Für viele Menschen auf der Welt ist Buschfleisch, also das Fleisch von wildlebenden Tieren, eine günstige und oft die einzige Proteinquelle. Vor allem in subtropischen und tropischen Regionen ist die Bedeutung von Buschfleisch für die Ernährung der Bevölkerung enorm. Doch die gesundheitlichen Risiken sind hoch, das zeigt eine aktuelle WWF-Studie.

Gefährliche Infektionen

Seit der COVID-19-Pandemie sind sie den meisten von uns ein Begriff: Zoonosen, also Infektionskrankheiten, die von Tieren auf Menschen übertragen werden können – oder umgekehrt. Das Ebolafieber beispielsweise gehört ebenso zu den Zoonosen wie BSE oder Mpox. Die Weltorganisation für Tiergesundheit (WOAH) schätzt, dass rund 60 Prozent der Infektionskrankheiten beim Menschen auf Zoonosen zurückzuführen sind.

Meist entstehen die Krankheiten durch den direkten Umgang mit Tieren oder tierischen Produkten sowie durch den Verzehr von unzureichend gegartem Fleisch. Besonders gefährlich ist Buschfleisch, da Jäger:innen und Händler:innen sehr eng mit Wildtieren in Berührung kommen. Viele dieser Tiere tragen Viren oder Bakterien in sich, die auf Menschen übertragbar sind. Ein Biss oder Kontakt mit Blut, Speichel und anderen Körperflüssigkeiten kann schnell zu einer Infektion führen.

Was ist Buschfleisch?

Unter Buschfleisch versteht man das Fleisch wildlebender Tiere, welches für viele Menschen vor allem in subtropischen und tropischen Regionen oft die einzige Proteinquelle ist.

Bushmeat ist Wildfleisch von Tieren, die im Regenwald oder in den Savannen  Afrikas, Asiens und Südamerikas gejagt werden. Dazu zählen vor allem Ducker (kleine Antilopen), Ratten, Affen und Stachelschweine, aber auch andere Säugetiere wie Elefanten oder Büffel sowie Reptilien (wie Krokodilfleisch), Schlangen, Frösche und Vögel.

Weitreichender Handel

Verkauf von Buschfleisch auf einem Markt im Kongo © WWF
Verkauf von Buschfleisch auf einem Markt im Kongo © WWF

Um die Zoonose-Risiken des Buschfleischhandels zu ermitteln, führte der WWF zusammen mit dem kongolesischen Institut National de Recherche Biomédicale (INRB) und dem Helmholtz-Institut für One Health (HIOH) in der Demokratischen Republik Kongo in der Region um den Salonga-Nationalpark eine umfassende Studie durch. Dort konsumieren 40 Prozent der Haushalte mindestens viermal pro Woche Buschfleisch, über 60 Prozent der Haushalte tauschen oder verkaufen mehr als die Hälfte ihres Buschfleischs – das hatten sozioökomische Erhebungen gezeigt.

Zwischen Mai und August 2022 wurden 159 Verkaufsstellen untersucht, 1.288 Personen befragt und 656 Proben von neun zum Verkauf stehenden Wildtierarten gesammelt, darunter Paarhufer, Primaten, Nagetiere, Reptilien und Schuppentiere.

Das Ergebnis: Der Handel mit Buschfleisch in der Region ist strukturiert, dynamisch und weitreichend, die Handelsrouten erstrecken sich teilweise über hunderte Kilometer bis in städtische Zentren wie Kinshasa. Über die Hälfte der Befragten gab an, mehrmals im Monat oder sogar wöchentlich Buschfleisch zu jagen, zu transportieren, zu verkaufen oder zu konsumieren. Aber nicht einmal 15 Prozent der Befragten wussten, was Zoonosen sind.

„Die gesundheitlichen Risiken von Buschfleisch sind enorm.“

Dr. William Crosmary, Project Manager Eastern & Southern Africa, WWF Deutschland

Alarmierende Krankheitserreger entdeckt

Probenahme von Tiergewebe (Buschfleisch) im Kongo © WWF
Probenahme von Tiergewebe (Buschfleisch) im Kongo © WWF

69 Prozent der untersuchten Verkaufsstellen wiesen ein hohes bis sehr hohes Risiko für Zoonosen auf. Rund 1,7 Prozent der getesteten Buschfleischproben enthielten Krankheitserreger mit zoonotischem Potenzial. „Das klingt zunächst nach wenig“, so Dr. William Crosmary, WWF-Experte und Co-Autor der Studie. „Doch angesichts der jährlich verzehrten und gehandelten Mengen an Buschfleisch – etwa 60 Millionen Tonnen in Zentralafrika – sind die gesundheitlichen Risiken enorm.“

Unter den nachgewiesenen Erregern waren das Primaten-T-lymphotrope Virus (PTLV) und das Taterapox-Virus. Letzteres ist ein Vertreter der Orthopoxviren, einer Virengattung innerhalb der Pockenviren. Auf einem städtischen Markt konnte bei drei Tieren sogar das extrem gefährliche Bakterium Bacillus Cereus Biovar Anthracis (BCBVA) nachgewiesen werden. BCBVA verursacht Milzbrand, eine akute und oft tödliche Krankheit.

