Unterrichtet werden Fächer wie Spurenlesen, Einzelfeldeinsatz oder der Umgang mit GPS-Geräten – und die Schulbank drücken hier Erwachsene. Sie alle verbindet ein gemeinsames Ziel: Die Wildtiere vor ihrer Haustür vor Wilderern zu schützen. Die Wildtiere, das sind zum Beispiel Elefanten, Nashörner und Afrikas größte Löwenpopulation. Und ihr Zuhause ist Selous – eine der letzten großen Wildnisse unserer Erde und gleichzeitig einer der schlimmsten Wilderei-Hotspots in Afrika.
Es ist noch früh am Morgen, 6:30 Uhr, die Sonne geht gerade erst auf. Doch im Trainings-Zentrum für Wildhüter in Süd-Tansania herrscht bereits reger Betrieb. Die Schule beginnt mit Sonnenaufgang und endet erst bei Einbruch der Dunkelheit.
Ranger werden ist nicht leicht
Wie nimmt man Wilderer fest? Wie findet man sie? Und wie schützt man sich selbst? Der Beruf des Wildhüters ist gefährlich und bedarf vielfältigen Wissens und einer intensiven Ausbildung. Grundvoraussetzung ist eine gute Kenntnis der Arten der Region und des Artenschutzes. Dazu kommen körperliches Training, der Umgang mit Waffen und technischer Ausrüstung sowie Erste-Hilfe-Kurse. Unerlässlich ist auch die richtige Beweissicherung, um eine spätere Strafverfolgung zu ermöglichen. Das alles und mehr lernen die Schüler des Trainingszentrums im kleinen Ort Likuyu Sekamaganga in Selous im Süden Tansanias. Denn hier werden sie zu Gemeinde-Wildhütern ausgebildet.
Wunschberuf Gemeinde-Wildhüter
In einem einfachen, hellen Klassenraum, ebenerdig gelegen in einem flachen Backsteingebäude mitten im Nirgendwo, sitzen Männer und Frauen an schmalen Holztischen und verfolgen den Unterricht. Einige tragen bereits grüne Wildhüter-Uniformen, andere traditionelle Kleidung oder Hemd und Hose. Sie kommen aus den sogenannten Gemeindeschutzgebieten rund um das Wildreservat Selous – aus der Pufferzone rund um das Kernschutzgebiet – und haben ein strenges Auswahlverfahren durchlaufen: Ihr Dorfkomitee hat sie ausgewählt, weil sie besonders vertrauenswürdig sind. Später werden sie nicht nur Patrouille laufen und Wilderer jagen, sondern zum Beispiel auch in Mensch-Tier-Konflikten vermitteln, wenn wieder einmal eine Elefanten-Herde das Feld eines Gemeindemitgliedes platt getrampelt hat.
Selous schützen: Nur mit der Bevölkerung und nicht gegen sie
192 Wildhüterstellen gibt es in den fünf Gemeindeschutzgebiete im Süden des Selous, für die der WWF in den nächsten Jahren in Likuyu Sekamaganga neue Bewerber ausbilden will. Die Ausbildung dauert 90 Tage – und auch danach müssen alle Ranger regelmäßig für mehrere Wochen fortgebildet und trainiert werden. Während dieser Zeit leben die angehenden Wildhüter im Trainingszentrum, essen und schlafen hier. Und sie brauchen Ausrüstung, ebenfalls finanziert vom WWF.
Bis zu 80 Schüler kann das Trainingszentrum zeitgleich aufnehmen – darunter nicht nur die Wildhüter für Selous, sondern auch für weitere Gemeindeschutzgebiete in ganz Tansania. Auch die Mitglieder der Dorfkomitees werden hier ausgebildet, um später Umweltschutz und nachhaltiges Handeln in ihren Gemeinden zu fördern. Die Natur erfolgreich schützen – das kann nur mit den Menschen vor Ort gemeinsam gelingen. Der WWF arbeitet deshalb intensiv mit der lokalen Bevölkerung in Selous zusammen, um zu retten, was viel zu selten geworden ist: Eine der letzten großen Wildnisse unserer Erde.
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