenden“, freut sich Brit Reichelt-Zolho.

So können Sie helfen

  • Afrikanischer Löwe © Richard Barrett / WWF UK Kavango-Zambesi (KAZA)

    Die unfassbar schöne Natur zwischen den Flüssen Kavango und Zambesi soll sich in eine Mischung aus Schutzgebiet und Arbeitgeber verwandeln. Weiterlesen ...

  • Stillgelegte Kupfermine Australien © James Morgan / WWF Mining

    Die wachsende Weltbevölkerung und die rasante Verbreitung elektronischer Geräte lassen die Nachfrage nach Metallen immer weiter steigen. Die Folgen des weltweiten Rohstoffabbaus. Weiterlesen ...