Risikofaktor mangelnde Hygiene

Messer & Schneidebrett für Buschfleisch im Kongo © WWF
Messer & Schneidebrett für Buschfleisch im Kongo © WWF

Die Studie zeigt auch, dass die Bedingungen entlang der Handelsketten die Entstehung und Verbreitung von Zoonosen fördern. Buschfleisch wird oft ungekühlt und unsachgemäß transportiert und gelagert. Häufig werden die Tiere erst an Straßenständen oder auf Märkten geschlachtet. Dort kommt das rohe Fleisch in Kontakt mit anderen Lebensmitteln. An den Verkaufsstellen fehlen meist fließendes Wasser und Seife, was die Reinigung der Hände und Oberflächen erschwert. Die schlechte Hygiene erhöht die Gefahr, dass sich Krankheitserreger zwischen Tieren und Menschen verbreiten. Zusätzlich befinden sich Schlacht- und Zerlegestellen oft direkt neben den Verkaufsständen, wodurch viele Menschen regelmäßig engen Kontakt mit Wildtieren und deren Fleisch haben – eine Situation, die das Risiko einer Zoonose weiter erhöht.

Tradition mit steigender Nachfrage

Ein von einem Subsistenzjäger erlegtes Wildtier wird in der Zentralafrikanischen Republik ins Dorf gebracht © Martin Harvey / WWF
Ein von einem Subsistenzjäger erlegtes Wildtier wird in der Zentralafrikanischen Republik ins Dorf gebracht © Martin Harvey / WWF

In Zentralafrika ist Buschfleisch für viele ländliche Gemeinschaften oft die einzige verfügbare Proteinquelle. Der Zugang zu regulären Märkten ist begrenzt oder gar nicht vorhanden, und Buschfleisch hat eine wichtige kulturelle und traditionelle Bedeutung. In Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit und ohne ausreichende wirtschaftliche Alternativen ist die Jagd und der Verkauf von Wildtieren außerdem oft die einzige Möglichkeit, den Lebensunterhalt zu sichern. Das kann dazu führen, dass es für manche Tierarten nicht mehr genügend Beutetiere gibt. Nicht selten werden auch gefährdete Arten gewildert – mit verheerenden Folgen für die Biodiversität.

Die hohe Nachfrage in städtischen Gebieten und auf internationalen Märkten verschärft die Situation zusätzlich und birgt Gesundheitsrisiken, die weit über die Region hinausgehen. Wöchentlich werden etwa 15 Tonnen Buschfleisch aus der Demokratischen Republik Kongo nach Europa und Amerika geschmuggelt, oft in Großstädte wie London, Paris, Brüssel oder Washington.

„Um den Zusammenhang von Buschfleisch und Zoonosen besser zu verstehen, brauchen wir dringend weitere Untersuchungen wie zum Beispiel die gezielte Probenentnahme bei frisch gejagten Wildtieren“, so Dr. Crosmary. „Und an den Verkaufsstellen sollten die Oberflächen, Schneidebretter, Transportkörbe und Fahrzeuge, die mit Fleisch und Tieren in Kontakt kommen, regelmäßig labortechnisch geprüft werden.“ Um gesundheitliche Risiken zu verringern, schlägt die Studie zudem ein Frühwarnsystem für Zoonosen und Aufklärungskampagnen zur Verbesserung der Hygiene vor.

Gleichzeitig unterstützt der WWF die Gemeinden in Salonga dabei, weniger auf Buschfleisch angewiesen zu sein. „Wir loten aus, welche Nahrungsmittelalternativen es gibt und schaffen neue Einkommensmöglichkeiten“ fasst Dr. Crosmary zusammen. „Außerdem überwachen wir die Jagd auf Buschfleisch, insbesondere auf geschützte und bedrohte Tierarten, und arbeiten mit den Behörden zusammen, um illegale Aktivitäten zu reduzieren.“

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